Silver Linings ist ein überraschend guter Film, was man angesichts des recht trägen Anlaufens der Story nicht vermuten mag.
Der männliche Hauptdarsteller Pat leidet an einer manisch-depressiven Erkrankung, hat Ehefrau, Haus und Job verloren und wird nach 8 Monaten aus der geschlossenen Psychiatrie entlassen - unter Auflagen, weil er den Liebhaber seiner Ehefrau schwer verletzt hatte. Sehr gut und ausdrucksstark wird das Elend der Erkrankung gezeigt. Mangelnde Krankheitseinsicht, Medikamentenverweigerung, ein absolut krankheitsverschlechterndes Umfeld im Haus der Eltern, in dem die Mutter überprotektiv ist und der Vater überkritisch, wobei der Vater zudem noch offensichtlich an einer obsessiven Zwangserkrankung leidet und quasi hypomanisch agiert. Beide Elternteile mühe sich, aber ihre Wesenszüge (überprotektiv / überkritisch) sind auch in der formalen Psychiatrie als hochgradige Risikofaktoren (sogenannte "Expressed Emotions") für eine Verschlechterung oder Chonifizierung einer Psychose anerkannt. Somit eine einzigartig gute Recherche, die der Presse natürlich mangels Fachkenntnissen entgangen ist. Hier werden sie ausgespielt, all diese sozialen Risikofaktoren und das brinllant. Die grau öde Atmosphäre des Elternhauses projiziert wunderbar die Hoffnungslosigkeit der Situation von Pat - er nimmt wahnhaft an, dass seine Ehefrau immer noch etwas von ihm wollen könne - obwohl sie lange vor der Krise bereits einVerhältnis hatte und ihm der Kontakt mit ihr polizeilich untersagt ist. Man ist nun an einem Scheidepunkt: Der Film kann veröden und sehr realistisch den Patienten im chronischen Elend landen lassen. Oder aber: Es kann Rettung kommen, deus ex machina am besten. Nur ist dieser in diesem Fall nicht die typische fürsorgliche oder liebend Figur sondern ein kleiner fauchender aber eher harmloser Drachen namens Tiffany. Ein Möchtegern-Vamp, Witwe eines Polizisten, jung, glutäugig, blass, dürr und posttraumatisch eigentlich mindestens so seelisch krank wie Pat. Ihre Kennnlernszene ist göttlich, offenbart die Schonungslosigkeit ihrer Kommunikation untereinander, die das von Tiffanys Schwester als Harmonisierung geplante Diner sofort platzen lässt. Tiffany wird der Unruheherd in Pats Leben, obwohl sie keinerlei sexuelle Beziehung eingehen - Pat will ja seine Ehefrau zurückgewinnen. Pat taucht immer wieder auf und provoziert ihn, bei ihr hat er nicht den Schonungsbonus, den man ihm sonst als psychisch Krankem gibt. Schliesslich möchte er sie dazu bringen, seiner Ehefrau einen Brief zu bringen (es selbst darf sich ihr nicht nähern), sie willigt ein, macht aber die Bedingung, dass er mit ihr bei einem Tanzwettbewerb antreten muss - und für den trainieren sie in ihrem Studio nun täglich. Und sie machen es sehr gut. Pat erkennt erst bei dem Wettbewerb, bei dem sie nicht gewinnen aber ihr ehrenvolles Ziel knapp erreichen, dass er sie liebt und seine Ehefrau nicht mehr braucht - natürlich brauchen die beiden noch ein paar Querelen bis sie sich das endlich gegenseitig gestehen - und dann ist eines der mühesamsten Happy Ends der amerikanischen Filmgeschichtet erreicht. Puh.
Warum der Film so gut ist: 1. Die Krankheitsstory ist real recherchiert, verharmlost nichts und ist authentisch, für die amerikanische Heile Welt ein erstaunlicher Aufwand - 2. Beide Hauptsdarsteller agieren am oberen Limit (zurecht ein Oscar) .
Und warum es nicht zur Höchstwertung reicht: Weil man die immer noch offenlassen sollte. Und weil das Drehbuch leider so viel überflüssiges an Nebenschauplätzen aufbaut. Offenbar geht kaum ein amerikanischer Film ohne Baseball, American Football, Fan-Szenerie, Boxen, Wrestling, Glücksspiel oder Wetten, wie hier vielfältig involviert - völlig unnötig. Wen interessieren stundenlange öde Dialoge alter Männer über Wettscheine? Warum muss das Elternhaus so viele zähe Szenen liefern, die psychologische Botschaft war ganz schnell klar. Die Dynamik der Handlung hätten geschicktere Regisseure und Drehbuchmacher sehr viel stringenter aufs Parkett bringen können. Der lange Vorlauf am Anfang hätte prima mit ein paar Schnitten sofort dramatisch in einem Polizeibüro beginen können, Rückblende, Vorblend, Drama pur, 10 minuten gespart.
Fazit aber: Äußerst sehenswert und zugleich unterhaltsam. Etwas zu Aufheben.