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    Wild Country
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Wild Country
    Von Christoph Petersen

    Egal ob Comicverfilmung, Fantasyabenteuer oder Agententhriller – überall hat die alte Kinoweisheit „Ein Film kann immer nur so gut wie sein Bösewicht sein“ ihre kaum zu widerlegende Berechtigung. Würde das Gleiche nun auch für den Creature-Horror gelten und könnten demnach Filme dieses Genres immer nur so gut wie ihre zähnefletschende Bestie sein, hätte Craig Strachans schottischer Low-Low-Budget-Schocker „Wild Country“ die allerschlechtesten Karten. Denn sobald man das recht hilflos zusammengeflickte Wollknäuel mit dem überdimensionierten Maul in seiner vollen Pracht bewundern konnte, ist an so etwas wie wohliges Gänsehautfeeling nicht einmal mehr im Entferntesten zu denken. Dabei ist es im Endeffekt sogar egal, ob man das Scheitern des Films nun unbedingt an seinem lächerlichen Wer-Bären festmachen will, oder diesem im Gegenteil sogar noch die eine oder andere positive Trash-Komponente abgewinnen kann, ist doch der auf nervende Pseudorealität setzende, handwerklich inkompetente Rest des Streifens auch für sich genommen schon absolut indiskutabel.

    Erst kürzlich hat Teenagerin Kelly (Samantha Shields) ihr Neugeborenes auf Anraten ihres Priesters zur Adoption freigegeben. Um sich nun ein wenig abzulenken, nimmt sie an einem Wochenendausflug ihrer Gemeinde teil, auf dem vier Jugendliche von eben jenem Priester Steve (Peter Capaldi) in einer schafreichen Hügellandschaft ausgesetzt werden. Von hier aus sollen sie sich mit Hilfe von Campingausrüstung, Karten und Orientierungssinn bis zum nächsten Mittag zum Zielort durchschlagen, wo der für einen katholischen Priester eigentlich viel zu lüsterne Steve auf sie warten will. Doch der eigentlich harmlose Trip gestaltet sich weitaus beschwerlicher als angenommen: Zunächst stößt Lee (Martin Compston), Kellys Ex und Vater ihres Kindes, unerwartet zur Gruppe und versorgt sie mit reichlich Alkohol. Dann finden die Teenager in einer verfallenen Ruine ein ausgesetztes Baby. Und als sie dann auch noch, nachdem sie schon von einem durchgeknallten Schäfer belästigt wurden, von undefinierbaren, aber definitiv mordlustigen Kreaturen angefallen werden, bleibt für die nostalgischen Klänge christlicher Lagerfeuerlieder endgültig keine Zeit mehr…

    Was die Gruppe von Teenies angeht, die er seinen Bestien als Frischfleisch vorsetzt, legt Strachan – passend zum dilettantischen Homevideo-Look – auf Realismus. So hat er seinen Film statt mit ausgebildeten Darstellern mit echten Jugendlichen besetzt – negativ ausgedrückt: Das von schottischer Sparsamkeit geprägte Budget hat für mehr als überforderte Laien einfach nicht ausgereicht. Auch die Dialoge sind auf Natürlichkeit getrimmt, was aber durchaus auch seine Nachteile hat, ist Teenie-Talk doch naturgemäß eher nervtötend denn übermäßig unterhaltsam. Da zieht man dann doch lieber die überhöhten Sexgeschichten amerikanischer Genreproduktionen vor, an deren Pointen die Autoren tagelang geschliffen und die dann auch nicht mehr das Mindeste mit dem Verhalten echter Teenies gemein haben, den Zuschauer so aber zumindest davor bewahren, nach nur wenigen Minuten friedlich zu entschlummern. Realismus und Horror mögen zwar nicht per se eine ungenießbare Mischung ergeben, aber egal ob echt oder unecht, man sollte schon stets von etwas erzählen, bei dem zumindest die Chance besteht, dass es irgendjemanden interessieren könnte.

    Außerdem kann man nicht ernsthaft auf der einen Seite mit dem übermäßig erhobenen Zeigefinger ankommen, wie es Strachan mit seinem ganzen Baby-Subplot eindeutig tut, um dem Zuschauer dann auf der anderen ein lachhaftes Gummimonster vorzusetzen. Was die Spannung angeht, erreicht der Film, solange er es bei glühenden Augen und sich wiegenden Gräsern belässt, zumindest unteres „Tatort“-Niveau. Hat der Wer-Bär sich dann aber in seiner vollen Größe aufgetürmt, ist selbst die Spinne aus „Die Biene Maja“ um Längen alptraumkompatibler. Da hilft es auch nicht mehr viel, wenn das Biest zum Abschluss einem ziemlich dämlichen Bauernsohn noch einmal ein richtig schön großes Stück herausreißt – man würde seine Kinder trotzdem noch bedenkenlos mit diesem knuddeligen Plastikspielzeug herumtollen lassen.

    Was macht man, wenn man einen Film dreht, der fast nur in der Nacht spielt? Strachan zumindest benutzt eine billige DV-Kamera, die für die Dunkelheit überhaupt nicht geeignet ist und deren Bilder nur noch schemenhafte Umrisse erkennen lassen (auf DVD dürfte dann eigentlich gar nichts mehr zu identifizieren sein). Natürlich war an 35mm bei dem Budget, immerhin hätte man hierfür alle Sets anständig ausleuchten müssen, nicht ernsthaft zu denken, aber auch digital kann man es eindeutig erheblich besser machen. Zumindest verbirgt „Wild Country“ so die meiste Zeit seine auch ansonsten miserablen Produktionsbedingungen – sehen doch die wenigen Aufnahmen bei Tag auch einfach nur potthässlich aus. Es gab auf dem Fantasy Filmfest 2006 kaum schlechte Filme, dafür zählt „Wild Country“ aber auch allein schon für eine ganze Handvoll Flops.

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