Es tönt wie ein klassisches Märchen: Das Mädchen vom Lande zieht aus, um Hollywood-Star zu werden. Im Falle von Michelle Williams wurde aus dem Märchen Realität: Mit einem Umweg über US-amerikanische Erfolgsserien gelang dem ganz normalen Mädchen aus Montana der Sprung auf die große Leinwand. In der Zwischenzeit hat Williams ihr schauspielerisches Talent immer wieder unter Beweis gestellt und gilt nicht umsonst als große Hoffnung für das amerikanische Autoren- und Independent-Kino.
Vom Landei zum Fernsehstar
Michelle Ingrid Williams wurde am 9. September 1980 in Kalispell, Montana geboren. Im Alter von neun Jahren zog sie gemeinsam mit ihren Eltern nach San Diego, Kalifornien. Früh begeisterte sich das Mädchen für die Schauspielerei und erhielt schließlich mit dreizehn Jahren die Zusage für eine kleine Rolle in der damaligen Erfolgsserie „Baywatch“. Nur ein Jahr darauf folgte ihr erster Kinoauftritt in einem Remake von „Lassie“, während sie 1995 die junge Außerirdische Sil im Science-Fiction-Horror „Species“ spielte. Zu dieser Zeit war Williams außerdem immer wieder in renommierten US-Sitcoms zu sehen, darunter „Hör mal, wer da hämmert!“ und „Eine starke Familie“. Für die Schule blieb bald wenig Zeit und so entschied sich Williams, die Schule nach der neunten Klasse vorzeitig zu verlassen. Es folgten Rollen im Science-Fiction-Streifen „Timemaster - Aus der Zukunft zurück“, im Drama „Tausend Morgen“ und im Horror-Sequel „Halloween: H 20“, in denen das Nachwuchstalent das erste Mal an der Seite von großen Stars wie Michelle Pfeiffer, Jessica Lange, Jamie Lee Curtis und Josh Hartnett auftrat. 1997 wurde Williams schließlich für Rolle der Jen Lindley in der Teenieserie „Dawson's Creek“ engagiert. Die Serie wurde ein Erfolg, zählte insgesamt sechs Staffeln und brachte einige echte Stars hervor, darunter auch Katie Holmes.
Independent-Film statt Popcornkino
Neben ihrer Rolle in „Dawson's Creek“ trieb Michelle Williams auch ihre Kinokarriere bestimmt voran: 1999 wurde sie Arlene Lorenzo in der Satire „Ich liebe Dick“ unfreiwillige Zeugin des Watergate-Skandals, in der Teenager-Komödie „Weil ich ein Mädchen bin“ bewies sie komödiantisches Gespür. Darüber hinaus entdeckte Williams nach und nach das Independent-Kino für sich. Im Jahre 2000 übernahm sie eine Rolle in der HBO-Produktion „Women Love Women“. Der TV-Film erzählt von den Problemen dreier lesbischer Paare in unterschiedlichen Dekaden. Im düsteren Drama „Prozac Nation“, das die Depressionen der Musikjournalistin Elisabeth Wurtzel thematisiert, spielte Williams ein Jahr später neben Christina Ricci auf. Im britisch-deutschen Drama „Meine beste Freundin“ übernahm sie hingegen die Rolle der jüdischen Holly, die gemeinsam mit ihrer besten Freundin Marina die Freuden und Widrigkeiten des Lebens entdeckt. Mit „State Of Mind“ folgte eine weitere Low-Budget-Produktion - frei nach dem Roman "Der Fremde" von Albert Camus, in der auch Ryan Gosling und Kevin Spacey mit von der Partie waren - sowie die Tragikomödie „The Station Agent“.
Unter Wenders und Lee zur Independent-Hoffnung
Michelle Williams blieb dem Indepent- und Autorenfilm weiter treu und agierte nun auch unter der Regie von internationalen Autorenfilmern. 2004 stand sie für Wim Wenders' Roadmovie „Land of Plenty“ vor der Kamera, 2006 verkörperte sie die Ehefrau von Heath Ledger in Ang Lees Schwulen-Drama „Brokeback Mountain“. Williams und Ledger wurden im Anschluss an die Zusammenarbeit ein Paar, verlobten sich und bekamen eine Tochter, ehe sie sich im September 2007, kurz vor Ledgers Tod, trennten. 2008 bereicherte Williams neben Philip Seymour Hoffman Charlie Kaufmans Tragikomödie „Synecdoche, New York“, 2009 überzeugte sie die Kritiker als Obdachlose Wendy in Kelly Reichardts Drama „Wendy and Lucy“. Ein weiteres Jahr darauf spielte sie die Filmgattin von Leonardo DiCaprio in Martin Scorseses Psycho-Thriller „Shutter Island“. 2011 stand Michelle Williams für eine ganze Reihe hochkarätiger Independent-Produktionen vor der Kamera. Für ihre Rolle im Beziehungsdrama „Blue Valentine“ erhielt sie eine Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin, in Kelly Richardts historischen Road Movie „Meek's Cutoff“ verkörpert sie eine Siedlerin, die sich während des 19. Jahrhunderts im Planwagen auf Jobsuche begibt. Noch ohne deutschen Starttermin sind Simon Curtis' „My Week with Marilyn“, in der Williams die legendäre Hollywoodikone gibt, sowie Sarah Polleys Drama „Take This Waltz“, in dem sie Filmgatten Seth Rogen die Hörner aufsetzt.