Geld, Partys, Koks, Sex. Welches Milieu damit beschrieben ist? Vermutlich jedes, in dem genug Kohle fließt, um den Rest zu ermöglichen. Zum Beispiel die Londoner Kunstszene, die der Dokumentarfilmer Duncan Ward, der sich hier einmal an einer Fiktion versucht, nach einer Romanvorlage von Danny Moynihan mit den Mitteln der Satire seziert. Das Ergebnis seiner Bemühungen ist jedoch nur bedingt gelungen. Allzu harmlos wirkt „Boogie Woogie" trotz all der Dealer, Huren, Paten, Erbschleicher und Geldwäscher, die sich im schönen Schein bewegen. Als Groteske ist das zu zahm – auf der anderen Seite mangelt es an Identifikationsfiguren, um sich möglicherweise auf ernsthaftere Art durch die Untiefen der Branche führen zu lassen.
In der Galerie von Art Spindle (Danny Huston) geht es wie immer drunter und drüber: Das Sammlerehepaar Maclestone ist auf der Suche nach neuen Stücken, möglichst exklusiv, der alte Mr. Rhinegold (Christopher Lee) will seinen legendären Mondrian nicht verkaufen, die Kuratorin Beth (Heather Graham) strebt nicht nur nach ihrer eigenen Galerie, sondern pflegt auch ein Verhältnis mit Bob Maclestone (Stellan Skarsgard). Dessen Frau Jean (Gillian Anderson) flüchtet sich in die Arme des Nachwuchskünstlers Jo (Jack Huston), der wiederum bei Paige Oppenheimer (Amanda Seyfried) abblitzt. Anders als Bob Maclestone, der seine Frau darüber hinaus verdächtigt, etwas mit Art Spindle, dem Galeristen, zu haben. Und dann schläft Rhinegold mit der Zigarre in der Hand ein...
Viele Figuren, viele große Namen: Der beachtlichen Schauspielerriege ist es sicher nicht anzulasten, dass „Boogie Woogie" weder ein rechtes Zentrum findet noch eine angemessene Fallhöhe für seine Charaktere bietet. Gillian Anderson („Akte X") etwa legt ihre Sammlerehefrau als gut gemischten Cocktail aus Arroganz, Hysterie und unerfüllter Sehnsucht an: außen Prunk, innen Leere. Was aber letztlich genauso wenig originell ist wie Danny Hustons („Children of Men") schrilles unechtes Lachen oder die Homosexualität seiner Figur – die im Film freilich als große Enthüllung verkauft wird.
Am stärksten ist die Geschichte, die auf Moynihans eigenen Erfahrungen als Kunsthändler in London und New York basiert, immer da, wo über die Figuren hinausgeblickt und für einige wenige Momente die Kunstszene wirklich ernstgenommen wird. So etwa wenn Elaine (Jamie Winstone) für eine Installation ihr gesamtes Umfeld und Privatleben auf Video bannt – vom Sex bis zum tödlichen Unfall. Diese Bilder prallen im furios in Szene gesetzten Finale der Vernissage auf die neu durchmischten Pärchen, die ihnen teils mit gespielter Begeisterung, teils mit echter Fassungslosigkeit begegnen. Als Höhepunkt schließlich bekommt Paige ein ganz besonderes Geschenk: ein seltsames Geschwulst, der Ansatz eines Zwillings, den sie von Geburt an in sich trug – auf ewig erhalten in einer sterilen Glasbox. Die Kunst erstickt und frisst das Leben.
Ansonsten plätschert der – vom chaotischen Atelier bis zum verschwenderischen Loft grandios ausgestattete – Film eher vor sich hin und wirkt dramaturgisch unentschlossen. Das Karussell der Liebschaften und die Rangelei um den Mondrian sollen den Handlungsmotor antreiben, doch angesichts der wenig sympathischen Figuren und uninspiriert inszenierter Intrigen ist Duncan Wards Film auf Dauer so wenig prickelnd wie ein lauwarmes Glas abgestandenen Champagners auf einer Vernissage.
Fazit: Viel zu selten schwingt sich „Boogie Woogie" zur bissigen Satire hinauf, Regisseur Ward belässt es meist bei austauschbaren High-Society-Klischees. So überzeugen vor allem das Set Design und die illustre Darstellerriege.