Es sorgte für mächtig Ärger rund um die Serienkiller-Serie „Dahmer“: Mehrere Opfer (bzw. Angehörige von ihnen) zeigten sich erbost, dass Netflix die wahre Geschichte so adaptiert hat, wie sie in der zum riesigen Erfolg avancierten Serie erzählt wird – und vor allem zu keinem Zeitpunkt mit den Opfern gesprochen hat. Die erfuhren – gleichzeitig mit der allgemeinen Öffentlichkeit – durchs Internet, durch Trailer oder vielleicht sogar erst durch das Aufrufen der Netflix-Applikation auf dem eigenen TV-Gerät, dass es da eine neue „Dahmer“-Serie gibt.
Bei „The Watcher“ ist das nun anders. Die wahren Opfer dieser Geschichte wurden von den Verantwortlichen hinter der Serie nicht nur informiert, sondern konnten sogar (in einem geringen Maß) Einfluss darauf nehmen. Dies hat dafür gesorgt, dass es auch einige Änderungen an der Story gab. Die wahre Geschichte und die Hintergründe haben wir euch übrigens hier aufgeschrieben:
"The Watcher": Das ist die schockierende wahre Geschichte hinter der neuen Netflix-Serie des "Dahmer"-MachersWer nun glaubt, dass Serienmacher Ryan Murphy, der sowohl hinter „Dahmer“ als auch hinter „The Watcher“ steckt und sein Auftraggeber Netflix gelernt haben, ist aber schief gewickelt. Natürlich konnte man bei „The Watcher“ nicht direkt auf die Kritik an „Dahmer“ reagieren. Schließlich war die Serie längst fertig und erschien dann ja nur kurz danach.
Die Opfergespräche für "The Watcher" dienten bestimmt der Recherche
Es ist auch wohl nicht so, dass Murphy und sein Team nun besonders rücksichtsvoll waren. Nein. Denn während der Fall rund um den zwischen 1978 und 1991 mordenden Jeffrey Dahmer mittlerweile bestens dokumentiert ist, erhoffte man sich bei der Geschichte eines mysteriösen Stalkers, der 2014 eine Familie terrorisierte, wohl ein paar hilfreiche Informationen und Einblicke. Daher war es eigentlich logisch, dass man für „The Watcher“ das Gespräch mit den Opfern suchte.
Dass Rücksicht vielleicht nicht gerade im Vordergrund stand, zeigen auch die Einblicke, welche die echten Opfer dem Magazin The Cut rund um die Gespräche für die Netflix-Serie mit Naomi Watts und Bobby Cannavale gaben. Da wird nämlich klar, dass sie durch den Verkauf ihrer Rechte die Chance sahen, zumindest ein wenig Kontrolle zu gewinnen. Anderweitig hätte die Gefahr bestanden, dass Netflix und Murphy die Serie ohne sie mache (wie es bereits 2016 der US-TV-Sender Lifetime bei einem TV-Film getan hat). Ergo: Die Serie wäre wahrscheinlich so oder so gekommen.
Änderungen dienen zumindest teilweise eher der Dramatik
Auch glauben wir nicht, dass die Änderungen nur der Rücksichtnahme dienen. Auf Wunsch der echten Opfer wurden ihre Namen im Film geändert und zudem die Anzahl der Kinder der Familie. So fällt die Identifizierung weg. Doch das sind natürlich kleine Änderungen, welchen die Macher um Murphy sicher schnell zustimmen konnten, da sie für die Erzählung keine Rolle spielen. Mit einer anderen großen Änderung entfernen sie sich dagegen weit von der wahren Geschichte.
Die echten Opfer bezogen das Haus nie, nahmen aufgrund des Terrors durch den Watcher davon direkt Abstand. In der Serie ist das anders. Doch das dient ganz sicher nicht dazu, die Geschichte zu ändern und den echten Opfern so eine Retraumatisierung zu ersparen. Es ist einfach viel spannender, viel dramatischer, wenn nun die Familie samt der Kinder im Haus von dem mysteriösen Watcher terrorisiert wird.
„The Watcher“ ist in Sachen Opferumgang also deutlich besser als noch „Dahmer“, viel Lob sollte man Ryan Murphy und Co. dafür nicht geben. Am Ende bleibt es dabei, dass True-Crime-Stoffe einfach immer die Gefahr bergen, die echten Opfer noch einmal das alte Trauma durchleben zu lassen. Das wahre Paar hinter den Ereignissen in „The Watcher“ verrät so auch The Cut, dass man die Serie sich ganz sicher nicht anschauen werde. Schon der Trailer zu schauen, sei „stressig genug“ gewesen.