Mein Konto
    Die Wilden Kerle 5
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Die Wilden Kerle 5
    Von Carsten Baumgardt

    „Es ist cool, es ist toll, es ist fett und es ist wundervoll! Es ist geil, ein Wilder Kerl zu sein.“ Soweit die „Bananafishbones“ mit einer prägenden Zeile aus dem Titelsong zur „Wilden Kerle“-Reihe. Und da es für die Zielgruppe der Jungs zwischen fünf und neun bzw. Mädchen zwischen neun und 14 Jahren (Zitat: Produzentin Ewa Karlström) so geil ist, die Abenteuer der „Wilden Kerle“ zu verfolgen, schaffte Regisseur, Autor und Schöpfer Joachim Masannek das seltene Kunststück, die Besucherzahlen von Teil zu Teil kontinuierlich zu steigern – von knapp einer Million (Teil 1) bis zu 2,4 Millionen (Teil 4). Das ist schon irgendwo geil – zumindest aus buchhalterischer Sicht. Mit „Die Wilden Kerle 5 – Hinter dem Horizont“ ist nun das Ende der Fahnenstange erreicht, es soll der letzte „Kerle“-Film sein – obwohl sich die Schaffenden ein Hintertürchen offen lassen. Qualitativ hält auch „DWK5“ den Standard, das kind- bis jugendliche Publikum jubiliert, die begleitenden Erwachsenen wenden sich mit Grausen ab und fragen irritiert, wo eigentlich die Welt der „Goonies“, „Stand By Me“s und „Fünf Freunde“ hin verschwunden ist.

    Die Silberlichten sind besiegt, eigentlich ein Grund für die Wilden Kerle zu feiern, doch dann verschwindet Leon (Jimi Blue Ochsenknecht) plötzlich spurlos im Wald von der Bildfläche. Raban (Raban Bieling) und Joschka (Kevin Iannotta) sind felsenfest davon überzeugt, dass die Vampire dahinter stecken, was ihnen aber keiner der Gang so recht glauben will. Vanessa (Sarah Kim Gries) ist verzweifelt, schwor ihr doch Leon in der Nacht vor seinem Verschwinden die ewige Treue. Nach zehnmonatiger Suche gelangen die Wilden Kerle hinter den Horizont – ins Reich der Schattensucher, wie sich die Vampire, die tatsächlich existieren, nennen. Den Warnungen des Steinmannes (Philip Gaube) zum Trotz treten die Kerle in die Welt der Schattenwesen ein, um Leon zu retten. Deren Anführer Darkside (Marvin Unger), Gespielin Blossom (Paula Schramm) und Co. fordern sie zu einem 3D-Fußballmatch heraus. Gewinnen die Kerle, geben die Schattensucher Leon frei, bei einer Niederlage müssen sie über Nacht bleiben – die Folgen sind abzusehen…

    Die Erfolgsstory der „Wilden Kerle“ ist schon beachtlich. Von den Fans durch zahlreiches Erscheinen vor den Leinwänden immer wieder von Sequel zu Sequel getrieben (welcher Filmemacher/Verleih verzichtet schon freiwillig auf solch eine großartige Cash-Cow?), vollzog die Reihe auch inhaltlich eine stete Wandlung. Doch nun erreichen einige ein kritisches Alter, was nicht nur dazu führt, dass das Ende eingeläutet ist, sondern sich bereits Fanliebling Wilson Gonzalez Ochsenknecht verabschiedet hat und Bruder Jimi Blue Ochsenknecht lediglich in einem besseren Cameo zu Beginn und Ende kurz zu sehen ist. Vom einstigen Kinder-Abenteuer wagten Joachim Masannek und seine Produzenten Andreas Ulmke-Smeaton und Ewa Karlström in Die Wilden Kerle 4 den Sprung zum Jugendfilm und etablierten zudem Fantasy-Elemente in die Geschichte. Der Charme des Erstlings war freilich dahin, aber auch die Materialschlacht, in der Fußball, das ursprüngliche Thema, eine immer kleinere Rolle spielte, traf den Nerv der jungen Besucher.

    Mit den Vampiren, die in dem Muff einer alten Lagerhalle (gedreht im Weltkulturerbe der saarländischen Völklinger Hütte) residieren, geht die Reise nun endgültig Richtung Fantasy. „Die Wilden Kerle 5“ mutiert, im Jugendfilmformat, zu einer Mixtur aus Mad Max, Rollerball, Shaolin Kickers und „Manni, der Libero“. Masannek bedient sich noch weiter großzügig in der Filmgeschichte, von Interview mit einem Vampir (Kinder als Vampire) über „The Lost Boys“ (Jugendliche als Blutsauger) bis hin zu „Star Wars“ (Torwart Markus‘ blindes Jedi-Ballhalten; der versteinerte Han Solo Leon; der kapuzenverschleierte Steinmann, der wirkt, als sei er frisch aus Luke Skywalkers Heimatplaneten Tatooine eingeflogen). Die Kostümierungen der Kerle (und Kerlinnen) werden immer grotesker und erreichen den Charme einer Mini-Playback-Show-Mutation. Die Vampire legen da im Vergleich zu den Kerlen noch einen Zacken zu, Oberbeißer Darkside sieht aus, wie der Enkel von Alice Cooper und unterhält dazu passend auch mit bühnenreifem E-Gitarrenspiel die Gäste. Diese seltsamen Verkleidungen der Protagonisten können zumindest außerhalb der närrischen Zeit einen gewissen Grad an unfreiwilliger Komik nicht verbergen.

    Dramaturgisch hat „Die Wilden Kerle 5“ wenig Originelles zu bieten. Was sich besonders negativ bemerkbar macht, ist die Konzentration auf lediglich zwei Schauplätze. Abwechslung: Fehlanzeige. Nach dem Prolog im Wald, den die Kerle mit ihren knatternden Motorrädern durchreiten, geht’s auch schnell mal hinter den Horizont. Und innerhalb eines Halbsatzes sind zehn Monate vergangen (wer den verpasst, hat ein akutes Orientierungsproblem) und die Endstation Vorhölle ist erreicht. Da das lichtscheue Vampirgesindel das Tageslicht gern meidet, bekommt der Zuschauer davon auch nicht mehr besonders viel zu sehen. Allgemein ist der Ton ernster geworden, die Stimmung düsterer.

    Nach zaghaftem Annähern im Vorgänger darf jetzt geküsst werden, was das Zeug hält – das Thema erste große Liebe rückt sowieso ins Zentrum der Handlung. Die Fantasy-Fußballszenen sind rasant und fantasievoll inszeniert – das eindeutig Beste an „Die Wilden Kerle 5“. Ein positiver Nebeneffekt: In diesen Sequenzen sind keine außergewöhnlichen schauspielerischen Fähigkeiten verlangt. Die Dialoge umgibt trotz stattlichem Setting immer ein Hauch von Aula-Schulaufführung. Szenenaufbau: Es wird nie unhöflich durcheinander geredet, jeder sagt seinen Satz. Kurze dichterische Pause. Dann wird weiter ausgeführt oder der nächste ist an der Reihe. Das wirkt hochgradig hölzern und steif. Der Humor spielt diesmal nur eine kleine Nebenrolle und definiert sich vor allem über die jüngeren Charaktere Nerv (Nick Romeo Reimann) und Klette (Janina Fautz) sowie die beiden Mini-Vampire mit den originellen Namen Jeckyl (Sandro Iannotta) und Hyde (Bruno Schubert).

    Fazit: Alles wie gehabt bei den „Wilden Kerlen“. Die lieben Kleinen werden begeistert sein, das erwachsene Volk, so denn es in den Genuss des Films kommt, wird sich fragen, wo denn die gute alte Zeit hin ist. Aber auch dieses Genre unterliegt dem Zeitgeist. Während ein klassischer Kinderfilm wie Der Schatz der weißen Falken an der Kinokasse untergeht und selbst Die drei ??? in der Neuzeit angekommen sind, wird einem schon etwas mulmig ums Herz, wenn „Die Wilden Kerle“ als Trendsetter für den deutschen Markt herhalten. Aber was soll’s. Heutzutage ist es halt geil, ein Wilder Kerl zu sein… So einfach ist das. Und bereits seit Udo Lindenberg wissen wir schließlich: „Hinter dem Horizont geht’s weiter.“ Vielleicht auch für die Wilden Kerle…

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top