„Bloody Reunion“, so der internationale Titel des südkoreanischen Horrorfilms „Seuseung-ui eunhye“, ist eine Anspielung auf James Clavells Lehrerfilmklassiker gleichen Namens aus dem Jahre 1967. In diesem spielte Sidney Poitier einen farbigen Lehrer, der sich in einer Londoner Schule den Respekt seiner undisziplinierten weißen Schüler verdienen muss. 1996 wurde die Geschichte unter der Regie von Peter Bogdanovich wieder mit Sidney Poitier in der Hauptrolle fürs Fernsehen fortgesetzt. Auch die koreanische 2006er Version könnte man nun durchaus in das Genre der Vorgänger einteilen und als Lehrerfilm bezeichnen, nur ist diese Slashervariante weitaus weniger klassisch als blutig. Aus einem gemütlichen Klassentreffen wird ein von Regisseur Dae-wung Lim durchgehend spannend und atmosphärisch stimmig in Szene gesetztes Wochenende des Terrors. Und soviel sei verraten, „Bloody Reunion“ hält, was der Titel von Kevin Williamsons Teenie-Thriller „Tötet Mrs. Tingle“ einst versprach!
Ein scheinbar ganz normales Klassentreffen. Eine kleine Gruppe ehemaliger Schüler besucht ihre damalige Grundschullehrerin Mrs. Park (Mi-hee Oh), die nun im Sterben liegt und seit dem Selbstmord ihres Mannes an den Rollstuhl gefesselt ist. Die früher immer „Superpig“ genannte Sun-hee (Ji-hyeon Lee) hat sich mittlerweile zu einer echten Schönheit gemausert, der ehemalige Athlet Dal-bong (Hyo-jun Park) hat sich hingegen am Bein verletzt, ist deshalb auch ganz schön rundlich geworden. Nam Se-ho (Hyeon-Soo Yeo)) und Eun-young (Seol-ah Yu) haben zwischenzeitlich geheiratet und der kleine Myung-ho (Dong-kyu Lee) hat es sogar bis zum Rockstar gebracht. Sie alle sind gekommen, um ein gemütliches Wochenende voll schöner Erinnerungen zu verbringen. Doch langsam wird die Stimmung immer gereizter, offensichtlich war Mrs. Park gar nicht die liebe, gutmütige Lehrerin, vielmehr hat sie ihre Schüler missbraucht und gedemütigt. Immer mehr Hass kommt in den Gästen hoch, doch bevor sie ihre Rachegelüste ausleben können, taucht plötzlich ein mit einem selbstgebastelten Hasengesicht maskierter Killer auf, welcher die Ex-Schüler in den düsteren Keller verschleppt, wo er sie auf perfide Weise zu Tode foltert...
Schon in einer der ersten Szenen des Films sieht man die Folgen des tödlichen Klassentreffens. Der ermittelnde Detective (Eung-su Kim) betritt das blutverschmierte Kellergewölbe, in dem die brutal zugerichteten Leichen der Opfer angerichtet sind. Nur Mrs. Park und die gutherzige Nam Mi-ja (Yeong-hie Seo), die ihre Lehrerin im letzten Jahr gepflegt hat, haben das Massaker überlebt. Die Geschichte des grausamen Wochenendes wird so aus der Sicht von Mi-ja als Rückblende erzählt. Da man bei Slashermovies ja sowieso immer von Anfang an weiß, wer überlebt, tut diese Dramaturgie der Spannung allerdings keinesfalls einen Abbruch, sondern hält diese im Gegenteil auch in den ruhigeren Sequenzen zu Beginn schon überraschend hoch, weil man als Zuschauer bereits weiß, welch perfide Vorkommnisse das Treffen noch heimsuchen werden. Sowieso sind diese ersten Szenen, in denen immer mehr ungemütliche und verstörende Andeutungen in die ansonsten so angestrengt harmonisch verlaufenden Gespräche zwischen der Lehrerin und ihren Zöglingen hereinbrechen, die klar stärksten des Films. Spätestens seit Stephen King dürfte klar sein, dass Horror immer dann eine besonders starke Wirkung entfaltet, wenn er aus dem Normalen, dem Alltäglichen entspringt. Eine These, die auch die erste Dreiviertelstunde von „Bloody Reunion“ einmal mehr eindrucksvoll untermauert.
Dann macht der subtile Horror Platz für blutiges Slasherkino. Dabei sind die Slasherszenen mehr an das klassische Kino der 70er Jahre als an das Genrerevival Ende der 90er angelehnt. Es gibt kaum längere „Verfolgungsjagden“, vielmehr wird den Opfern kurz und bündig der Garaus gemacht. Dafür lässt sich „Bloody Reunion“ allerdings in Bezug auf die Todesarten erheblich mehr einfallen, statt eine Messerattacke an die nächste zu reihen, wird einer der Todeskandidaten beispielsweise dazu gezwungen, Teppichmesserklingen zu schlucken - gar nicht nett. Neben der ordentlich inszenierten „10 kleine Negerlein“-Dezimierung sorgt dabei vor allem die Tatsache für extra Spannung, dass die Schüler zwar in erster Linie Opfer des Killers sind, zugleich aber auch selbst ihrer ehemaligen Lehrerin etwas antun wollen, wobei auch diese nicht ganz so unschuldig ist, wie sie mit ihren von der schweren Krankheit geschwächten Augen immer dreinschaut. Durch dieses Auslöschen von klaren Opfer/Täter-Rollen gewinnt der Film dem Genre doch einige neue Nuancen ab. Als einzige wirkliche Schwachstelle kann man sich so allenfalls die stark an einen amerikanischen Kultfilm aus dem Jahre 1995 erinnernde Auflösung auserkoren. Zwar ist die Idee an sich keinesfalls schlecht, und auch in die Umsetzung fließen zahlreiche klassische Themen des Horrorkinos (Menstruation, um nur eines zu nennen) stimmig mit ein, aber schlussendlich zieht sich diese dann wohl doch einen Tick zu lange hin.
Fazit: Dank stimmiger Atmosphäre, einem konstant hohen Spannungslevel und einer interessanten Erzählform flösst der südkoreanische Slasher dem an sich ausgelutschten Genre wieder ein wenig frisches Blut ein – sicherlich kein Meilenstein à la Scream, aber endlich mal wieder ein Slasher, mit dem man wirklich Spaß haben kann. Da kann dann auch die ein wenig zu sehr hingezogene Auflösung kaum mehr Schaden anrichten.