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    Der Mond und andere Liebhaber
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Der Mond und andere Liebhaber
    Von Christian Horn

    „Lieber Gott, das kann doch nicht alles gewesen sein, da muss doch noch was kommen.“ - Katharina Thalbach als Hanna

    Nach seinem Kinodebüt Du bist nicht allein bewegt sich Regisseur Bernd Böhlich, der vordem hauptsächlich Fernsehproduktionen inszeniert hat, in seinem aktuellen Kinofilm „Der Mond und andere Liebhaber“ erneut im Milieu der kleinen Leute. Seine Protagonistin, eine reife Frau mit der Impulsivität eines jungen Schulmädchens, verschlägt es auf der Suche nach dem Glück und der wahren Liebe von Sachsen in die Türkei und wieder zurück – und von den Armen des einen Mannes in die eines anderen. Immer neue Schicksalsschläge - Jobverluste und andere Fehlschläge - können den unermesslichen Optimismus der Frau kaum schmälern. Dramaturgisch mäandert Böhlichs märchenhafter Film zwischen großer Tragik und schlichtem Humor, zwischen Sozialrealismus und überhöhtem Pathos. Trotz der gut aufgelegten Darstellerriege – allen voran die charismatische Katharina Thalbach – bleiben viele Wendungen und Kniffe des Films zu unmotiviert und inkonsequent. Vor allem die Handlungsmuster der Hauptfigur bleiben oftmals seltsam befremdlich und verhindern das uneingeschränkte Mitfühlen des Zuschauers.

    Zu Beginn des Films verliert die beinahe sechzigjährige Hanna (Katharina Thalbach, Die Blechtrommel, Hände weg von Mississippi) ihre Arbeitsstelle in einem bankrotten Kosmetikladen, dessen Lagerhalle gesprengt wird. Prompt packt sie sich einen Koffer voller Parfüm, um sich als fliegende Händlerin durchzuschlagen. Das Geschäft läuft mäßig, aber das macht unserer Hanna gar nicht so arg viel aus. Als sie eine Reise gewinnt, freut sie sich – im Gegensatz zu den anderen Touristen – wie ein kleines Kind über einen Regenschauer in ihrem Urlaubsort, an dem es sonst nie regnet. Ihr wesentliches Interesse am Leben ist die unentwegte Suche nach Glück, das für Hanna mit dem Finden einer großen, echten Liebe gleichbedeutend ist. Und es dauert nicht lange, da läuft ihr Gansar (Birol Ünel, Die Unerzogenen, Gegen die Wand) über den Weg. Auf ihn projiziert sie ihre ganze Leidenschaft, ihre ganze Sehnsucht, Energie und Hoffnung – für Hanna muss es immer alles sein, 100 Prozent. Doch so einfach ist das nicht und die Liebelei endet tragisch: Gansar hat Familie und kein Interesse an einer dauerhaften Beziehung. Aber das ist erst der Anfang des Dramas, Hanna hat im Verlauf des Films noch das ein oder andere weitere Päckchen zu tragen…

    Das zentrale Thema von „Der Mond und andere Liebhaber“ ist der unbändige Lebensdurst seiner Protagonistin, die energische Suche nach Sinn. Der stetige Wechsel zwischen tragischen und komischen Szenen, die immer wiederkehrenden Hoffnungsschimmer und Rückschläge kulminieren in Katharina Thalbachs Figur: Einerseits ist sie ein unermüdliches Stehaufmännchen, eine naiv-kindliche Frau, die sich neugierig nach Leben sehnt – andererseits ist sie suizidal veranlagt und trägt einen überdeutlichen Hang zur Selbstzerstörung in sich, der schon im Kern ihres ganzen Wesens angelegt ist: Die hohen Erwartungen, die sie mit wachsender Ungeduld an das Leben und vor allem die Liebe stellt, können kaum erfüllt werden. Vor allem auch, weil sie eben fast sechzig Jahre alt ist und sich wie eine Jugendliche – ohne emotionale Reife oder einen gefestigten Charakter – den selbstgestellten Herausforderungen maßlos entgegen schmeißt. Dieser Gegensatz in der Charakterzeichnung der Protagonistin ist es, der verwirrt und eine tiefere Identifikation, ein unmittelbares Mitfühlen erschwert - auch, weil der Betrachter mit der Aufschlüsselung dieser Handlungsmuster, die so gar nicht zu einer reifen Frau passen wollen, allein gelassen wird.

    Die beiden Hauptpfeiler der Dramaturgie - die Suche nach Liebesglück und das Erleiden schwerer Lebenskrisen - werden auch in der Farbgestaltung des Films aufgegriffen. Ein leuchtendes Rot (und andere lebendige Farben) treffen immer wieder auf melancholische Blautöne, die häufig auch das ganze Bild dominieren. Die Musik unterstreicht vor allem die tragischen Stellen mit rührenden, aber nicht zu aufdringlichen Melodien. Rein handwerklich ist „Der Mond und andere Liebhaber“ – abgesehen von der gelungenen Farbdramaturgie – jedoch nicht gerade Aufsehen erregend. Dreh- und Angelpunkt sind eher die bestechenden Darsteller: Neben Katharina Thalbach und Birol Ünel spielen Fritzi Haberlandt (Liegen lernen, Nichts als Gespenster), Steffen Scheumann („Der Krieger und die Kaiserin“, Kleinruppin Forever) und Andreas Schmidt (Sommer vorm Balkon, Die Fälscher, Fleisch ist mein Gemüse). Auch wenn Bernd Böhlich für seinen Film diese vielen beachtenswert begabten Darsteller verpflichten konnte, gelingt es auch diesen nicht, die Brüche, Lücken und Inkonsequenzen im Verhalten der Figuren auszufüllen.

    Das Milieu, in dem „Der Mond und andere Liebhaber“ spielt, ist das der kleinen Leute. Genauer gesagt: das der kleinen Leute in Ostdeutschland. Und so wird – wie auch in „Du bist nicht allein“ – auf ein bisschen Sozialrealismus freilich nicht verzichtet. Der bleibt aber neben der gefühlsintensiven Geschichte recht marginal und manifestiert sich vor allem in der enttäuschten Aufbruchstimmung der Protagonistin, die immer wieder ihre Jobs und Männer verliert und von vorne anfangen muss.

    Insgesamt kann festgehalten werden, dass Bernd Böhlichs zweiter Film im Grunde an denselben Problemen leidet wie sein erster: Die Darsteller sind der Inszenierung der Geschichte haushoch überlegen und die filmischen Mittel und Metaphern oft zu plump eingesetzt. Waren die zentralen Themen in „Du bist nicht allein“ vor allem Einsamkeit und Arbeitslosigkeit, ist es in „Der Mond und andere Liebhaber“ die Suche nach dem Sinn des Lebens und damit verbunden die nach wahrer Liebe. Es fällt schnell auf, dass die Wahl der Themen in den beiden bisherigen Kinofilmen von Bernd Böhlich nicht die originellste ist. Und da auch die Inszenierung nur teilweise überzeugen kann, ist der Gesamteindruck der bisherigen Kinoarbeiten Böhlichs nur durchschnittlich. Trotzdem ist „Der Mond und andere Liebhaber“ kein völliger Reinfall: Vor allem wegen Katharina Thalbach und den anderen begabten Schauspielern lohnt ein Blick in diesen kleinen, rührenden Film, der sicherlich nicht zu tiefen Reflexionen anregt, aber auch nicht ärgerlich wird.

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