„Ein Dichter in der Familie“ ist eine komplett unabhängige Produktion aus Deutschland. Er nennt sich eine „Hommage an Tana Schanzara“, eine im Ruhrgebiet sehr beliebte Schauspielerin. Alles dreht sich um die Erzählungen von Grete Krause (Tana Schanzara), die von ihrem Mann Hans handeln, den sie trotz aller Seltsamkeit sehr geliebt hat. Neun Jahre nach seinem Tod, an seinem „80. Geburtstag“ nimmt sich die „Essen auf Rädern“-Bedienstete Karin (Magdalena van den Hoven) einen kompletten Tag Zeit, um Gretes Geschichten zu lauschen. Sie drehen sich um das Kennenlernen, Dichterdasein, Ehe und später zunehmenden Problemen.
Karin und Grete fahren gemeinsam zum Friedhof, gehen Kaffee trinken in einem Lokal mit einschlafenden Großmüttern, fahren durch die Waschanlage, sitzen am Springbrunnen und Grete erinnert sich. Später gehen sie in Gretes und Hans' ehemalige Wohnung und kochen ihm zu Ehren sein Lieblingsessen. Zwischendurch ist Hans (Ernst Stötzner) in mit grauem Filter versetzten Sequenzen zu sehen. Nur eine Szene im letzten Drittel macht tatsächlich ersichtlich, dass Hans am Ende seines Lebens zeitweise verrückt geworden zu sein scheint.
Nun ist „Ein Dichter in der Familie“ kein Film, der nur Unterhalten will. Er will auf die prekäre Situation hinweisen, in der sich eine Ehefrau in solcher Lage befindet. Oder auf das Witwendasein, das aus Grete eine merkwürdige Persönlichkeit macht. Die Bilder dienen lediglich der Untermalung der Geschichten und treten klar in den Hintergrund. Die Anrufe auf Karins Handy von einer längst verflossenen Beziehung und ihrer Mutter, die sich ständig mit neuen Wünschen aufdrängt, führen aber bei der Betrachtung des Dramas dahin, was es offenbar sein soll: eine Alltagsgeschichte, aber gleichzeitig nichts Alltägliches. Es wird von einer Feier erzählt, die so bodenständig ist, dass alles authentisch wirkt. Genau das ist die große Stärke des Films. Lediglich die eingeschobenen Sequenzen mit Hans geben dem Ganzen manchmal einen leicht unheimlichen Beigeschmack. Tana Schanzara und Magdalena van den Hoven lassen in keiner Sekunde sichtbar werden, dass sie hinter einer Kamera stehen. Ihnen fällt die größte Aufgabe zu, nämlich den Film zum Leben zu erwecken mit Figuren, wie jeder ihnen täglich auf der Straße begegnet. Weitab von jeder Hollywood-Dramatik und Szenerie wandern sie ein Stück durch Deutschland und geben dem Zuschauer dabei das Gefühl als Unbeteiligter dabei zuzusehen.
Leider lässt der Film einige Dinge dennoch vermissen. Es wird zwar versucht, ein wenig Witz aufzubauen, wenn sich etwa Karin weigert mit Grete in das Cafe neben dem Friedhof zu gehen und Grete daraufhin einfach hineinrennt. Aber solches bleibt leider hinter seinen Möglichkeiten zurück. Zudem vermisst der Zuschauer vielleicht einfach ein bisschen mehr Suspense und am Ende ein wenig mehr Einblick darin, wie Hans wirklich war. Ob er verrückt war oder sich nur mal ab und zu sonderbar verhielt bleibt offen. Das Ende ist nicht genug mutig genug, um wirklich im Gedächtnis haften zu bleiben. Für eine deutsche Independent-Produktion haben Regisseur Johannes Klaus, Leiter des Studiengangs Schauspiel an der Bochumer Hochschule, und der Bochumer Journalisten und Schriftstellers Werner Streletz wirklich nette Arbeit hingelegt. Leider schafft das Drehbuch aber nur bedingt zu fesseln, es fehlt an Spannung oder eben mehr Witz. Die Musik von Klangraum schafft atmosphärische, instrumentale Untermalung und gleicht ab und an einiges aus, was an anderem fehlt. Ein wenig erinnert sie an Dead Man.