+++ Meinung +++
Das gleich vorweg: Wer nur auf schnellen Grusel nach erprobtem Muster aus ist, braucht an dieser Stelle gar nicht weiterzulesen, denn „It Comes At Night“, der heute Nacht um 0.00 Uhr auf Tele 5 ausgestrahlt wird, ist einer dieser Filme wie „The Witch“, „Hereditary“, „Midsommar“ oder „Der Leuchtturm“, die Kritiker und Fans regelmäßig umhauen, aber einen Teil des (Mainstream-)Publikums zugleich auch vollkommen kalt lassen. Aber einen Versuch ist der Endzeit-Horror-Thriller von Indie-Hoffnung Trey Edward Shults auf jeden Fall wert…
Darum geht's im "It Comes At Night"
Während eine Pandemie einen Großteil der Weltbevölkerung ausrottet, versteckt sich Paul (Joel Edgerton) mit seiner Frau Sarah (Carmen Ejogo) und seinem 17-jährigen Sohn in einem abgelegenen Haus im Wald. Obwohl die Familie alles vermeidet, was Aufmerksamkeit auf sie lenken könnte, bricht eines Nachts ein fremder Mann bei ihnen ein.
Zwar kann Paul den Eindringling (Christopher Abbott) überwältigen, aber es ist nicht alles so schwarz-weiß, wie es zunächst den Anschein hat. Der Fremde erzählt nämlich, dass er von einem leerstehenden Haus ausging und außerdem seine Frau mit einem kleinen Kind hungernd auf ihn warten würde. Paul muss die schwierige moralische Frage beantworten, ob er dem Mann trauen und so womöglich seine eigene Familie in Gefahr bringen soll…
Darum lohnt sich "It Comes At Night"
„It Comes At Night“ wartet schon so früh mit den ersten Wendungen auf, dass man vorab am besten so wenig wie möglich über die Handlung weiß. Der Titel bezieht sich dabei allerdings nicht auf irgendwelche Monster, sondern spielt stattdessen auf ein Bibelzitat an, in dem es auf Deutsch heißt: „Ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht.“ Trey Edward Shults geht es eben nicht in erster Linie um einen offensichtlich-realen, sondern vielmehr um einen sehr viel tiefergehenden, metaphorischen Schrecken.
In karg-atmosphärischen Episoden entwirft der Regisseur gemeinsam mit seinem fantastischen Kameramann Drew Daniels das verstörende Porträt vermeintlich guter Menschen, hinter denen in dieser Ausnahmesituation ständig das Gespenst der Paranoia lauert. Man muss wohl gar nicht mehr groß anmerken, dass sich „It Comes At Night“ damit in Corona-Zeiten in seinen Aussagen unglaublich aktuell anfühlt.
Ein Mann mit Format(en)
Wie in seinem späteren Indie-Superhit „Waves“ wechselt Trey Edward Shults auch in „It Comes At Night“ zwischen verschiedenen Bildformaten hin und her: Wenn Paul mal wieder von fürchterlichen Albträumen heimgesucht wird, wechselt der Film ins viel breitere Cinemascope-Format, um das Publikum in diesen Szenen mit den klassischen Mitteln des Gruselgenres ordentlich durchzuschütteln. Ein faszinierendes Stilmittel, das im Fernsehen wohl noch mehr auffällt als im Kino (solange Tele 5 den Film nicht „zurechtschneidet“, was aber wirklich unverzeihlich wäre).
Nachdem sich die Anspannung im Verlauf des Films langsam, aber konsequent steigert, setzt das entschlossen gegen die Erwartungen gebürstete Finale den absolut passenden Schlusspunkt für eine Erzählung, bei der der Horror – genau wie die alles auslösende Pandemie – aus dem Inneren kommt und sich dann unaufhaltsam nach außen Bahn bricht…
"It Comes At Night" im TV verpasst? Kein Problem!
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