Als Margaret Thatcher 1979 zur ersten Premierministerin von Großbritannien und damit als erste Frau an die Spitze einer westlichen Industrienation gewählt wurde, befand sich das Land in einer tiefen Wirtschaftskrise. Thatcher steuerte dagegen, indem sie die staatliche Aufsicht über die Wirtschaft lockerte, Staatsbetriebe privatisierte und die Macht der britischen Gewerkschaften brach. So erwarb sie sich den Beinamen der „eisernen Lady" – auch weil sie ihr Land nach der Besetzung der britischen Falklandinseln durch das argentinische Militär 1982 in einen siegreichen Krieg führte – und entzweit die Briten bis heute. Bei der Linken als Totengräberin der Arbeiterbewegung verhasst, wird sie von der Rechten als Retterin der Nation verehrt. Da konnte es nicht ausbleiben, dass auch über die Verfilmung ihres Lebens ein heftiger Streit entbrannte. Wobei sich Phyllida Lloyd in ihrem biografischen Drama „Die Eiserne Lady" sichtlich um eine neutrale Haltung gegenüber Thatcher bemüht.
Auf ihrem Ruhesitz führt die ehemalige Premierministerin Margaret Thatcher (Meryl Streep) ein zurückgezogenes Leben. Sie ist durch Schlaganfälle geschwächt und zeigt Symptome einer beginnenden Altersdemenz. Immer wieder hält sie Zwiesprache mit ihrem toten Ehemann Denis Thatcher (Jim Broadbent), der ihre Versuche, sich den Verfall nicht anmerken zu lassen, liebevoll-sarkastisch kommentiert. Die Vergangenheit ist Margarets sicherer Hafen, und so erinnert sie sich an prägende Stationen ihres Lebens: das kleinbürgerliche Elternhaus, Liebe und Familie, der Marsch durch die männlichen Hierarchien der konservativen Partei und schließlich das zähe Ringen um die Macht.
„Die Eiserne Lady" ist nach „Mamma Mia!" die zweite Zusammenarbeit von Phyllida Lloyd und Meryl Streep. Auf den ersten Blick scheint die langjährige Theater-, Opern- und Musicalregisseurin eine seltsame Wahl für einen derart kontroversen Stoff zu sein. Spätestens Andrew Lloyd Webbers Musical „Evita" und dessen Verfilmung(Evita) durch Alan Parker haben jedoch gezeigt, dass schmissige Unterhaltung und politische Legendenbildung sehr gut zusammengehen. Gesungen wird im Hause Thatcher natürlich nicht, auch wenn das Hollywood-Musical „Der König und Ich" für Margaret eine besonders verlockende Brücke in die Jugend ist. Dafür erinnert die Art und Weise, in der das politische Tagesgeschehen als Informationsschnipsel oder schmückender Hintergrund in die Handlung eingefügt wird, durchaus an die leichte Muse. Leider fehlt der von Thomas Newman („American Beauty") komponierten Filmmusik dabei allzu oft die nötige Distanz zum Geschehen: Den Falkland-Krieg begleiten Fanfarenstöße aus der Mottenkiste des Patriotismus und die aufdringlich instrumentalisierte Musik zu einigen Familienszenen ist fast ebenso aufgeblasen.
Die politische Abstinenz des Films ist umso erstaunlicher, als die Drehbuchautorin Abi Morgan in ihren Fernseharbeiten „Sex Traffic" und „The Hour" deutlich Stellung bezieht. Gerade im Vergleich mit Stephen Frears‘ „Die Queen", in dem das Doppelleben von privater und öffentlicher Person sehr überzeugend thematisiert wird, schneidet „Die Eiserne Lady" deswegen enttäuschend ab. Trotzdem ist wahrlich nicht alles schlecht und einiges auch richtig gut. Insbesondere das Zusammenspiel von Meryl Streep und Jim Broadbent („Iris", „Moulin Rouge") bleibt dank des trockenen Humors des (eingebildeten) Gatten in bester Erinnerung. Das Herz des Films schlägt in der Beziehung der Eheleute. Da diese in der Gegenwart deutlich inniger erscheint als in manchen Rückblenden, sind Thatchers eindringlich gespielte Selbstgespräche wohl auch als eine Art Trauerarbeit über die an die Politik verlorenen Jahre zu verstehen. Ins Oscar-Rennen geht Streep jedenfalls mit guten Chancen, und auch ihre Maskenbildner Mark Coulier und J. Roy Helland dürfen sich Hoffnungen machen.
Fazit: Das Biopic über die einstige britische Premierministerin Margaret Thatcher wirkt etwas halbherzig und verzagt, erst die überragende Leistung von Meryl Streep in der Hauptrolle macht den Film sehenswert.