Sie legte mit John Travolta eine flotte Sohle aufs Parkett, verwechselte Koks mit Heroin und begab sich im „Pussy Wagon“ auf einen denkwürdigen Rachefeldzug – denkt man an Uma Thurman, fallen einem als erstes die beiden Kultfilme „Pulp Fiction“ und „Kill Bill“ von Meisterregisseur Quentin Tarantino ein. Denn was Thurman in den Jahren zuvor und danach im Kino auch anpackte: keiner ihrer Auftritte hatte eine derart ikonische Wirkung wie der als Mia Wallace oder als rachegetriebene Braut. Das bedeutet jedoch nicht, dass die US-Schauspielerin mit skandinavischen Wurzeln darüber über Tarantino hinaus keine Erfolge hatte, im Gegenteil: Seit Ende der Achtzigerjahre zeigt Thurman eine beeindruckende Konstanz, sodass sie 2006 sogar zur Ritterin des Ordre des Arts et des Lettres geadelt wurde.
Junges Mädchen, große Stadt
Uma Karuna Thurman wurde am 29. April 1970 in Boston, Massachusetts als Tochter einer schwedischen Psychotherapeutin und eines US-amerikanischen Professors für Buddhismus geboren. Die Bildungskarriere endete für Thurman trotz dieses bildungsbürgerlichen Hintergrunds bereits frühzeitig: Im jungen Alter von fünfzehn Jahren brach sie die Schule ab und begab sich in New York auf Jobsuche. Nachdem sie als Synchronsprecherin – Thurman sprach die Lady Kushana in Hayao Miyazakis „Nausicaä aus dem Tal der Winde“ – ins Filmgeschäft hineinschnuppern durfte, nahm sie im „Big Apple“ Schauspielunterricht, um ihrer Karriere ein professionelles Fundament zu geben. Nebenbei verdiente sie ihre Brötchen als Model und Tellerwäscherin. Nach zwei Jahren Vorbereitung bewarb sich Thurman erstmalig für ein Casting – und wurde prompt für die Hauptrolle in Peter Ily Huemers düsterem Noir-Thriller „Kiss Daddy Goodnight“ (1988) engagiert. Für ihr Leinwanddebüt, das in Deutschland gerade einmal zweitausend Zuschauer ins Kino lockte, erhielt die Nachwuchsdarstellerin durchweg gute Kritiken. Zeitgleich war sie in der für eine Goldene Himbeere nominierten Sportkomödie „Johnny Be Good“ an der Seite des jungen Robert Downey Jr. zu sehen.
Erste Kino-Erfolge
Ende der Achtzigerjahre ging es für Uma Thurmans dann mit deutlich größeren Schritten voran: Stephen Frears verpflichtete die damals 18-Jährige für eine Nebenrolle in dem Oscar-Abräumer „Gefährliche Liebschaften“ mit Glenn Close, John Malkovich, Keanu Reeves und Michelle Pfeiffer. Das Historiendrama erhielt unter anderem den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch und weitere internationale Auszeichnungen. Auch in Terry Gilliams Fantasy-Film „Die Abenteuer des Baron Münchhausen“, der ebenfalls für zahlreiche Oscars nominiert und mit drei BAFTAS ausgezeichnet wurde, war Thurman in einer Nebenrolle mit von der Partie. Ihre Auftritten in John Boormans Komödie „Die Zeit der bunten Vögel“, Philip Kaufmans Oscar-nominiertem „Henry & June“ und John Irvins Abenteuerfilm „Robin Hood - Ein Leben für Richard Löwenherz“ wurden dagegen weniger beachtet – gerade die ambitionierte Kinoadaption um die Legende des Sherwood-Helden ging neben dem etwa zeitgleich abgedrehten Megahit „Robin Hood - König der Diebe“ mit Kevin Costner völlig unter. Unabhängig von kleineren Enttäuschungen hatte sich Uma Thurman, die von 1990 bis 1992 mit Schauspielkollege Gary Oldman verheiratet war, zu diesem Zeitpunkt bereits als feste Größe Hollywoods etabliert – und sollte schon bald auch zur internationalen Berühmtheit werden.
Tarantinos Muse
Nachdem Uma Thurman zu Beginn der Neunzigerjahre weitere Rollen in den Thrillern „Jennifer 8“ und „Eiskalte Leidenschaft“, Gus Van Sants Komödienflop „Cowgirl Blues“ und dem wenig überzeugenden, mit Robert De Niro und Bill Murray aber zumindest starbesetzten „Sein Name ist Mad Dog“ gespielt hatte, schlug 1994 ihre große Stunde: Der damals noch am Anfang seiner Karriere stehende Quentin Tarantino erkor die US-Amerikanerin für die Rolle der Mia Wallace in seiner meisterhaften Gangsterkomödie „Pulp Fiction“ aus. Tarantino verhalf Thurman zu ihrem großen Durchbruch und bezeichnete sie später wiederholt als seine Muse. In „Pulp Fiction“ legte die blonde Schauspielerin an der Seite von Samuel L. Jackson, John Travolta, Bruce Willis und Harvey Keitel als Ehefrau von Gangsterboss Marsellus Wallace einen der ikonischsten Auftritte der Filmgeschichte hin: In der berühmtesten Sequenz des Films, der trotz sieben Oscar-Nominierungen nur den Preis für das beste Originaldrehbuch gewann, legen Thurman und Travolta in einer Fifties-Bar zu Chuck Berrys „You can never tell“ einen rasanten Twist aufs Parkett. In der Folge von „Pulp Fiction“ zierte Thurman in den Neunzigerjahren zahlreiche Jugendzimmer, denn auch das Filmplakat zum Film hatte bald Kultstatus inne.
Pech im Schauspiel, Glück in der Liebe
An ihren Erfolg mit „Pulp Fiction“ konnte Uma Thurman lange nicht mehr anknüpfen: Ob Michael Lehmanns Komödie „Lügen haben lange Beine“, Andrew Niccols träumerische Dystopie „Gattaca“ oder Joel Schumachers umstrittene Comic-Verfilmung „Batman & Robin“ – keiner dieser Filme überzeugte Presse und Publikum gleichermaßen. Insbesondere „Batman & Robin“ floppte an den Kinokassen. Die Dreharbeiten zu „Gattaca“ markierten für Thurman dennoch einen Höhepunkt: Sie verliebte sich in ihren Leinwandpartner Ethan Hawke, den sie im Frühjahr 1998 ehelichte. Die beiden Schauspieler bekamen doppelt Nachwuchs, ließen sich sechs Jahre nach ihrer Hochzeit aber wieder scheiden. Die neu gewonnene Mutterrolle hielt die Schauspielerin jedoch nicht davon ab, auch weiterhin fleißig Filme zu drehen: 1998 spielte sie an der Seite von Liam Neeson und Geoffrey Rush in der Romanverfilmung „Les Misérables“; ein Jahr später stand sie für Woody Allens Tragikomödie „Sweet and Lowdown“ gemeinsam mit Sean Penn vor der Kamera. Für Aufsehen sorgte damals ihre Performance in der bis heute eher unbekannten TV-Produktion „Hysterical Blindness“, für die sie mit einem Golden Globe als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet wurde.
Rachebraut in Lack und Leder
Nachdem Uma Thurman 2003 mit ihrer Rollenwahl in John Woos Sci-Fi-Flop „Paycheck“ mit Ben Affleck kein gutes Händchen gezeigt hatte, gelang ihr noch im selben Jahr ein furioses Comeback: Für die zweite Zusammenarbeit mit Quentin Tarantino - „Kill Bill Vol. 1“ und „Kill Bill Vol. 2“ schlüpfte sie in ein knallgelbes Lederoutfit und begab sich als misshandelte „Braut“ auf einen gnadenlosen Rachefeldzug gegen ihren Ex-Vorgesetzten und –Liebhaber Bill, der an der Spitze einer langen Todesliste ihrer ehemaliger Peiniger steht. Tarantino flocht in sein Racheepos zahlreiche Verweise auf Comic- und Martial-Arts-Filme ein und spielte geschickt mit Motiven aus Eastern und Italo-Western. Schon beim Erdenken der exzentrischen Story ließ sich Tarantino dabei von seiner „Muse“ unter die Arme greifen: Thurman fungierte bei „Kill Bill“ außerdem als Co-Autorin. Für ihre Rolle wurde sie hingegen für einen Golden Globe und viele weitere Filmpreise nominiert. Der „Kill Bill“-Doppelschlag avancierte zum grandiosen Erfolg und wird heute oftmals bereits in einem Atemzug mit „Pulp Fiction“ genannt – für Thurman markierte er jedenfalls den zweiten großen Höhepunkt ihrer Karriere.
Romantische Komödien und ein Wiedersehen
Wie bereits nach „Pulp Fiction“ wurde es auch nach „Kill Bill“ erst einmal ruhiger um Uma Thurman, auch wenn die Schauspielerin weiter regelmäßig Rollen annahm. So entdeckte die Schauspielerin nach und nach die romantische Komödie für sich: 2005 mit Ben Youngers „Couchgeflüster - Die erste therapeutische Liebeskomödie“ an der Seite von Meryl Streep, 2006 in Ivan Reitmans „Die Super-Ex“ mit Luke Wilson und 2008 in Griffin Dunnes „Zufällig verheiratet“ gemeinsam mit Colin Firth. Eine Rolle spielte sie außerdem im vierfach Golden Globe nominierten Musical „The Producers“. Zum Tanz-Revival kam es unterdessen in der „Schnappt Shorty“-Fortsetzung „Be Cool“: In der Hollywood-Satire legte die Schauspielerin erneut eine heiße Sohle mit John Travolta aufs Parkett und erinnerte damit an „Pulp Fiction“. 2010 ließ sich Thurman in der Nebenrolle als Medusa in Chris Columbus‘ Fantasy-Blockbuster „Percy Jackson - Diebe im Olymp“ vom gleichnamigen Titelhelden einheizen, seit Mai 2012 ist sie außerdem an der Seite von „Twilight“-Beau Robert Pattinson im mäßig erfolgreichen Historiendrama „Bel Ami“ zu sehen. 2012 markiert außerdem das Seriendebüt Thurmans: In „Smash“ spielt sie in bislang fünf Episoden die Rolle der Rebecca Duvall. In den Startlöchern stehen außerdem die Filme „Eloise in Paris“, „Blind“ und „Girl Soldiers“ – letzterer ist ein scharfer Protest gegen den Einsatz von Kindersoldaten in Afrika und zeigt Thurman als aufopferungsvolle Nonne.
Thurman war von 1990 bis 1992 mit dem Schauspieler Gary Oldman verheiratet. Am 1. Mai 1998 heiratete sie ihren damaligen Filmpartner Ethan Hawke, mit dem sie eine Tochter (* 1998) und einen Sohn (* 2002) hat. Die Ehe wurde am 20. Juli 2004 geschieden. 2006 wurde Thurman zur Ritterin des Ordre des Arts et des Lettres ernannt. 2011 wurde sie außerdem in die Wettbewerbsjury der 64. Internationalen Filmfestspiele von Cannes berufen.