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    The Ward
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    The Ward
    Von Jonas Reinartz

    Es ist still geworden um John Carpenter („Assault - Anschlag bei Nacht", „Halloween - Die Nacht des Grauens", „Die Klapperschlange"), den König des gehobenen B-Movies. Seine clever konstruierten und stilsicher inszenierten Low-Budget-Perlen, erheblich durch die Muster des Western geprägt, lieferten die Blaupausen für gefühlt unzählige Horror- und Action-Nachahmer. Auch wenn er sich in späteren Arbeiten zunehmend selbst zitierte, blieb seine Beharrlichkeit stets sympathisch. Sein vorheriges Kinoprojekt, das leblose Potpourri „Ghosts of Mars", stieß allerdings selbst treue Anhänger vor den Kopf. Fast schien es zuletzt, als habe der Maestro resigniert. So verkündete er regelmäßig in Interviews: Videospiele, Basketball und das Einstreichen von Cheques für die Remakerechte seiner Klassiker hätten jetzt Priorität. Und warum auch nicht, hatte er doch genug künstlerische Erfolge, kommerzielle Tiefschläge und Streitigkeiten mit Studio-Bossen hinter sich, um einen wohlverdienten Ruhestand anzutreten. Nach zwei passablen Beiträge für die TV-Reihe „Masters of Horror" von 2005 und 2006 meldet er sich jetzt mit der Geistergeschichte „The Ward", in deren Zentrum eine traumatisierte Frau in einer dubiosen Irrenanstelt steht, zurück. Carpenter bleibt sich inszenatorisch – von einigen modischen Spielereien am Schnittcomputer abgesehen – wie gewohnt treu. So holt er aus der uninspirierten Geschichte raus, was da eben noch zu holen ist.

    Irgendwo in den USA im Jahre 1966: Im North Bend Psychiatric Hospital wird die junge Tammy (Sali Sayler) unter mysteriösen Umständen ermordet. Am nächsten Tag liest die Polizei in der Nähe Kristen (Amber Heard) auf. Die derangierte Frau hatte ein abgelegenes Haus in Brand gesetzt, wird postwendend in die Irrenanstalt verfrachtet und in Tammys Zimmer gesteckt. Nur mühsam kann sich Kristen eingewöhnen, zumal sie sich an alles, was vor der Brandstiftung geschehen ist, nicht mehr erinnern kann. Zudem scheint auf den Gängen eine Gestalt umzugehen, abgesehen von der zugänglichen Iris (Lyndsy Fonseca) ist hier ohnehin niemandem zu trauen, nicht Sarah (Danielle Panabaker), nicht Zoey (Laura-Leigh) und vor allem nicht Emily (Mamie Gummer). Nachdem Kristen unter der Dusche von einem Geist attackiert wird und dies dem Anstaltsleiter berichtet, greift er zu rabiaten Mitteln und will sie mittels Elektroschocks heilen, doch die verstörte Frau bleibt bei ihrer Behauptung. Als Iris kurz darauf spurlos verschwindet, hat der Albtraum gerade erst begonnen...

    Psychiatrische Kliniken sind die perfekten „Haunted House"-Kulissen. Verwunschene Häuser finden sich bereits in der antiken Literatur und zählen seit den Schauerromanen des 18. und 19. Jahrhunderts zum Horror-Inventar. Heilanstalten hingegen sind bereits Gefängnisse, Festungen des Irrsinns, des Leidens, noch ehe die jenseitigen Mächte überhaupt zuschlagen. Auch für einen Altmeister wie Carpenter ist ein solches Szenario noch thematisch und räumlich reizvoll. Seine Markenzeichen, eine agile Kamera und schnörkellose, aber kunstvolle Breitwandkompositionen, eignen sich bestens für eine derartige Location, auch wenn die Kamerafahrten durch die Gänge mit der Zeit doch ein wenig monoton werden. Auch so mancher Schockeffekt, zumal unnötig durch die Postproduktion in Ton und Schnitt aufgebauscht, verpufft ohne große Wirkung. Eher unfreiwillig komisch wirkt die Geistergestalt, die durchaus einer Shock-Rock-Band oder „Ghosts of Mars" entstammen könnte. Immerhin versprüht die Kreatur so einen schrägen 80er-Charme.

    Die schwerwiegenden Probleme des Films gehen nicht auf Carpenters Kappe, dafür sind seine Autoren Michael Rasmussen und Shawn Rasmussen verantwortlich. Allzu sehr auf ihren passablen, jedoch nicht sonderlich originellen Schlusstwist vertrauend, demonstrieren sie Desinteresse an ihren Figuren; die Alltagszenen in der Anstalt wirken phasenweise wie bloßes Füllmaterial, aufgebauscht mit ziellosen „Alice im Wunderland"-Anleihen. Sämtliche Insassen sind dabei wandelnde Klischees und bisweilen, wie etwa im Falle von Mamie Gummers Emily, höchst enervierend. Amber Heard spielt passabel, viel abverlangt wird ihr aber ohnehin nicht. Obwohl Carpenter ohnehin in punkto Gewalt nie zimperlich war, wirken die wenigen Anleihen an das Torture Porn-Genre („Saw", „Hostel") sehr bemüht – zumal es der Horrorveteran vor allem mit Requisiten zwar zitiert, sich aber an einer Vertiefung, trotz oftmals bekundeter Begeisterung für die neuen Spielarten in seinem Metier, nicht interessiert zeigt.

    Fazit: Angesichts des Umstandes, dass John Carpenter mit „The Ward" seinen ersten Langfilm seit knapp zehn Jahren vorlegt, wird seine Fanschar gespalten reagieren. Soll man nun froh sein, den Altmeister wieder in Aktion zu erleben und über die Schwächen des Films hinwegschauen – oder hätte gerade nach einer so langen Auszeit nicht wieder ein Paukenschlag folgen müssen? „The Ward" ist gut inszenierter Oldschool-Horror, beim nächsten Carpenter muss jedoch dringend ein taugliches Skript her.

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