Alle neun Staffeln von „The Office“ sind seit dem heutigen 15. Januar 2022 bei Netflix verfügbar. Damit eröffnet sich Neueinsteigern die Möglichkeit, per bestehendem Streaming-Abo ohne Zusatzkosten in die legendäre Comedy-Serie einzutauchen. Wer dies plant, sollte sich aber zumindest einer Sache bewusst sein: Staffel 1 fühlt sich deutlich anders an als der komplette Rest der Serie.
Wer „The Office“ wirklich eine faire Chance geben will, sollte sich deshalb zumindest bis Staffel 2 gedulden, um zu entscheiden, ob er/sie dranbleibt oder aussteigt.
Staffel 1 war nur ein Testballon
„The Office“ startete als Remake der gleichnamigen britischen Serie, die in Deutschland ebenfalls adaptiert wurde, und zwar als „Stromberg“. Alle drei Varianten haben zumindest in Staffel 1 noch eines gemeinsam: Die Hauptfigur ist ein schmieriger, sexistischer und sozial inkompetenter Wichtigtuer, der sich selbst in jedes Fettnäpfchen setzt und mit seinen peinlichen Aktionen vor allem Unbehagen und Fremdscham bei den Zuschauer*innen auslöst.
Dieser Humor ist nicht für jeden geeignet, hat aber durchaus auch seine Anhänger*innen: Nicht umsonst sind das britische „The Office“ und „Stromberg“ große Hits in ihren jeweiligen Ländern. Doch als NBC im Jahr 2005 den Versuch wagte, das Konzept auch auf das US-amerikanische Publikum zu übertragen, stieß Staffel 1 auf verhaltenes Echo. Eigentlich wäre die Serie zu diesem Zeitpunkt schon gescheitert und fast eingestellt worden. Doch obwohl Staffel 1 floppte, wurde „The Office“ aus drei Gründen dennoch zum langfristigen Erfolg, wie Autor Michael Schur gegenüber Vox erklärte:
- Kevin Reilly, der damalige Chef der NBC-Primtime-Sparte, war ein großer Fan der Original-Serie und setzte alles daran, Staffel 2 doch noch zu realisieren.
- „Jungfrau (40), männlich, sucht“ mit Steve Carell war ein großer Kinohit und steigerte die Popularität des „The Office“-Hauptdarstellers enorm.
- Showrunner Greg Daniels erkannte genau, warum Staffel 1 nicht zündete, und entschied, die Hauptfigur Michael Scott zu überarbeiten, um sie dem Publikum nahbarer zu machen.
Erst in Staffel 2 findet "The Office" seine Topform
In Staffel 1 war Michael Scott (Steve Carell) eine durch und durch unsympathische Figur. Wer „Stromberg“ mag, wird deshalb auch mit den ersten Gehversuchen von „The Office“ gut klarkommen. Aber auch der Autor dieser Zeilen hat bereits zweimal versucht, „Stromberg“ eine Chance zu geben, musste aber jedes mal feststellen, dass die Serie nichts für ihn ist. Die US-Version von „The Office“ zählt hingegen zu seinen Lieblings-Sitcoms.
Der Grund dafür wurde oben bereits angeschnitten: Ab Staffel 2 wird Michael Scott deutlich sympathischer. Greg Daniels setzte gegen den anfänglichen Widerstand seiner Autor*innen folgende Idee durch: „Die Figur, die [Steve Carell in ‚Jungrau (40), männlich, sucht‘] spielt, ist so nett und liebenswürdig. Wir müssen 20 Prozent dieser Energie nehmen und sie in Michael Scott stecken.“
Fortan bemühte sich das Team darum, Michael Scott abzuändern. So entwickelte sich der Büroschreck zu einer tragischen, weil einsamen und missverstandenen Figur. Nicht falsch verstehen: Michael Scott sorgt auch in den darauffolgenden Staffeln noch für reichlich Fremdscham und er tut auch immer noch moralisch furchtbare Dinge. Doch er hat auch immer wieder kleine Momente der Menschlichkeit, die uns mit ihm mitfiebern lassen.
Auch der Humor der Serie wird nach Staffel 1 deutlich bekömmlicher. Manch einem mag diese Änderung missfallen. Doch wer so denkt, kann ja immer noch auf die britische Variante zurückgreifen, die einem das Maximum an Unbehagen und Cringe bietet:
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Die US-Version ist hingegen leichter konsumierbar und bietet darüber hinaus auch den ein oder anderen langfristigen Handlungsbogen, der einen auch emotional berührt.
Falls ihr also wirklich die Essenz von „The Office“ kennenlernen wollt, dann solltet ihr zumindest einige Folgen von Staffel 2 gesehen haben. Überspringen solltet ihr Staffel 1 aber trotzdem nicht. Die sechs Episoden sind schließlich schnell vorbei und haben trotz ihrer rauen Art einige der besten Momente der Serie zu bieten.
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