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    Predators
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Predators
    Von Carsten Baumgardt

    Robert Rodriguez ist ein Mann, dem ständig zehn Filmideen gleichzeitig im Kopf herumschwirren. Dieses kreative Chaos muss nicht immer von Vorteil sein. Seine Fanschar penetriert den Self-Made-Filmemacher permanent mit dem Wunsch, endlich „Sin City 2" in Angriff zu nehmen, doch der Texaner geht unbeirrt seinen eigenen Weg und setzt das um, was ihm gerade in den Kram passt. Im heimischen Austin hat er gemeinsam mit Ex-Frau Elizabeth Avellan die Troublemaker Studios aufgebaut und werkelt dort in autarker Umgebung an seinen Projekten. Mit dem Sci-Fi-Actioner „Predators" produzierte Rodriguez nun erstmals einen Film, ohne selbst Regie zu führen. Das Vertrauen, das er Regisseur Nimrod Antal („Kontroll", „Motel", „Armored") entgegen gebracht hat, zahlt sich aus. Antals „Predators" knüpft recht überzeugend an John McTiernans Action-Klassiker-Vorlage „Predator" (1987) an, auch wenn er deren Klasse nicht vollends erreicht.

    Acht Elitekämpfer, ein Schicksal. Der freie Fall. In dem befinden sie sich nämlich, als sie aus luftiger Höhe an einem kleinen Fallschirm hängend auf eine Dschungellandschaft niederrasen. Der Söldner Royce (Adrien Brody), die Mossad-Scharfschützin Isabelle (Alice Braga), der Arzt Edwin (Topher Grace), Massenvergewaltiger Stanz (Walton Goggins), der russische Elitesoldat Nikolai (Oleg Taktarov), der Yakuza Hanzo (Louis Ozawa Changchien), der afrikanische Warlord Mombasa (Mahershalalhashbaz Ali) und der Drogenkartell-Scherge Cuchillo (Danny Trejo) sitzen mitten im Nirgendwo fest. Das gegenseitige Misstrauen ist enorm, doch nachdem klar ist, dass etwas Mysteriöses hinter ihnen her ist, beschließen sie, wohl oder übel zusammenzuarbeiten. Noch größer ist die Überraschung, als sie feststellen, dass sie sich nicht mehr auf der Erde befinden und offenbar von einer fremden Spezies, die größer, kräftiger und weit gefährlicher ist als die Menschen, aufs Korn genommen werden. Das erste Opfer lässt nicht lange auf sich warten...

    Aus John McTiernans Ur-„Predator" ist mittlerweile ein echtes Franchise entwachsen. Die Fortsetzung „Predator 2" stieß wie auch Paul W.S. Andersons Spin-Off „Alien vs. Predator" auf ein geteiltes Echo. Richtig Prügel bezog anschließend Colin und Greg Strauses Sequel „Aliens Vs. Predator 2". Doch genug damit, postulierte Robert Rodriguez und erklärte das „Predator"-Universum nach Teil eins für null und nichtig. Bereits 1994 hatte er für 20th Century Fox eine zweite Fortsetzung zu „Predator" geschrieben. Doch weil Arnold Schwarzenegger damals keinerlei Lust auf eine weitere Runde Alien-Jagd verspürte, wanderte das Skript in den Papierkorb – wo es zu Beginn des Jahres 2009 wieder hervorgekramt wurde. Fox beauftragte Rodriguez, das Thema „Predator" zu reanimieren. Da der Meister selbst nicht genügend Zeit hatte (und stattdessen „Das Geheimnis des Regenbogensteins" und „Machete" drehte), holte er Nimrod Antal als Regisseur ins Boot, ließ das Drehbuch von Michael Finch und Alex Litvak überarbeiten und produzierte „Predators" weitgehend unabhängig von der großen Studiohand für kolportierte 40 Millionen Dollar in seinem Studio in Texas. Dazu kamen Außendrehs auf Hawaii.

    Reboot, Remake, Sequel, Weiterführung? Die Verwirrung ist einigermaßen groß. Die Filmemacher sprechen von einem Reboot, das die „Predator"-Historie um eine neue Facette erweitert. Andererseits wird aber eben nicht alles auf Anfang gesetzt, was ein Reboot definiert. An einer Stelle des Films zitiert Alice Braga die „Guatemala-Mission aus dem Jahr 1987", bei der nur ein Militär überlebte. Diese Episode ist in „Predators" also keinesfalls vergessen, selbst wenn sie für die neue Handlung außer dem Zitatcharakter kaum eine Rolle spielt. Inhaltlich bewegen sich Antal und Rodriguez aber auf vertrautem Terrain – mit einer entscheidenden Variation: Diesmal ist wie beim modernen Fußball die Mannschaft der Star und nicht der Weltsöldner des Jahres (wie Arnold Schwarzenegger im Original). Mit Adrien Brody („Der Pianist", „King Kong") steht der Truppe zwar ein kerniger Elitesoldat auf eigene Rechnung vor, doch den Film darf der Oscargewinner nur im Verbund mit seinen Nebenleuten dirigieren. Und das ist auch gut so. So interessant der Schachzug einfach einen Charakterdarsteller auf die Muckie-Maße von Big Arnie aufzupumpen auch sein mag, in der Praxis benötigt Brody eben doch noch ein paar Schulterpolster, um gegen das große Vorbild anzuposen.

    Aber diese Dominanz eines einzelnen ist eh nicht gewünscht. Vor allem Alice Braga („I Am Legend", „Die Stadt der Blinden") assistiert Brody als starke Figur, der Rest fügt sich zu einem markanten Sidekick-Ensemble, in dem einige Jokerrollen verteilt werden. Es ist nicht gerade eine Ansammlung von Vollsympathen, die sich in der grünen Hölle des Jagdplaneten der Aliens tummeln. Aber nur das macht sie zu einem würdigen Gegner für die Predators. Die sind nämlich wahre Sportsleute mit entsprechendem Geist. Dort muss keiner ein listiges Meucheln aus dem Hinterhalt fürchten, ein Ehrenkodex des Kampfes mit offenem Visier wird auch auf dem fremden Geläuf gepflegt. Das verhindert jedoch nicht, dass man sich als Jagdwild auch schon mal Rückgrat und Schädel aus dem Leib reißen lassen muss, wenn die Messe gelesen ist. Der stets hohe Goregehalt rechtfertigt die FSK-Freigabe ab 18 Jahren. Aber die Gewalt steht im Dienste der Geschichte und verkommt nicht zum reinen Selbstzweck.

    Die Konfrontationen mit der fremden Alien-Rasse sind nicht allzu häufig, dennoch hält Antal seinen Kessel immer unter Dampf, indem er sich seine Charaktere ständig gegenseitig belauern, bekriegen und in Frage stellen lässt. Die Tiefe der Figuren ist natürlich nur angedeutet, denn schließlich ist „Predators" kein Action-Drama, das sich für die Oscars in Position bringen will. Antal und Rodriguez wollen Spaß verbreiten und unterhalten. Dass „Predators" ein B-Movie ist, wissen sie natürlich auch, selbst wenn sie die Besetzungsliste aufgemöbelt haben. Der Hang zum Trash, den das Original so originell machte, geht dem Film ein wenig ab und wird von einer gewissen Ernsthaftigkeit flankiert. Alle Schauspieler sind auf der Suche nach dem Oneliner, der es mit Arnies Vorlagen („If it bleeds, i can kill it!") aufnehmen kann. Die Dialoge geraten dabei zur Nebensache. Die holprige deutsche Synchronisation (unbedingt Originalversion schauen) verstärkt diesen Effekt noch. Am ehesten ist der Trashspaß noch in der Waffenabteilung zu suchen. Die achtköpfige Kämpfertruppe schleppt mitunter absurd schweres Gerät durch die Botanik. Da stellt sich weniger die Frage nach der Ökonomie – es muss halt einfach cool aussehen. Alice Bragas Scharfschützen-Wumme ist im Duell mit den Predators eigentlich furchtbar unpraktisch, aber ihre Isabelle hält eisern an dem schweren Geschütz fest. Eine weitere Säule in der Trash-Arithmetik ist Laurence Fishburne („Matrix", „Apocalypse Now"). Sein Einsiedler Noland wandert mit seinem spinnerten Gefasel geschickt den schmalen Grat zwischen Kult und Quatsch.

    Dramaturgisch verläuft „Predators" in genretypischen Bahnen, die Größe der Gruppe verringert sich den Erwartungen entsprechend, während der eingewobene Twist gegen Ende nicht unbedingt nötig und nicht sonderlich originell ist. Das mindert den Spaß aber kaum, weil immer etwas passiert. Das Alien-Design - wie eigentlich auch der gesamte Film - sind erfrischend altmodisch und bodenständig. Der Einsatz von CGI hält sich in Grenzen und kommt meist nur in Details zum Zuge. Antal und Rodriguez setzen in erster Linie auf gute, alte Handarbeit, was „Predators" vor dem überkandidelten Abdriften in Special-Effects-Orgien wie den „Alien vs. Predator"-Filmen bewahrt. Das gilt auch für die Kämpfe Mann gegen Mann bzw. Alien. Da wird dann schon einmal ein Schwert oder eine Machete ausgepackt, um Köpfe von Rümpfen zu trennen. Old School!

    Fazit: Regisseur Nimrod Antal und Produzent Robert Rodriguez haben dem „Predators"-Franchise eine launige Frischzellenkur mit Eigenblutdoping verpasst. Unter wahren Sportsmännern eigentlich verpönt, mokiert sich im Mikrokosmos von Massen- und Profimördern niemand darüber. Letzten Endes erreicht die Neuauflage zwar nicht das Niveau und die Coolness des Ur-„Predator", aber Spaß macht das neue Kapitel trotzdem.

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