Mein Konto
    Showgirls
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    0,5
    katastrophal
    Showgirls
    Von Carsten Baumgardt

    Nach seinen meisterhaften Werken RoboCop, Total Recall und Basic Instinct näherte sich Paul Verhoevens Karriere Mitte der 90er Jahre dem Siedepunkt. „Showgirls“ sollte die Erfolgsserie weiter ausbauen und neue Reize im Mainstream setzen, wurde stattdessen aber zu einem der größten Reinfälle der Filmgeschichte. Das grelle Erotik-Drama ist so unterirdisch schlecht, dass Verhoeven sich in Hollywood zum Gespött machte, der Film floppte und seine Laufbahn ins Wanken geriet. Unfreiwillig jedoch avancierte „Showgirls“ zu einem Meisterwerk des Trashs, das sich kein Freund dieser Spielart entgehen lassen darf.

    Nomi Malone (Elizabeth Berkley) will in Las Vegas als Showgirl die große Karriere machen. Das naive Mädchen vom Lande muss aber schnell lernen, dass die Uhren in der Glitzermetropole ein wenig anders ticken. Sie landet in einem schäbigen Stripclub, doch zu ihrem Glück trifft sie auf das heißeste Showgirl der Stadt, Cristal Connors (Gina Gershon), die ihr einen Job im Team besorgt. Auch hier muss Nomi erst lernen, wie das schmutzige Spiel in Vegas gespielt wird und mit Neid und Intrigen fertig werden. Cristals Freund Zach (Kyle MacLachlan) unterstützt die ehrgeizige Nomi, die noch weitere Lektionen zu lernen hat, bis sie sich im harten Showgeschäft behaupten kann.

    „Showgirls“ war der Skandalfilm des Kinojahres 1996. Regisseur Verhoeven und sein Drehbuchpartner Joe Eszterhas (Flashdance, Sliver, Basic Instinct) starteten eine bewusste Kampagne, um das Dance-Drama als erotischen Aufreger zu platzieren und so viel Aufmerksamkeit zu erhaschen wie möglich. Die Erotik, die Verhoeven und Eszterhas auffahren, ist in der Tat für amerikanische Verhältnisse recht freizügig, auch wenn immer ein Hauch von Altherrenphantasie mitschwingt. Doch alles, was bei „Basic Instinct“ noch so wunderbar funktionierte, ging bei „Showgirls“ dermaßen schief, dass sich jeder der Beteiligten wünschen wird, niemals dabei gewesen zu sein. Der selbstentfachte Hype wendete sich nach der Veröffentlichung gegen die Filmemacher und Schauspieler, die damals in US-Talk-Shows kübelweise mit Hohn und Spott zugeschüttet wurden.

    Ex-Teenie-Idol Elizabeth Berkley („Califonia Highschool“) sollte zum großen, neuen Star aufgebaut werden, doch ihre grottenschlechte Leistung offenbarte schonungslos ihre Talentfreiheit. Sie spielt jede Szene derart überzogen-lächerlich, dass dies nur als schlechtes Laienschauspiel identifiziert werden kann. Wie eine Dampfwalze will sie Emotionen zum Ausdruck bringen, das führt jedoch nur ins Absurde – was auf der anderen Seite einen großen Teil der Trash-Faszination des Films ausmacht. Ihr Körper, den sie hemmungslos einsetzt, ist makellos und eine Augenweide, so sind immerhin die Tanzszenen recht ansehnlich - mehr aber auch nicht. Zum Schmunzeln ist jedoch ihr Make-Up, das gefühlt eine Tonne wiegen muss, so dass sie mehr The Grinch anstatt einer bildschönen Tänzerin (die wahrscheinlich unter der Schicht schlummert) ähnelt. „Showgirls“ war eine Art Brandzeichen für Berkleys Karriere, jeder durfte bewundern, wie schlecht man tatsächlich schauspielern kann. Nachdem sie es daraufhin noch in kleineren Nebenrollen versuchte, landete Berkley schließlich (wieder) beim Fernsehen.

    Gina Gershon (Bound, Insider) scheint sich als einzige bei den Dreharbeiten bewusst gewesen zu sein, auf was für ein Desaster der Film zusteuerte. Sie nimmt ihre Rolle gar nicht mehr ernst und überzieht sie gleich zur Karikatur. Kultstar Kyle MacLachlan („Twin Peaks“, Blue Velvet) wird sein Mitwirken wohl ebenfalls verflucht haben, der Film markiert die größte Peinlichkeit in seiner Vita. Er spielt den schmierigen Zach (mit herrlich absurder Frisur) gleichsam over the top, viel mehr bleibt ihm auch nicht übrig, denn Eszterhas’ Drehbuch ist so grottig, dass kein Schauspieler der Welt dagegen hätte anspielen können. Die Dialoge haben nahezu durchgehend Peinlichkeitsniveau (Zach: „Nicht umsonst habe ich BWL studiert.“ – Nomi: „Was ist BWL?“), die Story ist noch flacher als Eszterhas’ „Flashdance“ (was schon ein Kunststück ist) und die Charaktere sind nicht stimmig, was vor allem zum Ende hin auffällt, wenn ein komplett überflüssiger, ekliger Vergewaltigungs-Subplot die Figuren ins Wanken bringt. Besonders dämlich ist auch die spätere Auflösung von Nomis stets im Verborgenen gehaltener Vergangenheit. Das ist so dumm, dass es schmerzt.

    Verhoeven gerät der Film völlig aus dem Ruder. Was als kalkulierter Erotikreißer für ein Mainstreampublikum gedacht war, wird zur unfreiwilligen Satire, die aber keinerlei ehrliche Ironie aufweisen kann. Diese werden nur Zyniker und Trashfreunde empfinden, die sich an schlechtem Filmemachen wahrhaft ergötzen können. In dieser Hinsicht ist „Showgirls“ ein rauschendes Fest, ein grotesk übles Machwerk. Verhoeven wollte provozieren, machte dies auch, zeigte blanke Brüste im Dutzend billiger, riskierte dafür aber seine Karriere. Trotz des Achtungserfolgs von Starship Troopers (1997), der in gewissen Kreisen Kultstatus genießt, ist seine Zeit in der ersten Liga Hollywoods seit „Showgirls“ beendet. Der Film wurde 13 Mal für die Goldene Himbeere nominiert (Rekord) und schließlich mit sieben dieser unbegehrten Preise ausgezeichnet (Rekord zusammen mit „Battlefield Earth“).

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top