+++ Meinung +++
In der Nacht von heute auf morgen könnt ihr im Fernsehen einen sehenswerten Actioner erleben. Genauer gesagt: Einen FSK-18-Actioner, der zeigt, was passiert, wenn man eine Story nach dem „Nikita“-Schema nimmt und mit extrem blutiger, hochdynamischer Nahkampf-Action umsetzt. Action, die sogar den Regisseur der „John Wick“-Filme dazu bringt, zu sagen: „Wow, das will ich auch machen!“
Die Rede ist vom südkoreanischen Thriller „The Villainess“, der eine taffe, gewissenlose Schläferin dabei zeigt, wie sie zum unaufhaltsamen Racheengel wird. Tele 5 zeigt „The Villainess“ in der Nacht auf den 24. August 2022 ab 1.30 Uhr und zwar ungeschnitten als Fernsehpremiere. Falls euch das zu spät ist: Der Film ist außerdem im Streaming zu finden, unter anderem bei Amazon Prime.
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Inszeniert wurde der visuell eindrucksvolle FSK-18-Rache-Ritt übrigens von Jeong Byeong-gil, der erst kürzlich den schwindelerregenden Netflix-Kracher „Carter“ abgeliefert hat.
"The Villainess": Literweise Blut und eine wilde Kamera
Sook-hee (Kim Ok-bin) ist eine Elitekämpferin und wird vom chinesischen Geheimdienst unter neuer Identität in die südkoreanische Hauptstadt Seoul geschleust. Dort soll sie unter dem Namen Chae Yeon-soo ein vermeintlich normales Leben führen – in Wahrheit ist sie allerdings Schläferin und wartet auf ihren nächsten Auftrag. Als Sook-hee eines Tages mehr über ihre eigene Vergangenheit mit dem Gangsterboss Lee Joong-sang (Shin Ha-kyun) herausfindet und einen erschütternden Rückschlag erleidet, sieht sie rot und wird zur unaufhaltsamen Rächerin mit eigenen Motiven...
Mit Mel Gibson & 2 "Fast & Furious"-Stars: Diesen knallharten Action-Kracher gibt's jetzt erstmals im Streaming-Abo!Eines der Highlights in „The Villainess“ platziert Jeong Byeong-gil direkt zu Beginn: Es gibt noch keinerlei inhaltlichen Kontext, da wirft der Filmemacher sein Publikum mitten in eine fast zehn Minuten lange Kampfsequenz. Was in versifften Fluren beginnt und sich unter anderem bis in ein Fitnessstudio den Weg bahnt, ist ein Schnellfeuerwerk an Schlägen, Tritten, Schüssen und Gemetzel. Rasant choreografiert, äußerst brutal – und total desorientierend: Die Kamera nimmt zunächst die Ego-Perspektive unserer Protagonistin ein, und wirbelt daher ruhelos umher.
Das ist, nicht zuletzt auch aufgrund des Fischaugeneffekts der verwendeten Kamera, überaus gewöhnungsbedürftig. Aber es ist auch extrem stylisch, voller Energie und nicht mit der rasanten Wackelkameraoptik zu vergleichen, die im westlichen Actionkino üblich geworden ist. Die Kamera ist wieselflink und versetzt uns somit mitten in Sook-hees Adrenalinrausch, jedoch sind die Bewegungen geschmeidig, statt ruckelig, was ein ganz anderes Flair bedeutet.
Im Laufe des Metzelmarathons, mit dem „The Villainess“ eröffnet, sorgt ein simpler, kleiner, genialer Move dafür, dass wir die Egoperspektive verlassen und gleitend in eine beobachtende Position übergehen. Obwohl: „Beobachtend“ ist zu wenig gesagt, da die Kamera immer noch durch die Stuntleute wuselt sowie sich vor Schlägen, Tritten und gezückten Waffen duckt. Ein Knall von einem Prolog, auf den „The Villainess“ noch mehrere ähnlich starke Sequenzen folgen lässt!
Das Bindeglied zwischen "Nikita" und "John Wick 3"
Das Grundgerüst von „The Villainess“ weckt Erinnerungen an „Nikita“ und die nahezu endlose Riege von Filmen, die sich am Klassiker im „Frau wird zur taffen, verdeckten Agentin ausgebildet“-Sektor orientieren. Und, so viel Kritik muss sein: Weder fügt „The Villainess“ diesem Action-Subgenre erzählerisch Neues hinzu, noch gehört er zu den Genreeinträgen mit besonders denkwürdiger Charakterzeichnung.
Dass Kim Ok-bin abseits der Actionpassagen nicht derart glänzen kann, wie in den Kampfsequenzen und Verfolgungsjagden, hat allerdings einen nachvollziehbaren Grund: Von den 70 „The Villainess“-Drehtagen gingen 63 für die Action drauf, was den grandios ausgetüftelten Szenen vollauf anzumerken ist. Und selbst, wenn zwischen der Action dramaturgisch gelegentlich die Luft raus ist – inszenatorisch behält der Film die Energie mit seiner körperlos durch's Geschehen geisternden Kamera bei.
So richtig entfesselt agiert sie aber erst, wenn Sook-hee wieder einmal Horden an Fieslingen abschlachtet. Nicht nur, dass Kampfchoreograf Kwon Gui-duck ein sowohl glaubwürdiges, als auch spektakuläres Getümmel kreiert, das die Heldin überstehen muss. Das Chaos erfindet sich obendrein immer wieder neu – etwa, indem Sook-hee während einer Motorradfahrt von Typen attackiert wird, die auf ihren Zweirädern plötzlich Schwerter zücken. Und das zwei Jahre vor Chad Stahelskis Action-Epos „John Wick 3“, in dem Keanu Reeves dieselbe Situation überstehen muss!
In „The Villainess“ eskaliert dies in dynamisch-schnellen Tumult. Stahelskis Verneigung vor dem südkoreanischen Kracher übernimmt die Idee, wandelt sie aber ausreichend ab, indem er ihr seine inszenatorische Handschrift überstülpt – die Ehre unter Kollegen gebietet es. Und während bei Stahelski der Gewaltgrad den Film über relativ konstant bleibt und John Wick moralisch mit sich hadert, wird „The Villainess“ in seinem brachialen Finale zu einem boshaften Blutbad. Ein boshaftes Blutbad, das dem Filmtitel gerecht wird.
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