Fast ein Jahrzehnt ist seit der Veröffentlichung von „Wolf Creek“ 2005 vergangen. Die Fortsetzung „Wolf Creek 2“ hat also auffällig lange auf sich warten lassen. Doch nun ist sie da und dabei genauso kompromisslos wie der Vorgänger. Dafür stehen auch Greg McLean, der Regisseur und Autor des Originals, der sich selbst um das Sequel kümmert sowie Hauptdarsteller John Jarratt, der ebenfalls wieder mit von der Partie ist, ein. Dabei klären sie mit ihrem düster erbarmungslosen Horror-Slasher aus Australien nebenbei auch die Lücken der vergangenen Jahre auf. Im Vordergrund steht aber die neueste Jagd des Serienkillers Mick Taylor. Das Ergebnis ist packend und blutig, aber nicht frei von Kritikpunkten.
In der Nähe des „Wolf Creek Crater“, eines Tourismusziels geringer Bedeutung mitten im australischen Outback, lebt Mick Taylor (John Jarratt), ein knallharter Naturbursche und selbsterklärter „Schweinejäger“, der durchaus an seinen Namensvetter Mick „Crocodile“ Dundee erinnert. Doch es gibt einen großen Unterschied: Taylor jagt nicht nur Tiere, sondern bevorzugt junge Touristen wie die deutschen Backpacker Rutger (Phillipe Klaus) und Katharina (Shannon Ashlyn) sowie den Briten Paul (Ryan Corr), der durch seine Hilfeleistung eine „Jagd“ von Taylor durchkreuzt und dadurch zum Ziel der nächsten wird.
Machtspiele stehen als offensichtliches Thema im Mittelpunkt von „Wolf Creek 2“. Die Machtposition sichert man sich dabei durch die bessere Bewaffnung oder den rücksichtsloseren Gebrauch dieser Waffen. Die oft tödlichen Spiele zeichnen sich nicht gerade durch Fairplay aus. Gleich die erste Szene des Films gibt einen Vorgeschmack: Zwei Streifenpolizisten, die mit einer Radarpistole hinter einer Plakatwand lauern, heften sich ungeachtet einer nicht vorliegenden Überschreitung der Geschwindigkeitsgrenze an die Fersen von Taylor. Sie haben die Macht dazu und kehren zur Unterstreichung dieser beim Aushändigen des Strafzettels eine herablassende Sheriffsmentalität heraus. Dieser Missbrauch der gesetzlichen Autorität würde eine gewisse „Lektion“ oder Bestrafung rechtfertigen, doch Mick Taylor beschränkt sich nicht auf Denkzettel, sondern vollstreckt selbstgerechte Todesurteile, bevorzugt mit seinem Jagdmesser.
Durch diesen Auftakt und die Inszenierung wird der Serienkiller Mick fast sogar als sich gegen Autoritätenterror auflehnende Identifikationsfigur (ähnlich wie Michael Douglas in „Falling Down“, der auch den unterdrückten Ärger der Zuschauer bediente) ins Bild gerückt. Mit dem Auftritt eines durchaus sympathischen deutschen Rucksacktouristenpärchens, inklusiver romantischer Momente im Sonnenschein, dreht Mick dann aber das Machtspiel einfach um. Nun behauptet er ebenfalls angebliche Gesetzesüberschreitungen, um seine ausgesuchten Opfer in die Falle zu locken, Backpacker Rutger kurz darauf von hinten sein Messer in den Rücken zu jagen und für Katharina eine mehr als nur angedeutete „Sonderbehandlung“ vorzubereiten, die Junggeselle Mick schon im ersten Film den jungen Mädchen angedeihen lassen wollte.
Außergewöhnlich ist, dass mit diesen Vergewaltigungs- und Folterabsichten kein Perspektivwechsel einhergeht. Statt die nun um ihr Leben kämpfenden Opfer – mit ihren in der Originalfassung manchmal unfreiwillig komischen „deutschen“ Dialogen - in den Mittelpunkt zu rücken, zelebrieren Regisseur Greg McLean und Mick-Darsteller John Jarratt noch stärker als in „Wolf Creek“ die perversen Neigungen des Outback-Metzlers. Die Figur wird weiter zum vermeintlichen Sympathieträger erkoren, der selbst die zynischen Kommentare eines Freddy Krueger harmlos erscheinen lässt. Da trägt Mick pfeifend seinen Benzinkanister spazieren, um ein Opfer bei lebendigem Leibe zu verbrennen oder lässt gern das Radio laufen, während er ein anderes Opfer fachgerecht ausweidet und dabei kichernd feststellt, dass es sich wohl um einen Nichtraucher handelte.
Gerade durch den Musikeinsatz werden oftmals zusätzlich zynische Akzente gesetzt. Wenn der Pop-Hit „The Lion Sleeps Tonight“, der Strauß-Walzer „An der schönen blauen Donau“ oder das irische Traditional „Danny Boy“ einsetzt, sorgt dies jeweils für ein Ansteigen des Body Counts. Dazu schreitet Mick mit einem nicht zu bremsenden Selbstbewusstsein durch den Film: Er grinst genüsslich, treibt seine hinterhältigen Späße mit den Opfern, ahmt Schmerzensschreie amüsiert nach und lässt höchstens mal ein beinahe überraschtes „Oops“ entfahren, wenn sich seine Mordpläne etwas verzögern. Dabei ist er tatsächlich stolz darauf, dass er den Werbeslogan „Keep Australia beautiful“ durch das Abschlachten von Touristen etwas anders umsetzt. Fremdenhass ist aber natürlich nicht seine Motivation. Mick ist einfach nur irre und einige Tötungen im Film sowie der umfassend prall gefüllten Folterkeller, den es so im Vorgänger nicht gab, machen deutlich, dass im Endeffekt mehr Australier als Touristen dran glauben müssen.
Fazit: Nicht nur durch die teilweise explizite Gewaltdarstellung, sondern vor allem durch die Aussparung jeglicher „Moral“ positioniert sich „Wolf Creek 2“ klar jenseits einer Jugendfreigabe. Regisseur Greg McLean zeigt dabei nach dem starken Vorgänger aber erneut, dass er sein Handwerk beherrscht. Das Ergebnis ist gelungene schwarzhumorige Unterhaltung mit Effekten der alten Schule und überraschend vielen Autostunts – allerdings nur für Erwachsene.