Netflix und „Stranger Things“ stehen hart in der Kritik. Eine Petition mit derzeit weit über 50.000 Unterstützer*innen wirft dem Streaming-Dienst und der Serie vor, Geschichtslöschung zu betreiben und den Holocaust für Profite auszunutzen. Grund dafür ist unter anderem ein ehemaliges Gefängnis, das für den Netflix-Hit als Drehort genutzt wurde und in dessen Nähe einst ein Nazi-Massaker mit hunderttausend Toten stattfand. Doch das ist erst der Anfang...
Netflix lässt Nazi-Gefängnis zum "Stranger Things"-Hotel machen
Die „Jews and Rroma Against Bigotry“ (auf Deutsch: Juden/Jüdinnen und Roma gegen Fanatismus), die die Petition erstellt haben, weisen darauf hin, dass Teile von „Stranger Things - Staffel 4“ im Lukiškės-Gefängnis in Litauen gedreht wurden. Dieses wurde im Zweiten Weltkrieg von den Nazis dazu genutzt, Jüdinnen, Juden, Roma und politische Gefangene wegzusperren und zu foltern. Nur wenige Kilometer entfernt kam es zum sogenannten Massaker von Ponary, einer Reihe von Massenmorden zwischen 1941 und 1944, dem über hunderttausend Menschen zum Opfer fielen.
In der Serie selbst stellt der Ort ein russisches Gefängnis da, in dem der von David Harbour gespielte Hopper von den Sowjets festgehalten und ebenfalls gefoltert wird. Nun böte dieser Umstand alleine wohl schon genug Potenzial für eine Kontroverse, doch es kommt noch dicker:
Zu Beginn von Staffel 4 hatten Netflix, Airbnb und die Tourismus-Agentur der nahe gelegenen Stadt Vilnius vor, das Gefängnis zu einem Hotel mit „Stranger Things“-Thematik umfunktionieren. Ein Aufenthalt hätte 107 Euro pro Nacht gekostet, es hätte eine Führung durchs Gefängnis und eine Waffelverköstigung gegeben. Es war sogar schon fertig eingerichtet, wie dieses Werbevideo zeigt:
Die Öffnung war für den 4. Juni geplant. Doch Wochen später, am 23. Juni, verkündete das Gefängnis gegenüber Primetimer, dass die Unterkunft nun doch nicht mehr zu buchen sei und man bisher auch keine Gäste aufgenommen habe. Möglicherweise haben die Betreiber*innen dann doch gemerkt, wie geschmacklos die Idee ist, und entschieden sich kurzfristig um.
Fans lassen sich problematische Tattoos stechen
Doch damit nicht genug: Netflix würde „Stranger Things“-Fans dazu anregen, sich Nummern auf den Unterarm stechen zu lassen, wie sie etwas Eleven (Millie Bobby Brown) und die anderen Kinder aus dem Labor in der Serie tragen. Dies würde das Trauma der Holocaust-Überlebenden ins Lächerliche ziehen und die schmerzhaften Erinnerungen der Betroffenen und deren Nachfahren mit Füßen treten. Schließlich wurden auch den Gefangenen der Nazi-Herrschaft Nummern auf den Unterarm tätowiert, um sie zu entmenschlichen. Der offizielle Instagram-Kanal von „Stranger Things“ feierte die Fanaktion jedoch mit einer Insta-Story:
Das sind die Forderungen der Petition
Die Verfasser*innen der Petition stellen folgende Forderungen:
- Geld, das mit Staffel 4 von „Stranger Things“ verdient wurde, soll den jüdischen und Roma-Gemeinden in Litauen zu gute kommen, um den entstandenen Schaden zu kompensieren.
- Airbnb, Netflix und „Stranger Things“ sollen sich öffentlich entschuldigen und den Beitrag ihres Handelns zum Auslöschen der Erinnerung an die Holocaust-Opfer und der immer noch stattfindenden Verfolgung der Roma verstehen.
- Das Airbnb soll sofort geschlossen werden. (Dies ist wahrscheinlich schon passiert. Schließlich lässt sie dich Unterkunft aktuell nicht mehr bei Airbnb aufrufen.)
Von Netflix selbst gab es bisher noch kein Statement. Auch auf Nachfrage von FILMSTARTS hieß es, der Streaming-Dienst würde die Vorwürfe nicht kommentieren.
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