Mit ihrem wegweisenden Sci-Fi-Actioner „Matrix“ und dessen revolutionären Effekten schrieben die Wachowski-Schwestern 1999 Filmgeschichte. Die beiden Fortsetzungen hatten „Matrix Reloaded“ und „Matrix Revolutions“ hatten zwar keinen solchen Einfluss mehr, brachten die Reihe aber halbwegs rund zu Ende. 18 Jahre später aber wird das Franchise mit „Matrix 4: Resurrections“ nun doch noch fortgesetzt.
Doch können Regisseurin Lana Wachowski und ihre zurückkehrenden Stars Keanu Reeves und Carrie-Anne Moss nach dem Ende von „Revolutions“ noch einmal an die Stärken der Trilogie anknüpfen? Und kommen sie wirklich mit einer Idee um die Ecke, die ein so spätes Sequel rechtfertigt und nicht nur eine bloße Wiederholung des meisterlichen Erstlings ist? Die ersten Stimmen zum Film sprechen hier eine nicht ganz so eindeutige Sprache – auch wenn die positiven Reaktionen bislang überwiegen.
Meta-Uneinigkeit
„Matrix: Resurrections“ wurde inzwischen einigen Vertretern und Vertreterinnen der Fachpresse gezeigt. Während ausführliche Kritiken aber erst Dienstagabend erscheinen dürften, besteht jetzt schon die Möglichkeit, ein kurzes Twitter-Urteil zu fällen – wovon viele bei solch einem mit Spannung erwarteten Blockbuster natürlich Gebrauch gemacht haben.
Etwas Uneinigkeit herrscht hier bereits darüber, wie gut der Meta-Ansatz funktioniert, mit dem in „Matrix: Resurrections“ sehr selbstreferentiell auf die drei Vorgänger geschaut wird. Kritikerin Courtney Howard aber ist restlos begeistert von der „fantastischen, für Staunen sorgenden und den Verstand verbiegenden“ Fortsetzung, die einen innovativen Weg findet, die neue Story einzurahmen. Gelobt werden von Howard zudem die tolle Chemie zwischen Keanu Reeves und Carrie-Anne-Moss, Neuzugang Jessica Henwick und die großen bedeutungsvollen Action-Sequenzen, die voller Anspielungen an die ersten drei Teile stecken:
Auch Slash-Film-Redakteur Chris Evangelista und Gizmodo-Unterhaltungsreporter Germain Lussier bringen ihre Liebe zum Sci-Fi-Actioner bei Twitter zum Ausdruck: „‚Matrix: Ressurrections‘ ist ein Heidenspaß. Weird, romantisch, *extrem* meta und durchweg witzig“, heißt es bei Evangelista, der die Herangehensweise des Films in einem weiteren Tweet mit den Meta-Sequels „Gremlins 2“, „Freddy's New Nightmare“ und „Texas Chainsaw Massacre 2“ vergleicht. Lussier schreibt derweil: „[Der Film] erfindet das Franchise auf brillante Weise neu, während er die Bedeutung der ersten drei Filme steigert und dabei noch rührend, aufregend und umwerfend ist. Er ist sehr schräg und komplex.“
Fandango-Schreiber Erik Davis lobt derweil vor allem den herausragenden ersten Akt, der „smart, witzig, weird, selbst-referentiell und unerwartet“ sei, ist aber auch vom Rest des Films sowie dessen einfallsreichen Actionszenen, hochtrabenden Story-Entscheidungen und großen Ideen angetan, die für viele Fragen sorgen werden. In dem Zusammenhang empfiehlt er nicht nur mehrere Sichtungen, sondern auch, sich die Vorgänger vorher noch mal anzuschauen:
Wie Davis betont auch der von „Matrix: Resurrections“ umgehauene Ethan Alter von Yahoo Entertainment, dass der Film beim „wundervollen und unerwarteten“ Aufbau auf die Sequels nicht nur perfekt zu dem passt, was vorher kam, sondern die „Matrix“-Welt auch für viele neue Geschichten öffnet:
"Star Wars"-Vergleiche
Die Meta-Herangehensweise von „Matrix: Resurrections“ beschränkt sich aber offenbar nicht nur auf die Reihe selbst, sondern weist auch darüber hinaus und liefert generell einen Kommentar zum gegenwärtigen Reboot-Wahn. Auch deswegen ist der Film laut Brian Davids vom Hollywood Reporter einer der am stärksten zum Nachdenken anregenden Blockbuster aller Zeiten (wie einige Kolleg*innen hebt Davids daneben zudem hervor, dass im Zentrum vor allem auch die bewegende Liebesgeschichte zwischen Neo und Trinity steht).
IndieWire-Kritiker David Ehrlich stimmt mit ein und vergleicht die Fortsetzung in diesem Kontext mit dem umstrittenen „Star Wars 8: Die letzten Jedi“: ‚Matrix Resurrections‘ ist trotz (und wegen) seiner unendlichen Albernheit das mutigste und persönlichste Hollywood-Sequel seit ‚Die letzten Jedi‘. Ein absurdes/aufrichtiges Gedankenspiel zur Reboot-Kultur, das Frieden damit schließt, wie moderne Blockbuster sich heutzutage nur noch um sich selbst drehen.“
Auch Superhelden-Expertin Kirsten Acuna zieht einen „Star Wars“-Vergleich, allerdings zu „Star Wars 7“, da auch „Matrix: Resurrections“ ein ähnlich nostalgischer Mix aus Sequel und Reboot sei, der (möglicherweise) eine neue Reihe lostritt:
Besser als Teil 2 und 3, aber ...
Acuna merkt dabei bereits an, dass „Matrix 4“ definitiv besser als die Vorgänger „Matrix Reloaded“ und „Matrix Revolutions“ sei. Dem stimmen auch einige kritischere Stimmen zu, auch wenn das für viele von ihnen nicht viel heißt. Denn längst nicht alle können mit dem neuen „Matrix“ und dem eingeschlagenen Weg etwas anfangen. „Nichts ist von Bedeutung und das nicht auf eine coole, nihilistische Weise“, stellt etwa Mashable-Autorin Alison Foreman ernüchtert fest:
Cheat-Sheet-Redakteur Jeff Nelson setzt sogar noch einen drauf: „‚Matrix Resurrections‘ ist eine fast zweieinhalbstündige Expositionsmüllkippe mit abgehackten Actionszenen, die an die ‚Bourne‘-Filme erinnern. Er nutzt viel zu viel Material aus den Vorgängern und ist allzu meta.“
Auch Clayton Davis von Variety gehen die Selbstreferenzen zu weit: „‚Matrix Resurrections‘ ist sich zu sehr seiner selbst bewusst. Während er sich zu sehr über sich selbst lustig macht, wird vor allem Wert auf die Liebesgeschichte und nicht so sehr auf die bahnbrechende Action und die Effekte gelegt, die die Leute wollen.“
Für Award-Spezialist Joey Magidson fühlt sich im vierten „Matrix“ ebenfalls zu wenig neu an, obwohl er zumindest einige Ideen interessant findet und den Cast lobt:
Andere Journalist*innen wie zum Beispiel Scott Mendelson von Forbes stehen ganz ähnlich zwischen den Stühlen. Auch er bemängelt die enttäuschende Action und die flachen neuen Figuren, ist aber wiederum trotzdem vom bissigen Meta-Kommentar beeindruckt und kommt letztlich zu einem versöhnlichen Fazit: „Er ringt mit seinem eigenen Vermächtnis ähnlich wie ‚Jurassic World‘, ‚Bad Boys 3‘ und ‚Ready Player One‘. Ich bevorzuge die ersten drei Teile, aber es ist trotzdem ein wilder Ritt.“
Egal, wie das Urteil zum neuen „Matrix“ nun ausfällt, faszinierend scheint das Ergebnis in jedem Fall zu sein. Davon kann man sich nun auch in wenigen Tagen auf der großen Leinwand überzeugen:
„Matrix: Resurrections“ startet am 23. Dezember 2021 in den deutschen Kinos. Am selben Tag erscheint bei gängigen Podcast-Anbietern wie Spotify auch die neue Ausgabe unseres Podcasts Leinwandliebe, in der sich alles um den Mindfuck-Actioner dreht. Unsere Kritik zum Film geht bereits pünktlich zum Ablauf des oben erwähnten Embargos am Abend des 21. Dezembers online.