In den vergangenen Jahren ging es der Menschheit eigentlich ganz gut. Mit Sachverstand, Geschick und ein bisschen Glück wurden alle Gefahren, die das Leben auf der Erde bedrohten, besiegt. Die Eiszeit wurde weggeschmolzen (The Day After Tomorrow), der Globus nach einem kurzfristigen Erdstillstand wieder in Schwung gebracht (Der Tag, an dem die Erde still stand) und der Angriff Außerirdischer ausgerechnet mit den erdeigenen Bakterien abgewehrt (Krieg der Welten). Aber eine Bedrohung ist für die Weltbevölkerung weiterhin akut: gigantische Insekten. Obwohl die Starship Troopers mit voller Feuerkraft vorgingen und die „Mimic“-Schaben bereits drei Mal mit allen Mitteln bekämpft wurden, wollen die Krabbelviecher keine Ruhe geben. Wenn aber alle Insektenplagen so unterhaltsam und charmant wie Kyle Rankins Horror-Komödie „Infestation“ sind, dürfen gerne noch ein paar ausgehungerte Ameisen, Bienen und Marienkäfer über die Menschheit herfallen.
Mühsam befreit sich Cooper (Christopher Marquette, Fanboys, Freddy Vs. Jason) aus einem klebrigen Kokon. Zeit zum Nachdenken darüber, wie er in diese missliche Lage geraten ist, bleibt ihm nicht – bereits wenige Sekunden später wird er von einem gigantischen Käfer angegriffen und kann dem Tod nur haarscharf von der Schippe springen. Mit einer Gruppe weiterer Überlebender macht sich der Taugenichts schließlich auf den Weg zum Bunker seines Vaters (Ray Wise, „Reaper“, „Twin Peaks“, Tödlicher Anruf). Auf ihrem beschwerlichen Fußmarsch müssen sie sich mit dem ein oder anderen weiteren überdimensionierten Insekt auseinandersetzen…
Munter kreuchen und fleuchen die Riesenungeziefer in „Infestation“ umher und machen den Protagonisten das Leben zur Hölle. Kyle Rankin, der Regisseur und Drehbuchautor, hingegen musste bei der Realisierung seiner Invasionsvision mit einem äußerst knapp bemessenen Budget kämpfen. Anscheinend wurde die gesamte Erde von Insekten überrannt – aus Kostengründen ist von der riesigen Armee aber kaum etwas zu sehen. Selbst als die verwegene Truppe im Finale das Nest der Invasoren infiltriert, stolpert sie nur selten über kampfbereite Käfer. Wann immer allerdings tatsächlich ein krabbelnder Widersacher über die Protagonisten herfällt, bestechen die einfallsreiche Optik und die B-Movie-Kreativität: Neben krabbelnden und fliegendem Ungeziefer lässt Rankin sogar Mensch-Insekt-Chimären von der Leine.
Als weitere Sparmaßnahme wurde der Drehort für „Infestation“ nach Bulgarien verlegt. Das ändert zwar nichts an dem offensiv auf trashig getrimmten Insektennest, doch durch die Außenaufnahmen, die im günstigen Südosteuropa möglich wurden, gewinnt der Film deutlich an Atmosphäre. Besonders effektiv ist Coopers erster Schritt aus seinem Bürogebäude: Der vor ihm liegende Straßenzug ist völlig vereinsamt. Kein Verkehr, nur herumstehende Autos. Kein Grashalm regt sich. Vereinzelt sind menschliche Körper zu erkennen, die von den Käfern eingesponnen wurden. Die namenlose Parkanlage in Sofia ist sicherlich kein menschenleerer Times Square (Vanilla Sky) und auch keine entvölkerte Tower Bridge (28 Days Later) – die Wirkung ist dennoch gespenstisch.
Rankin schert sich wie zu erwarten wenig um die Mechanismen des Spannungskinos, der Zuschauer soll in erster Linie Spaß mit der schleimigen Käferinvasion haben – und das funktioniert dank der augenzwinkernden Herangehensweise auch ziemlich gut. Cooper ist ein klassischer Loser, der auf herrlich platte Weise Sara (Brooke Nevin, „Ich werde immer wissen, was du letzten Sommer getan hast“) anbaggert, die Kämpfe mit den Insekten werden wunderbar überdreht inszeniert und gerade als dem Film nach der beschwerlichen Reise die Puste auszugehen droht, haucht Ray Wise dem Geschehen mit seiner schrägen Vaterfigur neuen Atem ein. Seine Mimik ist königlich, die Sprüche sitzen und wenn er entgeistert feststellen muss, dass seine geliebte Pudeldame sich in eine Käferchimäre verwandelt hat, ist der Spaß vorprogrammiert.
Abschließend könnte man an „Infestation“ mühelos den allzu geradlinigen Handlungsverlauf, die vereinzelten flachen Witze, die Effekte aus der Mottenkiste sowie die klischeebehafteten Charaktere bemängeln. Doch selbst hartgesottene Insectophobiker werden erkennen, dass Kyle Rankins Krabbelspaß für derartig harsche Kritik einfach viel zu sympathisch ist.