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    The Other Woman
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    The Other Woman
    Von Moritz Stock

    Um Natalie Portman kommt der geneigte Filmfreund in letzter Zeit kaum noch herum. Ohne falsche Scheu wandelte sie in den vergangenen Jahren fast schlafwandlerisch zwischen den Genres hin und her. Egal ob als langsam dem Wahn verfallende Ballerina in ihrer oscarprämierten Rolle in Darren Aronofskys „Black Swan", als emotional geschädigte Ärztin, die in „Freundschaft Plus" eine lockere Affäre mit Ashton Kutcher beginnt, oder als mutige Wissenschaftlerin auf Tuchfühlung mit Göttersohn „Thor" in Kenneth Branaghs gleichnamiger Comic-Verfilmung: Portman schien für jeden Spaß zu haben und drehte back-to-back Psycho-Thriller und romantische Komödien, als gäbe es kein Morgen mehr. Warum auch nicht? Alles kann - nichts muss. Wer legt sich schon gerne fest? Im Rahmen des anhaltenden Portman-Hypes findet nun, mit zweijähriger Verspätung, auch das Drama „The Other Woman" aus dem Jahr 2009 seinen Weg auf den deutschen Heimkinomarkt.

    Die junge Harvard-Absolventin Emilia (Natalie Portman) bekommt einen lukrativen Job in einer New Yorker Anwaltskanzlei. Dort verliebt sie sich sogleich in ihren Chef, den verheirateten Familienvater Jack (Scott Cohen). Die beiden beginnen eine Affäre und als Emilia schwanger wird, beschließt Jack, sich von seiner Frau Carolyne (Lisa Kudrow) samt gemeinsamen Sohn William (Charlie Tahan) zu trennen. Das junge Glück zwischen Emilia und Jack scheint trotz bösem Blut mit der Ex perfekt, bis eines Tages ihr Baby am plötzlichen Kindstod stirbt. Von Trauer geschüttelt, verfällt Emilia in Depressionen. Fortan liegen finstere Schatten über ihrer jungen Ehe. Ausgerechnet die langsam keimende Beziehung zu Jacks achtjährigem Sohn, dessen Familie sie einst auseinander riss, hilft ihr dabei, sich wieder dem Leben zu stellen...

    Einen Film über zerfallende Familien, Scheidungsproblematiken und den Verlust eines geliebten Kindes zu drehen, ist stets ein heikles Unterfangen. Gerade bei einer solch sensiblen Thematik ist es wichtig, die richtigen Töne zu treffen und ein gewisses Maß an Vielschichtigkeit und Ambivalenz in die Charakterzeichnung einfließen zu lassen. Wie man den riskanten Drahtseilakt meistern kann, zeigte John Cameron Mitchell vor Kurzem mit dem meisterlichen „Rabbit Hole", in dem es ihm gelang, exzessive Trauer abzubilden, ohne in eitlen Leidensposen zu schwelgen. Genau das will Regisseur und Drehbuchautor Don Roos jedoch viel zu selten gelingen. Oft wirkt sein vierter Spielfilm „The Other Woman" überfrachtet und gewollt. Immer wieder werden neue Problemfelder eröffnet, dann aber nicht konsequent zu Ende erzählt, so dass kaum eines der behandelten Themen wirklich Tiefe erreicht und der Zuschauer gleichzeitig permanent auf Distanz gehalten wird. Dass man nie wirklich einen Zugang zu den gezeigten Ereignissen findet, liegt auch daran, dass keine der Figuren wirklich sympathisch gezeichnet ist. Alle handeln aus vorwiegend selbstsüchtigen Motiven und sind gefangen in ihrer Egozentrik. Der Film besteht im Grunde ausschließlich aus Szenen, in denen entweder gestritten, gelitten oder geweint wird. Es regiert der Weltschmerz, der einen als Zuschauer aber völlig kalt lässt. Mitgefühl und Anteilnahme will sich hier beim besten Willen nicht einstellen.

    Am tragischsten ist aber, wie hier talentierte Darsteller im Dutzend verheizt werden. Natalie Portman kämpft tapfer gegen ihre schwach gezeichnete Figur an und vermag es als einzige, zumindest hin und wieder Emotionen beim Zuschauer zu wecken. Schlussendlich verliert aber auch sie den aussichtslosen Kampf gegen die Schwächen des Drehbuchs und der Inszenierung. Der Rest des Ensembles bekommt noch nicht einmal die Möglichkeiten, sich zu behaupten. Lisa Kudrow, bekannt als verschrobene Phoebe aus der Erfolgssitcom „Friends", kann aufgrund viel zu weniger Szenen nie wirklich unter Beweis stellen, ob sie auch im dramatischen Fach überzeugen kann. Weitere Darsteller wie Scott Cohen („Gilmore Girls") oder Lauren Ambrose („Six Feet Under") bleiben blass und nichtssagend. Jungdarsteller Charlie Tahan („I Am Legend") erleidet zudem das Schicksal, ein Kind spielen zu müssen, das weltfremder nicht sein könnte und dadurch größtenteils Irritation (und Aversion) seitens des Publikums hervorruft.

    „The Other Woman" ist einer von acht Filmen, an denen Portman innerhalb der vergangenen drei Jahre beteiligt war, und legt Zeugnis davon ab, dass auch die bezaubernde Israelin beizeiten danebengreifen kann. Im Haifischbecken Hollywood allerdings darf man sich nicht allzu viele Ausrutscher wie diesen oder die versemmelte Fantasy-Comedy „Your Highness" erlauben. Passenderweise begibt sich die junge Mutter nun in den Mutterschaftsurlaub und es bleibt zu hoffen, dass sie nach ihrer Rückkehr wieder vermehrt auf Qualität statt Quantität setzt.

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