„Das war’s, ich bin raus“ – mit diesen oder ähnlichen Worten verabschiedete sich mein Sitznachbar aus dem Saal, als beim Fantasy Filmfest 2021 eine Szene aus „The Innocents“ über die Leinwand flimmerte, die mit Kindern und einer armen Katze zu tun hat. Ohne seine jugendlichen Protagonist*innen pauschal zu dämonisieren, beschäftigt sich der norwegische Filmemacher und Vater Eskil Vogt mit kindlicher Wut und der Barriere zwischen Erwachsenen und Kids, die zu brutalen Konsequenzen führt. Das mag sehr unangenehm sein, ist aber erfrischend weit entfernt vom ansonsten üblichen Umgang mit Kindern in Filmen, die entweder verniedlicht werden oder sich wie kleine Erwachsene benehmen.
Übersinnliche Fähigkeiten, echte Kinderwut
In „The Innocents“, der am heutigen 14. April 2022 regulär in den deutschen Kinos startet, ziehen die Geschwister Ida (Rakel Lenora Fløttum) und Anna (Alva Brynsmo Ramstad) mit ihren Eltern in eine eher triste Hochhaussiedlung, in der sich Ida nicht wohl fühlt. Auf dem Spielplatz findet sie zwei neue Freunde. Die Kids verfügen über telepathische und telekinesische Kräfte. Harmlose Spiele werden zu grausamen Attacken, als sich die kindliche Wut in Form der übernatürlichen Fähigkeiten Bahn bricht…
Ein Schocker, aber kein billiger
Die Brutalität der Kinder verstört, ohne dass es sich bei „The Innocents“ um einen reißerischen Schocker handeln würde. Eskil Vogt, der auch das Drehbuch zum gefeierten Drama „Der schlimmste Mensch der Welt“ geschrieben hat, nimmt die Kids als denkende, fühlende Menschen vollkommen ernst und macht sie konsequenterweise zu den Protagonist*innen seines Thriller-Dramas, während die Erwachsenen hier keinen echten Zugang zur Welt der Kinder haben.
In seiner 5-Sterne-Kritik kommt FILMSTARTS-Chefredakteur Christoph Petersen zu folgendem Fazit: „Gnadenlos böse und dabei gnadenlos gut! ‚The Innocents‘ mag im Kern als Sandkasten-Version der ‚X-Men‘ daherkommen, ist trotz der kindlichen Protagonist*innen aber ein ebenso radikales wie niederschmetterndes Meisterwerk.“
The InnocentsAuch in unserer neuen Folge unseres wöchentlichen Kinopodcasts Leinwandliebe haben wir uns mit „The Innocents“ beschäftigt:
Außerdem neu im Kino: "Eingeschlossene Gesellschaft", "The Contractor", "Red Rocket"
Das Programm der Kino-Neustarts ist vielfältig und bietet, was andere empfehlenswerte Filme angeht, eine Lehrer-Komödie, einen Action-Thriller mit Chris Pine und eine Tragikomödie über einen alternden Porno-Star:
Fazit zu unserer 3,5-Sterne-Kritik zu „Eingeschlossene Gesellschaft“: „Mit diesem Schauspielensemble lässt man sich gern einschließen! ‚Eingeschlossene Gesellschaft‘ ist eine kurzweilige Komödie, in der der deutsche Lehrkörper mit entlarvendem Biss ins Visier genommen wird.“
Fazit zu unserer 3-Sterne-Kritik zu „The Contractor“: „Ohne Bombast und Militär-Mackertum kommt ‚The Contractor‘ auf eher leisen und schmuddeligen Sohlen daher. Ein schlichter, aber angenehm geradlinig-geerdeter Berlin-Action-Thriller mit einem klar über Genre-Durchschnitt agierenden Chris Pine.“
Fazit zu unserer 4-Sterne-Kritik zu „Red Rocket“ über einen Porno-Star auf Heimreise: „Auf tragikomische Weise erzählt Sean Baker von skurrilen Figuren, die mit Selbstbewusstsein und Stolz ihr Leben am Rande der Gesellschaft führen. Dicht inszeniert, kurzweilig und oft anrührend ist ‚Red Rocket‘ ein ambitionierter und auf wunderbar-unaufdringliche Weise auch relevanter Film.“
