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    Dragonheart
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Dragonheart
    Von Jan Görner

    Wer sich an der Kino-Fauna vorbei in den Vordergrund spielen will, steht nicht selten auf verlorenem Posten – das gilt für gefühlt zahllose Klamaukschinken mit vermenschlichten Haus- und Kuscheltieren, bis hin zum aktuellen Kevin-James-Ulk „Der Zoowärter (Zookeeper)" - erst recht aber, wenn der Weg vorbei an einem gigantischen Fabelwesen führt. Grämen muss sich der wackere Dennis Quaid („The Day After Tomorrow") also keineswegs, als ihm drei Jahre nach der von Steven Spielbergs „Jurassic Park" losgetretenen Echsen-Manie in Rob Cohens Fantasy-Abenteuerfilm „Dragonheart" ein schuppiger Blickfang die Schau stahl. Zumal nicht, wenn so ein Urzeitviech mit der charismatischen Stimme eines Sir Sean Connery spricht. „Dragonheart" ist kreuzbraves Genre-Kino ohne Gravitas, unterhaltsam ist der Streifen mit seinem ungleichen Protagonisten-Duo aber auch heute noch.

    England im Jahre 984: Durch einen Schwur ist Ritter Bowen (Dennis Quaid) zu Ehre, Mut und Wahrheit verpflichtet. Diese Tugenden versucht er auch seinem Schüler, dem jungen Prinz Einon (Lee Oakes), mitzugeben, auf dass dieser ein besserer Herrscher werden möge als sein despotischer Vater. Als der König in einem Aufstand ums Leben kommt, greift Einon nach der Krone. Doch auch er wird tödlich verwundet. Um den Thronfolger zu retten, geht Königin Aislinn (Julie Christie) einen Pakt mit einem Drachen ein, dessen halbes Herz ihren Sprössling rettet und auf ewig an die Kreatur bindet. So wächst Einon zu einem schlimmeren Tyrann (David Thewlis) heran, als sein Vater es jemals war. Jahre später zieht ein verbitterter Bowen auf der Suche nach dem Lindwurm (Stimme: Sean Connery), der seinen einstigen Schützling korrumpiert haben soll, durchs Land. Bloß, der erweist sich keineswegs als Ungetüm. Bowen muss einsehen, dass alleine der König für das Elend der vergangenen Jahre verantwortlich war. Gemeinsam mit dem auf den Namen Draco getauften Drachen, der Bauerntochter Kara (Dina Meyer) und dem fahrenden Mönch Gilbert (Pete Postlethwaite) zieht er gegen seinen einstigen Schützling zu Felde...

    Im Vergleich mit den Fantasy-Spektakeln der Achtziger wird schnell offenbar, wie fundamental sich popkultureller Zeitgeist und die entsprechenden Sehgewohnheiten gewandelt haben: Der rauhen Archaik von John Milius' „Conan - Der Barbar" (1982), der pathostriefenden Mystik von John Boormans „Excalibur" (1981) und der schwarzhumorige Surrealismus von Terry Gilliams „Time Bandits" (1981) haben die Neunziger lediglich eine Mär vom ritterlichem Ehrenkodex samt „Macht korrumpiert!"-Botschaft entgegenzusetzen. Mit der steigenden Popularität von Pen&Paper-Rollenspielen à la „Dungeons & Dragons" wurde das Fantasy-Genre zunehmend abgeschliffen, bis kaum noch Ecken und Kanten übrig blieben. Dementsprechend wirken die von Charles Edward Pogue („Die Fliege") und Patrick Read Johnson („Martians – Ein Außerirdischer kommt selten allein") entworfenen „Dragonheart"-Figuren wie einem Rollenspiel entnommene Archetypen: der edlen Ritter, der alte Weise, die junge Wilde.

    Immerhin, der Humor stimmt! Die Geschichte zweier ungleicher Außenseiter macht vor allem dann Spaß, wenn Draco und Bowen als bauernfängerische Geschäftspartner durch die Dörfer tingeln. Die Buddy-Movie-Revue ist nett, aber trotz toller Drachenanimation viel zu harmlos, um den Handlungsverlauf spannend zu gestalten. Wie das alles ausgeht, dürfte ja ohnehin von Anfang an klar sein – wir sind hier immerhin in den sauberen Neunzigern! Sean Connery indes ist ein echter Gewinn für „Dragonheart". Ob Weltschmerz oder Schelmerei, der Schotte erweckt das CGI-Wesen mit seiner wunderbaren Stimme zu charmantem Leben, wodurch Draco überhaupt erst zum großen Sympathieträger wird. In diesem Sinne ist auch die deutsche Synchronisation mit der markanten Stimme von Ausnahmeschauspieler Mario Adorf („Die Blechtrommel") gut gelungen.

    Dennis Quaid spielt daneben zwar die zweite Geige, gibt seinen verbitterten Rittersmann aber kernig genug, um die Figur ernst zu nehmen. Der im Januar 2011 verstorbene Pete Postlethwaite, Zeit seines Lebens auf Nebenrollen abonniert, geht seiner Comic-Relief-Aufgabe bemerkenswert würdevoll nach, während David Thewlis' Ansatz, Einon zwischen Schwächlichkeit und Verschlagenheit changierend zu spielen, nicht immer aufgeht und phasenweise schlichtweg aufgesetzt wird. Eine Schauspielerin vom Format einer Julie Christie („Wenn die Gondeln Trauer tragen") jedoch ist in einer kaum beachtenswerten Nebenrolle als Königin derweil völlig verschenkt.

    „Dragonheart" zeigt auf beeindruckende Weise die Möglichkeiten, aber auch Begrenzungen der seinerzeit noch recht jungen CGI-Technik auf. Folgerichtig wirkt die Regie oft wie eine Fingerübung, welche das Potenzial jener neuen Verfahren abzirkeln soll. Eine in so direkter Interaktion mit den Darstellern stehende, ausschließlich computererzeugte Figur wie Draco stellte 1996 einen großen Fortschritt dar. Als optischer Testballon übertraf Cohens Werk seinerzeit dann auch die Erwartungen. Zwar war das Publikum kurz nach „Jurrasic Park" zwar mit großen Leinwand-Echsen vertraut, im Gegensatz zur Roland-Emmerich-Gurke „Godzilla" präsentiert Cohen seinen Draco aber in „Dragonheart" auch bei Tag – was einen deutlich höhren CGI-Arbeitsaufwand, insbesondere bei der Lichtprogrammierung, bedeutet. Letztendlich aber ist Cohens Film mit seiner braven Erzählung ein allzu typischer Vertreter des Neunziger-Eventkinos im Spannungsfeld zwischen technischem Aufbruch und narrativer Stagnation.

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