Trotz Kinderbuch-Klassikern wie „Die kleine Hexe“ und „Der kleine Wassermann“ ist das bekannteste und wohl auch beliebteste Buch von Kult-Autor Otfried Preußler noch immer „Der Räuber Hotzenplotz“. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis der bärtige Räuber nach seinem ersten Anlauf 1974 mit Gert Fröbe in der Rolle des titelgebenden Banditen erneut die Kinoleinwände erobern würde. Nun haben sich Sams in Gefahr-Produzent Ulrich Limmer, der auch das Drehbuch verfasste, und Regisseur Gernot Roll („Ballermann 6“) zusammengetan, um einer neuen Generation Kindern den Bösewicht Hotzenplotz, den gewitzten Kasperl, den gefährlichen Zauberer Petrosilius Zwackelmann und das Dackel-Krokodil Wasti näher zu bringen. Obwohl sie sich dabei fast sklavisch an Preußlers Vorlage halten, ist ihnen aber doch ein großer Teil der Spannung und Liebenswürdigkeit des Buchs bei der Übertragung auf die große Leinwand verloren gegangen.
Nachdem der Räuber Hotzenplotz (Armin Rhode, Die Bluthochzeit) der armen Großmutter (Christiane Hörbiger) ihre geliebte Kaffeemühle gestohlen hat, machen sich der Kasperl (Martin Stührk) und der Seppel (Manuel Steitz) auf, das Diebesgut zurückzuholen. Sie präparieren eine Kiste mit Sand und lassen sie sich absichtlich vom Räuber klauen, um so den Weg zu seinem geheimen Versteck herauszufinden. Doch Räuber Hotzenplotz ist nicht ganz so dumm, wie die beiden geglaubt haben und so gehen sie ihm in die Falle. Während Seppel fortan die Hausarbeit in der Räuberhöhle übernehmen muss, wird Kasperl an den bösen Zauberer Petrosilius Zwackelmann (Rufus Beck, Germanikus) verkauft, um auf seinem Schloss den ganzen Tag lang Kartoffeln zu schälen. Unterdessen versucht auch der leicht verwirrte Wachtmeister Dimpfelmoser (Piet Klocke, Die wilden Huehner) auf die Spur des Räuber Hotzenplotz zu kommen. Hilfe sucht er sich bei der Wahrsagerin Fräulein Schlotterbeck (Katharina Thalbach, Die Blechtrommel, Sonnenallee) und ihrem ausversehen in ein Krokodil verwandelten Spürhund Wasti…
Erfreulich an „Der Räuber Hotzenplotz“ ist zunächst einmal, dass aus ihm trotz der Besetzung mit dem Comedian Piet Klocke und der Society-Moderatorin Barbara Schöneberger keine Brachial-Comedy im Stile von Otto Waalkes 7 Zwerge - Maenner allein im Wald, sondern ein werkgetreuer, pädagogisch wertvoller Kinderfilm geworden ist. Um komplett kindgerecht zu sein, hätten nur die Äpfel nicht im Teich untergehen und Frau Schöneberger nicht “Helfe mir!" sagen dürfen. Die sehr biedere Inszenierung, die den Film für 3-8-jährige Kinder absolut geeignet macht, hat aber für ältere Kinder und Erwachsene den Nachteil, dass sie sich selbst wenn sie Fan der Vorlage sind, im Kino spätestens dann langweilen, wenn Räuber Hotzenplotz zum zehnten Mal einen Berg herunterrollt. Sowieso wurde in Sachen Humor insgesamt zuviel Wert auf Körperlichkeit gelegt, ein wenig mehr Wortwitz hätte wahrlich nicht geschadet.
Armin Rhode als Räuber Hotzenplotz, das klingt schon beim ersten Hören einfach richtig und stellt sich auch beim Film-Genuss schnell als das größte Plus heraus. Die Mischung aus gefährlichem Bösewicht und sympathischen Loser gelingt ihm scheinbar spielend. Auch die Besetzung der Kinderdarsteller ist durchaus gelungen. Der schon erfahrene Martin Stührk kann in der Rolle des Kasperl mit einer für einen 15-Jährigen schon sehr ausgereiften Leistung überzeugen und Kinodebütant Manuel Steitz verpasst seinem Seppel eine solche Menge unwiderstehlich frechen Charmes, so dass kleinere Schwächen beim Schauspiel kaum ins Gewicht fallen. Und selbst der sonst oft eher nervende Piet Klocke hält sich diesmal zumindest soweit zurück, dass er als verwirrter Wachtmeister Dimpfelmoser nie aus dem Hotzenplotz-Universum herausfällt. Dafür zeigen sich beim Kinderfilm erfahrenen Rufus Beck überraschend leichte Schwächen. Natürlich ist seine Darstellung des bösen Zauberers Zwackelmann nicht schlecht, wirkt aber ein wenig zu theatralisch und dadurch wenig fürchterlich. Ein Totalausfall ist hingegen Barbara Schöneberger als gute Fee Amaryllis. Obwohl sie immer selbstironisch in einen kleinen Handspiegel starrt, spielt sie so hölzern und aufgesetzt, dass sie in wirklich jeder ihrer Szenen peinlich auffällt.
Wie schon die Macher der verkorksten Cornelia-Funke-Verfilmung Herr der Diebe versuchen nun auch Produzent Limmer und Regisseur Roll mit ihrem „Der Räuber Hotzenplotz“ vom „Harry Potter“-Fantasy-Boom zu profitieren. So fügen sie an vielen Stellen, ohne die nötigen Mittel oder das Know-how dafür zu haben, unnötige Special-Effects ein, die dem Film einen Teil seiner Liebenswürdigkeit berauben. Dass aus der unsichtbaren Kraft, die Kasperl nicht aus dem Schloss des Zauberers fliehen lässt, ein magisches Händchen à la „Die Addams Family“ wurde, ist noch recht amüsant, aber das superbillig animierte Dackel-Krokodil Wasti erinnert eher an eine Super-RTL-Produktion als eine Kino-Klassiker-Verfilmung. So wird der Film endgültig für alle über acht nur schwer erträglich.