American History X ist keineswegs ein euphorisierender Film, bei dem man nach dem Anschauen mit seinen Freunden in Rage voller Glücksgefühle kommt und die Welt für immer mit anderen Augen sieht. Nein, es ist ein Film der einem die bittere und nackte Wahrheit über uns Menschen aufzeigt, wenn es um Konkurrenzkampf und Anerkennung in der Gesellschaft geht. Das Sinnbild dafür, oder der Komplex, der daraus entsteht heißt Abgrenzung und gegenseitige Diskriminierung angetrieben durch Missgunst und Hass.
Derek Vinyard ist ein in der Neonazi Szene stark engagierter Mann, der wegen dreifachen Mordes an Afroamerikaner im Gefängnis seine Strafe absitzen muss. Nach seiner Entlassung kehrt er urplötzlich der Neonaziszene den Rücken und versucht mit seiner Familie ein neues Leben anzufangen. Doch dies stellt sich als problematischer heraus als von Derek angenommen, denn sein Bruder Danny Vinyard hat sich während Dereks Gefängnisaufenthaltes selbst in der Neonaziszene eingegliedert und kann und möchte diese nicht wie Derek verlassen. Hinzukommt, dass die Szene an Mitglieder und Stärke gewonnen hat und Derek wegen der Morde als Vorbild und Sinnbild für die Gruppe geworden ist.
Die erste Szene des Filmes ist brutal, bitter und furchtlos schwarz und weiß. Sie wirkt wie die Abdankung des eigenen humanen Grundsatzes. Wohingegen die letzte Szene zunächst wie ein positiver Hoffnungsschimmer auf die ganze Gesellschaft zu übersetzen ist und doch mit dem letzten ruchlosen Akt des Charakters die Stimmung der allerersten Szene wieder einfängt.
So ist dieser Film erst einmal ein Kommentar zur rechtsextremen Szene in den Vereinten Staaten, der die Grausamkeit und bedingungslose Gewaltbereitschaft dieser Gruppe durch Akte der Gewaltverherrlichung und skrupelloser menschenunwürdiger Taten gegen die Minderheiten in den Vereinten Staaten zeigt, gegenübergestellt von dem plötzlichen Sinneswandel Dereks, der im Gefängnis einsieht, dass sein früheres Verhalten falsch war. Zum zweitem ergründet dieser Film die Motivation solcher Menschen, die sich Gruppen anschließen, um dann andere Personen auszumerzen und aus der Gesellschaft bewusst aggressiv entgegenzuwirken, damit das eigene Empfinden stets steril bleibt. So kann man aus dem Film entnehmen, dass vor allem Hass, hervorgerufen durch viele Aspekte, die treibende Kraft zu solch menschenunwürdigem Einstellungen und Taten ist und dieser einfach nur Ballast ist, der das Leben ungenießbar macht. Der Mord an Dereks Vater durch einen Afroamerikaner veranlasste ihn, sich der rechtsextremen Gruppe anzuschließen. Doch um diese Frage zu beantworten geht der Regisseur Tony Kaye sogar auf eine viel fundamentalere Ebene. Der Einfluss der Familie und die darin vermittelten Lebenseinstellungen - und Verhältnisse haben einen größeren und bedeutenden Einfluss.
Obwohl am Ende alle Probleme wie aufgelöst erscheinen und ein kleiner Hoffnungsschimmer, auch an den harmonisch wirkenden Farben erkennend, abzusehen ist, löst der Regisseur diese Illusion mit einem elektrisierenden Schuss auf. Alles bröckelt und brodelt und bricht ein und dem Zuschauer (ich eingeschlossen) stockt zunächst der Atem, gefolgt von Herz pochen und einem tiefsitzenden Schreck. Womit der Film zum Ende hin seinem Titel gerecht wird ,,American History X'':
X eine unbestimmte Variable, die zeigt, dass die fortwährenden Probleme innerhalb der amerikanischen Geschichte wie die des Rassenkonfliktes, ein permanentes wiederkehrendes Problem für unbestimmte Zeit bleiben werden. Und jede Gruppe, ob rechtsextrem oder Gangster Gruppe, hat doch eigentlich dasselbe im Sinne: sie kämpft um ihre Anerkennung und ihre Existenz.
Am Ende bleibt dann nur noch der Satz im Raum stehen: “Hass ist Ballast. Das Leben ist zu kurz dafür, dass man immer wütend ist. Das ist es einfach nicht wert”.
Ich muss schon sagen, dass dieser Film vor allem wegen seiner Thematik, aber auch wegen seiner wirklich ausgefeilten und interessanten Charakterzeichnung sowie Struktur, mich inspiriert und gefesselt hat.