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    Lizenz zum Heiraten
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Lizenz zum Heiraten
    Von Carsten Baumgardt

    Wie kann man dem ausgelutschtesten aller Genres noch neues Leben einhauen? Am besten gar nicht, denn es ist nahezu sinnlos. Klassische romantische Komödien funktionieren immer nach demselben Muster, Überraschungen gibt es nicht und wahrscheinlich sind sie auch deshalb so beliebt. Der Rom-Com-Fan bekommt genau das, was er mag. Wenn dann auch noch eine Hochzeit im Spiel ist und der Film aus der Traumfabrik Hollywood stammt, sind die Claims noch fester abgesteckt - zwei Verliebte, die kleinen Schwierigkeiten, die vorrübergehende Trennung und der Gang zum Altar. An diesem Prinzip ist einfach nicht zu rütteln. Das versucht Ken Kwapis mit seiner romantischen Hochzeitskomödie „Lizenz zum Heiraten“ natürlich auch nicht, er hat schließlich Robin Williams als Sidekick in seinem Cast und das muss reichen, um die Nörgler ruhig zu stellen. Und so geschieht es. Der Superstar ist der ausschlaggebende Punkt, der garantiert, dass die Genrefans an einer mittelmäßigen Komödie immer noch Spaß haben können.

    Ben Murphy (John Krasinski) und Sadie Jones (Mandy Moore) sind ein rundum glückliches Paar. Auf der Feier zum 30. Hochzeitstag von Sadies Eltern (Peter Strauss, Roxanne „Highlander“ Hart) macht Ben seiner Angebeteten einen Heiratsantrag. Sie nimmt freudestrahlend an, doch eine Bedingung hat sie noch. Es war schon immer ihr größter Traum, im Haus ihrer Eltern in Chicago zu heiraten, während Ben eher etwas in der Karibik vorschwärmte. Aber er erfüllt ihr auch diesen Wunsch. Dass der Weg zum Altar ein steiniger wird, hat das Paar Reverend Frank (Robin Williams) zu verdanken. Sadie kennt ihn schon seit Kindheitstagen und betet ihn an. Wer von dem kauzigen Kirchenmann getraut werden will, muss dessen ganz persönlichen Heirats-TÜV durchlaufen. Hochzeitsvorbeitungskurs nennt er diesen offiziell. Ben ist wenig begeistert, daran teilzunehmen, denn allein die Grundregeln sind hart: 1.) Jeder schreibt seine Hochzeitsversprechen ohne Ratschlag des Anderen in ein Büchlein. 2.) Kein Sex bis zur Hochzeitsnacht! Besonders der zweite Teil stößt bei Ben auf Ablehnung. Aber Sadie besteht darauf. Doch Reverend Frank und sein halbwüchsiger Assistent (Josh Flitter) haben sich einiges an Hindernissen ausgedacht, um die Absichten der beiden auf den Prüfstand zu stellen. Zwischen Frank und Ben entwickelt sich mehr und mehr ein Kleinkrieg, in dem jeder versucht, den anderen auszustechen...

    Den größten Traum eines jeden amerikanischen Heile-Welt-Mädchens hat sich Regisseur Ken Kwapis (Eine für 4, „Dunston - Allein im Hotel“), der hauptsächlich für das US-Fernsehen („The Office“, „Malcolm mittendrin“, „Emergency Room“, „The Bernie Mac Show“) arbeitet, als Grundlage genommen. Doch bevor standesgemäß die Glocken läuten, müssen dem Traumpaar noch ein paar Steine in den Weg gelegt werden, damit es überhaupt einen Film gibt. „Lizenz zum Heiraten“ beginnt wie eine weiße Variante von Guess Who, schießt sich dann aber voll auf den Hochzeitsvorbereitungskurs ein und nutzt diesen als Quell für die Gags, die im Screwball-Stil auf den Zuschauer losgelassen werden. Das Wichtigste: Die Charmewerte zwischen John Krasinski (Kinsey, Jarhead, Liebe braucht keine Ferien) und Mandy Moore (Plötzlich Prinzessin, American Dreamz, Saved) stimmen. Obwohl Sadie, wenn man sie auf das Wesentliche reduziert, egoistisch ist und immer ihren Willen durchsetzt, ist ihr das Publikum deshalb nicht nachhaltig böse - wird dies im Gegenteil sogar kaum bemerken. Während der aufopferungsvoll kämpfende Ben vom Drehbuch als mäßig sensibler Kerl vorgeführt wird, der es nicht einmal fertig bringt, die Hochzeitsversprechen zu Papier zu bringen. Ein wenig Konfliktstoff und Emotionen, die der Zuschauer selbst auf die Figuren projizieren kann, müssen halt sein, sonst wird es gar zu fad.

    Aufkommender Langeweile tritt aber in erster Linie Mulitalent Robin Williams (Der Club der toten Dichter, Der König der Fischer, Nachts im Museum) entgegen. Die Rolle des vitalen, ein bisschen hinterlistigen Reverend Frank ist dem Oscarpreisträger (für „Good Will Hunting“) auf den Leib geschrieben. Sein Charakter ist zwar nicht wirklich realistisch, aber wie Williams dem unkonventionellen Gottesmann seine typische Ironie unterjubelt, ist schon sehenswert. Dabei wird er erstaunlich gut von Josh Flitter (Big Mamas Haus 2, Nancy Drew, Vergiss mein nicht) unterstützt. Dieser erfüllt zwar das Dicke-Kind-Klischee, steuert aber mit Ausstrahlung ein halbes Dutzend guter Oneliner bei. Die Inszenierung von TV-Regisseur Kwapis weist nichts Markantes auf, doch eine Qualität zeichnet ihn dennoch auffallend aus. Immer, wenn die Story zu albern wird und er diesen Part zu sehr ausreizt, springt am Ende doch noch ein netter Gag dabei heraus – als Trostpreis, um die eigentlich verhauene Szene zu retten. Wenn Ben und Sadie zum Beispiel zwei mechanische Plastikbabys als Vorübung für das Elterndasein nebst zwei geliehenen Kleinkindern von Bens bestem Kumpel durch den Hochzeitssupermarkt schleppen müssen, ist dies einfach nur platt und unangenehm – das Gesicht der Mutter, die beobachtet, wie Ben die außer Rand und Band geratene Puppe an den Hosenträgern im Babywickelraum an einem Haken aufknüpft, allerdings köstlich.

    Das allgemeine Problem von romantischen Komödie sucht auch „Lizenz zum Heiraten“ gnadenlos heim. Wie mache ich dem Publikum den zweiten Plot Point, den Konfliktstoff vor dem großen Finale, halbwegs plausibel klar. Da gibt Kwapis dieselbe Antwort wie bei der Ausgangsfrage: gar nicht. Dass die beiden Love Birds sich wegen einer Nichtigkeit trennen, ist wenig glaubwürdig, aber nun mal für das Funktionieren der Genremechanismen notwendig.

    Fazit: „Lizenz zum Heiraten“ ist eine temporeiche, recht witzige und mit dem notwendigen Charme ausgestattete romantische Komödie der soliden, aber belanglosen Bauart. Das Zielpublikum wird sich amüsieren und sich von der Nonsens-Story nicht beeinflussen lassen (während Realisten sich mit Grausen abwenden). Für Rom-Com-Fans ist der Film durchaus zu empfehlen, wer sich in diesem Genre nicht heimisch fühlt, bleibt lieber zuhause. An Genrehighlights wie Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich, Die Hochzeits-Crasher oder gar tiefsinnige Ansichten wie in Harry und Sally kommt „Lizenz zum Heiraten“ nicht heran, immerhin erdrückt er das „begleitende männliche Publikum“ aber nicht so sehr mit Kitsch wie zuletzt Liebe braucht keine Ferien. Und wer alternativ schon immer mal seine Aversionen gegen die weiße, amerikanische Oberschicht, die den Eindruck erweckt, sie wäre Mittelschicht (mit einem sechsstelligen Dollar-Jahreseinkommen), pflegen wollte, hat dazu in Kwapis’ Film ausreichend Gelegenheit...

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