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    Joe the King
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Joe the King
    Von Stefan Ludwig

    Eine intakte Familie ist der Grundstein für das Leben jedes Kindes. Kaum etwas beeinflusst ein Kind so sehr wie die Menschen um ihn herum. Denn die Gesellschaft formt seine Denkweise, sein Verständnis von Moral und seine Vorstellung vom Lauf des Lebens. Wenn für die Eltern bereits Recht und Ordnung Fremdwörter sind, dann fällt das Verständnis dafür keinem Jungen oder Mädchen einfach in den Schoß. Und wenn Kinder erkennen, dass ihre Eltern keinen Erfolg im Leben hatten, resignieren sie häufig vor der Gesellschaft. Frank Whaley nimmt sich diesen Konflikten in seinem Außenseiter-Drama „Joe The King“ an. Zielsicher zeigt er Stationen im Leben eines Minderjährigen, dessen Familie sich nicht im Mindesten um ihn schert. Der Wermutstropfen: Er verlässt sich auf die Dramatik der Einzelszenen, anstatt in irgendeiner Form Spannung zu erzeugen.

    Joe Henry (Noah Fleiss) wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Sein Vater Bob (Val Kilmer) ist Alkoholiker – selbst bei seinem Hausmeisterjob in der Schule von Joe setzt er die Flasche an. Dass sein Vater nur Hausmeister ist, macht Joe zu schaffen: Selbst die Lehrerin stellt ihn dafür an den Pranger. Seine Mutter Theresa (Karen Young) weiß sich nicht zu helfen mit der Situation, sie lässt sich gehen. Auch als ihr Mann sie verprügelt und die Plattensammlung zertrümmert, denkt sie nicht daran, sich von ihm zu trennen. Nach der Schule arbeitet Joe illegal in einer Imbissküche, um sich halbwegs über Wasser zu halten. Wenn er eine Möglichkeit sieht, klaut er, was ihm unter die Finger kommt.

    „Joe The King“ ist eine sensible Charakterstudie eines Außenseiters in der Gesellschaft. Sie zeichnet vollständig die Abgründe, die sich aus Joes Familiensituation und seiner Armut ergeben. Da es keine tragikomischen Elemente gibt, wirkt der Film bedrückend. Damit weiß er natürlich zu fesseln, denn auch wenn er immer wieder an das Mitleid des Zuschauers appelliert, geschieht dies niemals zu offensichtlich. Stattdessen erzeugt Frank Whaley die Atmosphäre lediglich durch Szenen aus dem Alltag des 13-jährigen Jungen. Neben der Regie ist er auch für das Drehbuch des Dramas verantwortlich.

    Was das Regiedebüt des Schauspielers (The Doors, Motel) auszeichnet, ist die direkte Nähe zum Schicksal des Jungen. In jeder Szene ist er im Bild und selbst die Perspektive scheint häufig die eines kleinen Jungen zu sein: Sein Vater wird häufig von schräg unten aufgenommen oder ist zumindest nicht vollständig im Bild. Das Konzept des nahezu gesichtslosen Vaters verfolgt Frank bis zur letzten Szene. In dieser darf Val Kilmer dann allerdings voll aufspielen und zeigt sein ganzes Können. Dies ist die Schlüsselszene des Films.

    Da Val Kilmer ansonsten schlichtweg kaum richtig im Fokus der Kamera steht, kann er seine Möglichkeiten nicht ausspielen. Stattessen muss Noah Fleiss (Brick) den Film größtenteils tragen. Das gelingt ihm allerdings auch hervorragend – dank enormer Ausdruckstärke in seinem ernsten, verkniffenen Gesicht. Nie zeigt er Anderen gegenüber den Hauch von Gefühlen. Das ist nur die logische Konsequenz, denn Emotionslosigkeit lebt ihm seine Familie vor.

    Negativ fällt ins Gewicht, dass der Film an keiner Stelle durch eine stringente Story zu fesseln weiß. Das lässt sich allerdings als bewusstes Konzept bezeichnen: Das langsame, aber stetige Stolpern in die Kriminalität wird im Grunde realitätsnah gezeichnet. Jedoch geht dies zu Lasten der Spannung. Der Rolle des Vertrauenslehrers von Ethan Hawke hätte vielleicht etwas mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden können. Warum sich dieser Joe nur so geringfügig annimmt, bleibt unschlüssig. So schafft es „Joe The King“ zu einem netten Außenseiter-Drama, aufgrund leichter Schwächen fehlt aber noch einiges zum großen Wurf.

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