Eine verrückte Familie, ein Schwertfisch, Privatraketen, ein durchgeknallter Museumswärter, die Genfer Konvention, viele erschossene Fernseher, Englischunterricht, Bonnie und Clyde, ... – und mitten drin ein armer, amerikanischer Pilot. Das ist Milos Radovics „Falling Into Paradise“, eine schwarze Komödie und Liebesgeschichte vor dem Hintergrund des Kosovo-Krieges sowie gleichzeitig ein mutiges, politisches Projekt, das als Koproduktion die Bedeutung von internationaler kultureller Zusammenarbeit veranschaulicht und zudem zeigt, wie sich Serbien seinen Humor bewahrt hat.
Belgrad 1999. Der serbische Schwarzmarkthändler Lubi (Lazar Ristovski) hat sich zum Leidwesen seiner amerikanophilen Schwester Dusha (Branka Kadic) vorgenommen, mit Hilfe einer auf dem Schwarzmarkt erstandenen Rakete einen NATO-Bomber vom Himmel zu holen. Dusha wartet seit langem darauf, von einem AWACS-Piloten mitgenommen zu werden. Zu diesem Zweck hat sie auf ihr Häuserdach ein großes Laken mit aufgemaltem Herz aufgespannt und morst nachts mit einer Taschenlampe Liebessignale in den Himmel. Ihre und Lubis Interessen laufen allerdings zusammen als es Lubi tatsächlich gelingt, ein Flugzeug abzuschießen, denn schwups – da segelt auch schon ein amerikanischer Pilot (Simon Lyndon) mit seinem Fallschirm auf ihr Dach. Lubi und Dusha sehen sich am Ziel ihrer Träume: Während Dusha ihren „Bobby“, der sich als Johnatan Schumacher vorstellt, von ihrer Liebe zu überzeugen versucht, hat Lubi andere, wesentlich unangenehmere Pläne. Und auch der Nachbar und die Milizionäre aus dem Nachbarstadtteil mischen sich ein, weil „so ein Amerikaner auf dem Schwarzmarkt einen ganz schönen Wert hat“…
Milos Radovic („Small World“, 2003), Fernsehregisseur, Drehbuchautor, Werbefilmer und Macher des international ausgezeichneten Kurzfilms „My Country“ ist mit „Falling Into Paradise“ eine teilweise erfrischend schwarze Komödie samt absurder Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der NATO-Intervention in Serbien gelungen. Dass der Film – vor allem in der ersten Hälfte – wunderbar funktioniert, liegt in erster Linie an den pointierten Dialogen und den tollen Darstellern, die ihre Sache durch die Bank weg sehr gut machen. Allen voran Lazor Ristovic („Underground“, König der Diebe”), der es schafft, dem kauzigen Lubi sowohl das richtige Maß an aggressiver Unberechenbarkeit als auch den nötigen Charme eines Schwarzmarkthändlers und warmherzigen Menschen zu verleihen. Aber auch Branka Kadic („The Truth About Love”, „Im Juli”, „Warriors”, „Schwarze Katze, weißer Kater”) überzeugt als naiv-süße Schwester Dusha bei ihrer Vernarrtheit in ihren „Bobby“. Und auch dieser Ami – Simon Lyndon (Chopper, „Der schmale Grat“) – macht sich prächtig, weil er so herrlich verwirrt aussieht als er zwischen die ihn umgarnende Dusha und den mordlüsternen Lubi gerät. „Wo bin ich hier nur abgestürzt?“, dürfte er sich – völlig zu recht – fragen.
Dass der Film dann etwa ab der Hälfte langsam wegbröckelt und das hohe Anfangsniveau nicht zu halten vermag, liegt in erster Linie daran, dass der schwarze, intelligente Humor immer mehr grobem Klamauk und einer Menge Albernheiten weichen muss. Wäre der zwar ausgelassene aber dennoch ausgewogene Tenor des Beginns durchgehalten worden, könnte dieser Film nachdrücklicher empfohlen werden. Aber auch die Glaubwürdigkeit der Liebesgeschichte zwischen Johnatan und Dusha fordert dem Zuschauer einiges an gutem Willen ab. Da dann auch noch das Ende etwas konfus ist, und die Schlusspointe nicht so richtig zünden will, lässt sich „Falling Into Paradise“ im Fazit nur als ein sehr knapp über dem Mittelmaß stehender Film beurteilen.
Trotz seiner Mängel bietet Radovics Film aber eine Menge Kurzweil. Wem die opulente Skurrilität und Überschwänglichkeit eines Emir Kusturica „etwas zuviel“ und „Kriegsfilme“ wie der brillant-bitterböse No Man´s Land oder die furchtbar realitätsnahe BBC-Produktion „Warriors“ etwas zu schmerzhaft sind, dürfte mit dem seichteren „Falling Into Paradise“ in großen Teilen etwas anfangen können. „Falling Into Paradise“ tut nicht weh.