Die Mottenkiste ist für Hollywood, speziell in mittlerer und jüngerer Vergangenheit, ein steter Quell für potenzielle Blockbuster. Warum soll etwas, das Dekaden zuvor funktioniert hat, nicht noch einmal eine breite Masse vor die Leinwände locken? Schließlich ist die Hit-Trefferquote von Neuauflagen erstaunlich hoch. Nun ist „Mini-Max“ an der Reihe, jene legendäre Agenten-Satire von Mel Brooks und Buck Henry, die in den Sechzigerjahren als Serie Kultstatus erlangte. Die Zeit des Kalten Krieges ist mittlerweile längst vorüber, deswegen gibt sich Peter Segals „Get Smart“ vielmehr als Hommage denn als Remake der Sitcom. Die Kinoneuversion fällt als Persiflage erfreulich treffsicher und zotenarm aus.
Maxwell Smart (Steve Carell) ist der beste Analytiker von CONTROL. Die geheime US-Spionage-Organisation hat den Regierungsauftrag, das gefährliche Verbrechersyndikat KAOS davon abzuhalten, die Weltherrschaft zu übernehmen. Doch Smart strebt nach Höherem. Gern würde er an der Seite des Superagenten 23 (Dwayne „The Rock“ Johnson) die gefährlichsten Abenteuer erleben. Deshalb will er unbedingt zum Außenagenten befördert werden. Obwohl Smart die Prüfung mit Auszeichnung besteht, lässt ihn sein Chef (Alan Arkin) nicht gehen, weil er als Abhörspezialist im Innendienst einfach unersetzbar ist. Eine Notsituation mischt die Karten neu. Die Identitäten fast aller Agenten sind aufgeflogen, die Zeit von Maxwell Smart bricht an. Im Gespann mit Agent 99 (Anne Hathaway), die sich einer Gesichtsoperation unterzogen hat und somit KAOS ebenfalls nicht bekannt ist, heftet er sich als Agent 86 an die Fersen von Top-Terrorist Siegfried (Terence Stamp). Doch Smart ist eher Theoretiker denn Praktiker und hat deshalb so seine Probleme mit der aktiven Weltenrettung…
Die Sitcom „Mini Max: Oder die unglaublichen Abenteuer des Maxwell Smart“ (lief auch unter dem Titel „Supermax, der Meisterspion“; Original: „Get Smart“), die von 1965 bis 1970 produziert wurde, flimmerte fünf Staffeln und 138 Episoden lang über die Mattscheibe. Die Satire auf das Spionage-Genre traf den Nerv der Zeit, weshalb es in der Theorie als knifflige Aufgabe erscheint, das Erfolgskonzept in die Gegenwart zu übertragen. Doch Komödien-Spezialist Peter Segal (Die Wutprobe, 50 erste Dates, Spiel ohne Regeln, Die Nackte Kanone 33 1/3) hat alles weitgehend fest im Griff und trifft den richtigen Ton. Zwei Säulen des Erfolgs sind zu allererst die hervorragend aufgelegten Darsteller und an zweiter Stelle das launig-pfiffige Drehbuch von Tom J. Astle und Matt Ember, die als Duo auch schon für das Skript zu Zum Ausziehen verführt verantwortlich zeichneten.
Regisseur Segal entfernt sich bewusst von der Satire (= allgemeines Kassengift) und legt seinen „Get Smart“ stattdessen als Mischung aus Action-Komödie und Persiflage an. Das erhöht zwar den Schwierigkeitsgrad, einen guten Film zu machen, ist aber der sicherere Weg, um an den Kinokassen schwarze Zahlen zu schreiben. Obwohl die Vorlage eine komplette Neuausrichtung erfahren hat, sind neben den Grundfesten der Organisationen CONTROL und KAOS weitere prägnante Elemente der Serie erhalten geblieben - beispielsweise das legendäre Schuhtelefon, die vielen kleinen Erfindungen, die bei James Bonds Waffenmeister Q wohl eher als Fehlproduktionen in der Mülltonne gelandet wären, oder der Running Gag um Agent 13, der stets an den unmöglichsten Stellen zum Vorschein kommt. Letzterer Part wird mit einem aberwitzigen Cameo-Auftritt von Bill Murray (Lost In Translation, Broken Flowers) abgedeckt.
Die Einführung in die Welt von CONTROL und KAOS ist ausgesprochen stimmig, der Zuschauer bekommt sofort das richtige Gefühl für das Sujet. Frecher Wortwitz, der sich trotzdem ein gewisses Maß an Understatement bewahrt, wechselt sich mit slapstickartiger Situationskomik ab, ohne in allzu tiefe Gewässer des Klamauks abzutauchen. Die fäkal-obligatorische Toilettenszene findet sich zwar auch in „Get Smart“, fällt in diesem Fall, wenn sich Maxwell Smart in einem Flugzeug-WC mit den Tücken von Geheimdienst-Gimmicks herumschlägt, aber wirklich urkomisch aus.
Bei der Besetzung der Schlüsselfiguren hatten die Produzenten ein glückliches Händchen. Ursprünglich in den späten Neunzigerjahren für Jim Carrey konzipiert, führt Steve Carell (Jungfrau (40), männlich, sucht…, Little Miss Sunshine, Dan – Mitten im Leben) als Maxwell Smart nun den Cast von „Get Smart“ an. Der perfekt graumäusige „The Office“-Star ist die ideale Besetzung und kann sich so nach dem blamablen Rohrkrepierer Evan allmächtig wieder rehabilitieren. Vollblutkomiker Carell besitzt exakt das passende Gespür und die richtige Statur für diese Rolle zwischen Selbstbewusstsein und Tollpatschigkeit. Sein Co-Star Anne Hathaway hat die Zeiten von Plötzlich Prinzessin längst hinter sich gelassen und ist über Filme wie Brokeback Mountain und Der Teufel trägt Prada vom verhuschten Hässliche-Entlein-Teenie zu einer ernst zu nehmenden Leading Lady empor gestiegen. Ihre komischen Einlagen sitzen und die enge Agentenkluft sorgt außerdem für reichlich Sex-Appeal. Daneben überzeugt die Garde der Sidekicks: Der schrullige Masi Oka wiederholt als Vorzeige-Nerd zwar nur seinen „Heroes“-Hiro, ist aber trotzdem eine Bereicherung. Die Haudegen Alan Arkin (Little Miss Sunshine) und Terence Stamp (Wanted, Elektra) meistern den Drahtseilakt, zwischen Komik und Klamauk zu balancieren, ohne abzustürzen. Und Urgestein James Caan (Rollerball, Der Pate) gibt als US-Präsident eine herrlich dämliche George-Bush-Parodie. Selbst Dwayne „The Rock“ Johnson (Be Cool, Doom, Daddy ohne Plan, Spiel auf Bewährung), sonst nicht unbedingt ein Garant für hohe Schauspielkunst, persifliert sein Image als Knochenbrecher humorvoll und sorgt für etliche ironische Momente.
Trotz des Lobes hat „Get Smart“ aber auch seine Tücken. Der Komödienteil überzeugt durchgehend, doch wenn es daran geht, Action zu inszenieren, ist Regisseur Segal deutlich anzumerken, dass dies nicht sein Stammgenre ist. Das Timing stimmt nicht immer, die Kamerapositionen sind teils unglücklich gewählt, so dass der Überblick oft völlig unnötig verloren geht, und auch sonst kommen die Szenen selten über das Mittelmaß hinaus. Da zum Ende hin die physischen Szenen mehr und mehr in den Vordergrund rücken, rettet sich „Get Smart“ nur knapp über die Ziellinie.
Fazit: „Get Smart“ revolutioniert das Genre zwar nicht, bietet aber mehr als erwartet und gefällt als stilsichere, ironische Action-Komödie. Regisseur Segal pflegt die Kunst der Persiflage erstaunlich gut, selbst wenn er in Sachen Action nichts Außergewöhnliches zustande bringt. Für Fans der Originalserie und Unterhaltungsliebende ist „Get Smart“ trotz kleiner Schwächen zu empfehlen.