Im Jahr 2000 feierte Michael Douglas seine bis dato letzten großen Erfolge. Der Superstar der Achtziger- und Neunzigerjahre glänzte in Steven Soderberghs oscarprämiertem Drogen-Drama Traffic und schuf mit dem kiffenden Professor Grady Trip aus Curtis Hansons wundervollem Wonder Boys eine Kultfigur. Seitdem trudelt Douglas‘ Karriere langsam aus, ohne dass er übermenschliche Anstrengungen unternehmen würde, dies zu verhindern. In dieses Schema passt auch Peter Hyams‘ mäßiger Thriller „Gegen jeden Zweifel“, der in den USA völlig unterging. In dem Remake des Fritz-Lang-Films „Jenseits allen Zweifels“ (1956) begnügt sich Douglas mit einer Nebenrolle und einer Standardperformance, die nicht den Anschein erweckt, dass der zweifache Oscarpreisträger (bester Hauptdarsteller für Wall Street, Produzent von Einer flog über’s Kuckucksnest) noch von übermäßigem Ehrgeiz getrieben ist.
Bezirksstaatsanwalt Mark Hunter (Michael Douglas) ist nur nicht ein alter Hase, sondern auch ein Fuchs, wenn es darum geht, seine Verurteilungsrate hoch zu halten. 70 des Mordes Beschuldigte hat er in Folge hinter Gitter gebracht. Diese feine Bilanz macht ihn zum aussichtsreichsten Kandidaten auf den Posten des Gouverneurs. Nur der ehrgeizige TV-Lokalreporter C.J. Nicholas (Jesse Metcalfe) vermutet, dass der Staatsdiener mit gezinkten Karten spielt. Er beißt sich in einem Mordfall fest und ist nicht nur davon überzeugt, dass Hunter den falschen Mann anklagt, sondern er auch noch Beweise manipuliert, um seine Traumquote zu halten. Als die Karriere des Reporters den Bach runter zu gehen droht, setzt er alles auf eine Karte und greift gemeinsam mit seinem Partner Corey Finley (Joel Moore) zu drastischen Maßnahmen. Die beiden fingieren Beweise, die C.J. als Hauptverdächtigen eines Mordfalles erscheinen lassen. Die Fälschungsaktion dokumentieren sie per Videokamera, um Hunter vor Gericht bloß zu stellen…
Hanebüchene Filmprämissen sind in Hollywood nichts Ungewöhnliches. Das war selbst im Original von Fritz Lang nicht viel anders, doch der Meisterregisseur (Metropolis) nutzte sein nicht immer glaubwürdiges Setting zumindest für einen stimmigen Film Noir. Peter Hyams (2010 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnahmen, Unternehmen Capricorn, Das Relikt) ist allerdings kein Regiekünstler, sondern in erster Linie ein Handwerker. So ist sein Film visuell auch durchweg solide inszeniert. Hyams agiert dabei mal wieder als sein eigener Kameramann und kreiert einige hübsch-atmosphärische Bilder, die mit ihren extremen Schattenspielen als Hommage an den Film Noir durchgehen.
Dagegen köchelt die Spannung nur auf kleiner Flamme. Der Film hält zwar eine harte Wendung bereit, diese kommt aber zu spät, um noch eine großartige Reaktion hervorzurufen. Bis zum Finale schreitet die Handlung nach Schema F voran, ohne nachhaltig zu langweilen oder den Zuschauer an die Kinositze zu fesseln - zu vorhersehbar sind die kleinen eingebauten Fallstricke. In diese vorhersehbare Handlung mischt sich zuweilen ein Schuss unfreiwillige Komik, wenn der übereifrige Lokalreporter C.J. auf Pulitzer-Preis-Jagd geschickt wird oder ihn seine neue Freundin Ella (Amber Tamblyn) nach dem Genuss seiner trashigen TV-Dokumentation als „großartigen Journalisten“ adelt.
Michael Douglas (Basic Instinct, Black Rain, Falling Down) reißt sich kein Bein aus, stattdessen versteht er sich mehr als Veredler, der seinen großen Namen für die Besetzungsliste hergibt und ansonsten die anwaltüblichen Prädikate „aalglatt“, „fies“ und „berechnend“ ausschmückt. Durch seine naturgegebene Präsenz steuert Douglas auf diese Weise immerhin ein Stück solides Schauspiel bei, ohne dabei aber auch nur im Ansatz zu glänzen. Dazu ist seine Leinwandzeit auch zu begrenzt, die eigentliche Hauptrolle spielt schließlich Jesse Metcalfe (Rache ist sexy, The Tortured), der mit der Bürde des Sympathieträgers so seine Probleme hat. Er tut sich schwer damit, glaubhaft zu begründen, warum sich ein Reporter - und sei er noch so besessen von seiner Arbeit - freiwillig für den elektrischen Stuhl in Position schiebt. Der Knackpunkt: Selbst wenn es solche Getriebenen tatsächlich gibt, haben diese ein anderes Format als dieser Schmalspur-Woodward.
Fazit: Peter Hyams‘ Fritz-Lang-Remake „Gegen jeden Zweifel“ ist prädestiniert für den direkten Gang in die Videotheken. Der Umweg über eine Kinoauswertung ist trotz des klangvollen Namens Michael Douglas überflüssig. Auch ein Star macht aus einem mäßigen Thriller eben noch lange keinen Hochspannungsreißer. Selbst wenn Douglas‘ plant, seinen schauspielerischen Karriereabend in weiteren mittelmäßigen Produktionen abzusitzen, gibt es für seine Fans doch noch ein Fünkchen Hoffnung: Für Oliver Stone schlüpft er 2010 als Gordon Gekko in Wall Street 2 noch einmal in die Rolle seines Lebens…