Zwei Kinoveteranen, deren Zusammentreffen in den 80er und 90er Jahren ein absolutes Highlight gewesen wäre, ein routinierter Thriller-Handwerker auf dem Regiestuhl und Rapper 50 Cent in einer Nebenrolle – nein, die Rede ist nicht von den Legenden Robert De Niro und Al Pacino in Jon Avnets „Kurzer Prozess - Righteous Kill“, aber dieselbe Formel lässt sich auch auf „Escape Plan“ anwenden. Statt der Mafia-Veteranen sind hier allerdings die Action-Haudegen Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger auf der Leinwand vereint, mit Mikael Hafstrom („Entgleist“, „Zimmer 1408“) hat ebenfalls ein erprobter Fachmann die Regie übernommen und dem guten 50 Cent ist es wieder irgendwie gelungen, sich in die Besetzung zu schmuggeln. Und das sind nicht die einzigen Gemeinsamkeiten zwischen dem Gefängnisausbruchs-Thriller und der Pacino-De Niro-Selbstjustiz-Paarung: Auch die Drehbücher der beiden Filme bestehen aus ähnlich unausgegoren-altmodischen Genrekino-Versatzstücken, die nur dazu dienen, die jeweiligen beiden Heroen immer wieder ins rechte Licht zu rücken. Und so haben Stallone und Schwarzenegger bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt in gleichberechtigten Hauptrollen zwar gute Momente - vor allem der gebürtige Österreicher darf dem Affen mal wieder so richtig Zucker geben - , doch die trösten nur phasenweise über den spannungsarmen und weitgehend einfallslosen Rest hinweg.
Ex-Staatsanwalt Ray Breslin (Sylvester Stallone) hat als Sicherheitsexperte einen ungewöhnlichen Job: Unterstützt von seinem Team um den Ex-Knacki und Technik-Nerd Hush (50 Cent) sowie die schöne Abigail (Amy Ryan) bricht er planmäßig aus Gefängnissen aus, um so deren Sicherheitsdefizite offenzulegen. Doch sein neuester Auftrag ist anders: Die junge CIA-Agentin Jessica Miller (Caitriona Balfe) heuert ihn an, ein streng geheimes High-Tech-Gefängnis, genannt „Das Grab“, auf Herz und Nieren zu prüfen. Dort schicken die Regierungen der Welt ohne jeden Prozess die Leute hin, die für immer verschwinden sollen. Trotz der Bedenken seines Teams ist Breslins Ehrgeiz geweckt und sein schmieriger Geschäftspartner Lester Clark (Vincent D'Onofrio) hat ob des Fünf-Millionen-Dollar-Salärs ohnehin schon so gut wie zugesagt. Als der sadistische Wärter Drake (Vinnie Jones) einen der anderen Häftlinge ermordet, wird Breslin klar, dass ihm eine Falle gestellt wurde und man ihn verschwinden lassen will. Beim Bau des „Grabs“ sind scheinbar alle Vorschläge berücksichtigt worden, die er selbst je gemacht hat, um ein Gefängnis hundertprozentig ausbruchsicher zu machen. Gemeinsam mit dem undurchsichtigen Mitgefangenen Emil Rottmayer (Arnold Schwarzenegger), der ihm überraschend seine Hilfe anbietet, muss Breslin das Unmögliche wagen: eine Lücke in seinem perfekten System finden, ausbrechen und diejenigen, die ihn übers Ohr gehauen haben, zur Rechenschaft ziehen.
„Escape Plan“ ist einer jener Filme, bei denen man gar nicht erst anfangen sollte, auf Logik zu achten. So ist es natürlich völlig absurd und inkonsequent, wenn den im „Grab“ festgehaltenen und vollkommen entrechteten Insassen, die sonst in ihren vollständig einsehbaren Glaszellen unter ständiger Beobachtung stehen und auch gerne mal gefoltert werden, tagsüber erlaubt wird, munter durchs Gefängnis zu spazieren und sich mit Häftlingen aus anderen Blocks zu treffen, wodurch man ihnen erst ermöglicht, Ausbruchspläne zu schmieden. Das ist nur eine der eklatantesten unter den zahlreichen Ungereimtheiten einer hanebüchenen Handlung, damit steht „Escape Plan“ aber zugleich auch in der Tradition des 80er-Jahre-Actionkinos, wo es durchaus mal dazugehört, dass es einem Dutzend Schwerbewaffneter mit Maschinengewehren nicht gelingt, das sprichwörtliche Scheunentor zu treffen, aber in der nächsten Sekunde mit einem einzigen Pistolenschuss aus der Hüfte ein weit entferntes Seil durchtrennt wird – so ist es hier zu sehen. Noch störender als diese genreimmanente Willkür ist aber neben dem geradezu systematischen Unterlaufen jeglicher Spannung die penetrante Überdeutlichkeit des Drehbuchs von Miles Chapman (Internetserie „Cybergeddon“) und Jason Keller („Machine Gun Preacher“). Bezeichnend dafür ist der von Sam Neill („Jurassic Park“) gespielte Gefängnisarzt, der sich erst noch einmal zur Vergewisserung den hippokratischen Eid durchliest, als Stallones Breslin an seine (Berufs-)Ehre appelliert.
Es ist offensichtlich, dass hinter „Escape Plan“ irgendwann mal die Idee stand, nicht nur die Stars in Szene zu setzen, sondern einen wendungsreichen Thriller zu produzieren. Die ist im Laufe der wechselhaften Produktionsgeschichte des Projekts, bei dem zunächst Bruce Willis unter der Regie von Antoine Fuqua („Training Day“) die Hauptrolle spielen sollte, allerdings weitgehend auf der Strecke geblieben. Im fertigen Film wird der Zuschauer zwar immer wieder mit Andeutungen möglicher Wendungen geködert, aber die werden sogleich wieder beiseite gewischt. Gleich zwei Mal wird so der überflüssige Kniff wiederholt, dass ein Häftling bei Gefängnisleiter Hobbes (Jim Caviezel) vorstellig wird, um Breslin & Co. zu verpetzen – bevor daraus jedoch so etwas wie Spannung entstehen kann, wird schon enthüllt, dass der angebliche Verrat zum Ausbruchsplan gehört. Was den Aufbau von Suspense und dramatischer Intensität angeht, hätten sich die Macher etwas von der ersten Staffel der Serie „Prison Break“ abschauen können, wo auch innerhalb von Einzelfolgen mit immer neuen Wendungen und Komplikationen die Spannung bei einem Gefängnisausbruch meisterhaft auf die Spitze getrieben wurde. Auch wenn Breslin und Rottmeyer in „Escape Plan“ zwei Anläufe benötigen, hat man doch nie das Gefühl, dass irgendetwas schief gehen könnte – zumal der ach so geniale Plan am Ende hauptsächlich aus dem altbewährten Muster „Aufstand verursachen, im Gewimmel an eine Waffe kommen und Weg frei ballern“ besteht.
Es bleiben die Darsteller und die sind natürlich der Grund, „Escape Plan“ zu schauen. Nachdem sie in „The Expendables“ eine Mini-Szene zusammen hatten und in der Fortsetzung „The Expendables 2“ immerhin mal kurzzeitig Seite an Seite kämpften, ist „Escape Plan“ nun das erste echte Leinwand-Aufeinandertreffen der Giganten Schwarzenegger und Stallone. Und das wird selbstverständlich gebührend zelebriert und stilisiert - inklusive kleinerer Anspielungen an „Rocky“, „Rambo“ und den „Terminator“. Mikael Hafstroms Inszenierung ist immer einem Ziel untergeordnet: diese beiden Stars ins rechte Licht zu rücken. Schon in den ersten Auftritten wird ihr Status als Action-Ikonen mit dem dicken Regie-Pinsel unterstrichen, auch danach haben Licht- und Bildgestaltung immer wieder etwas von Heldenverehrung. Während Stallone vor allem die coole Socke mit dunkler, traumatischer Vergangenheit mimt, genießt es Schwarzenegger, den undurchsichtigen Deutschen zu verkörpern, der scheinbar nur im Gefängnis sitzt, weil er den Aufenthaltsort eines gewissen Mannheim (wie die deutsche Stadt) kennt, der als moderner Robin Hood die Nutznießer des kapitalistischen Systems bedroht (dieser Hauch von Gesellschaftskritik wirkt wie die vagen Guantanamo-Bezüge ziemlich aufgesetzt).
Es werden zwar beide Superstars immer wieder vorteilhaft in Szene gesetzt, aber den nachhaltigeren Eindruck hinterlässt Ex-Governator Arnold Schwarzenegger, denn er sorgt für eine echte Überraschung und trumpft in einer Szene, in der seine Figur Emil Rottmayer in Isolationshaft sitzend durchdrehen und so ein Ablenkungsmanöver starten soll, denkwürdig auf. Schwarzenegger nutzt die Gelegenheit zu einer wahrscheinlich improvisierten Performance der Extraklasse – eine überaus eindrucksvolle Kombination zwischen derben Flüchen und innigen Gebeten: Ohne Punkt und Komma faselt er auf Deutsch(!) wirres Zeug, rezitiert zwischendrin das „Vater Unser“, beschimpft Hobbes als den „Teufel“, grimassiert und gestikuliert als gäbe es kein Morgen. Schauspielerisch hat man den sonst meist so stoischen „Terminator“ aus der Steiermark noch nie so entfesselt gesehen - im Abspann wird nicht ganz zufällig für Schwarzenegger ein „Drama Coach“ gelistet: Der Lehrer hat ganze Arbeit geleistet.
Fazit: Das erste große Aufeinandertreffen der Action-Heroen Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger ist ganz wie einst das erste große Aufeinandertreffen von Robert De Niro und Al Pacino (die zuvor in „Heat“ ja nur kurze gemeinsame Szene hatten): enttäuschend!