Cillian Murphy gehört wohl zu den wandlungsfähigsten Schauspielern seiner Generation: Betrachtet man nämlich sein bisheriges Schaffen, so muss zwangsläufig auffallen, dass weit mehr in ihm weit steckt als jener psychopathische Schurke und Batman-Antagonist Jonathan „Scarecrow“ Crane, als der er einem weltweiten Publikum bekannt wurde. Vom romantischen Nachbarsjungen bis zum androgynen Transsexuellen: Murphy bediente bereits ein breites Spektrum an Rollen und verfeinerte sie mit seinem Gespür für authentische Darbietungen – nicht umsonst wird der gebürtige Ire von Kritikern immer wieder als Chamäleon der Filmbranche bezeichnet.
Der verhinderte Musiker
Geboren wurde Cillian Murphy am 25. Mai 1976 in der irischen Küstenstadt Cork. Seine Bühnenkarriere begann er dort als Rock-Musiker mit seiner Band „The Sons of Mr. Green Genes“. Einen Plattenvertrag schlug der Ire jedoch aus, um stattdessen sein Schauspieldebüt in dem Theaterstück „Disco Pigs“ zu geben. Darin mimte er den 17-jährigen Pig, der gemeinsam mit seiner Freundin in eine korrupte Welt aus Drogen und Sex abstürzt. Später würde Murphy auch die Hauptrolle in Kirsten Sheridans Kinoadaption desselben Theaterstückes übernehmen. In den Neunzigerjahren graste Murphy in der Folge erster Erfolge irische wie britische Bühnenproduktionen ab, ehe er 2002 mit seiner Rolle in Danny Boyles post-apokalyptischem Thriller „28 Days Later“ einen ersten Coup landete.
Ein Vegetarier beim Schlachter
Dank Cillian Murphys intensiver Darstellung des Hauptprotagonisten Jim, der in einem trostlosen und menschenleeren London aufwacht und bald Bekanntschaft mit den Folgen einer tödlichen Seuche machen muss, ließen weitere Rollenangebote nicht lange auf sich warten: An der Seite renommierter Hollywood-Stars wie Nicole Kidman und Jude Law in „Unterwegs nach Cold Mountain“ und neben Scarlett Johansson und Colin Firth in „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ machte der Mime eine hervorragende Figur. Beobachtern seines Treibens fiel dabei vor allem auf, wie akribisch sich der Ire auf seine Rolle des ruhigen Schlachterjungen Pieter im Drama um den holländischen Künstler Jan Vanmeer vorbereitete. So arbeitete Murphy, der seit Jahren vegetarisch lebt, im Vorfeld der Dreharbeiten in einem Luxemburger Schlachthof, um dort die Details des Schlachterhandwerks einzustudieren.
Vogelscheuche statt Fledermaus
Den ganz großen Erfolg bescherte ihm jedoch erst Christopher Nolan im Jahre 2005: Nachdem der Darsteller bei Nolan für keine geringere Rolle als die des „Batman“ Bruce Wayne für dessen Comic-Prequel „Batman Begins“ vorgesprochen hatte, entließ dieser ihn mit einem Kontrakt für die Rolle des psychopathischen Antagonisten Dr. Jonathan Crane alias Scarecrow. Der Grund für die Umdisponierung: Murphys eher schmächtige Erscheinung ließ ihn für die Rolle des breitbrüstigen Titelhelden als eher ungeeignet erscheinen, das Charisma des Iren hatte Nolan aber so sehr in den Bann gezogen, dass er ihn unbedingt im Film haben wollte. Vor dem Hintergrund der umwerfenden Darbietung von Heath Ledger als Joker musste Murphy in der Fortsetzung „The Dark Knight“ zwar etwas weiter in den Schatten treten, dennoch verpflichtete Nolan den Iren auf dem Fuß auch noch für sein kommendes Science-Fiction-Projekt „Inception“.
Chamäleon der Filmbranche
Auch wenn Cillian Murphy sich damit endgültig sein Auskommen in Hollywood gesichert hatte, blieb er seiner Heimat Irland treu und fand immer wieder die Zeit für kleinere Rollen in irischen Produktionen: 2006 war der Schauspieler so in "Breakfast on Pluto" als Transvestit Patrick "Kitten" Brady zu sehen. Nach dem Publikumserfolg „Batman Begins“, konnte er mit dieser mutigeren Rollenwahl vor allem seine Kritiker überzeugen. Auch in Ken Loachs „The Wind that Shakes the Barley“ zeigte Murphy als irischer Guerilla-Kämpfer die Zuneigung zu seinem Heimatland. Im Rahmen der zweiten Zusammenarbeit mit Danny Boyle für dessen philosophischen Science-Fiction-Film „Sunshine“ bewies Murphy dann abermals, dass er nicht nur in sinistere Abgründe blicken lassen, sondern auch zerrissene Figuren jenseits von Gut und Böse porträtieren kann. Murphy betont dabei selbst immer wieder, wie viel Wert er auf abwechslungsreiche Rollen legt und wie wichtig ihm jede einzelne davon ist. Den Beweis lieferte er 2011 gleich nach: Während er im Sci-Fi-Thriller „In Time - Deine Zeit läuft ab“ an der Seite von Justin Timberlake einen aalglatten Fiesling mimte, spielte er in Andrew Nichols' Thriller „Retreat“ einen gebrochenen Mann, der sich mit seiner Frau nach einer Familientragödie auf eine einsame Insel zurückzieht. Von der Presse wird Murphy seither gerne auch mal liebevoll als „Chamäleon“ bezeichnet. Ab 23. August 2012 enttarnt der Schauspieler in „Red Lights“ gemeinsam mit Sigourney Weaver die Taschenspielertricks vermeintlich übersinnlich begabter Menschen, bis das berühmte Medium Simon Silver (Robert De Niro) den Unglauben der Beiden auf eine harte Probe stellt.
Murphy ist seit August 2004 mit der Künstlerin Yvonne McGuinness verheiratet und hat mit ihr zwei Söhne, die im Dezember 2005 und im Juli 2007 geboren wurden. Die Familie lebt in London.