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    Die wahre Geschichte hinter "House Of Gucci": Das war sogar für den Film zu verrückt
    Björn Becher
    Björn Becher
    -Mitglied der Chefredaktion
    Seit mehr als 20 Jahren schreibt Björn Becher über Filme und Serien. Hier bei FILMSTARTS.de kümmert er sich um "Star Wars" - aber auch um alles, was gerade im Kino auf der großen Leinwand läuft.

    „House Of Gucci“ ist zwar inspiriert von der wahren Geschichte, nimmt sich aber auch sehr viele Freiheiten. Aber einen Aspekt lassen die Verantwortlichen um Ridley Scott sogar komplett unter den Tisch fallen. Es wäre womöglich auch zu viel gewesen...

    Universal Pictures

    Mehr als zweieinhalb Stunden lang geht „House Of Gucci“ - auch weil Ridley Scott so unglaublich viel in seinen Film packen will. Gerade in der zweiten Hälfte reiht er vor allem Ereignisse aneinander, die unbedingt noch erwähnt werden sollen. Doch mit der Gerichtsverhandlung gegen Patrizia Reggiani (Lady Gaga) und ihre Komplizen endet der Film. Die Abschlusstexttafeln informiert uns nur über die Höhe der unterschiedlichen Gefängnisstrafen, die gegen alle verhängt wurden. Dabei gab es noch eine weitere spektakuläre Geschichte, die im Film jedoch ausgespart wird.

    Denn was viele nicht wissen: Patrizia Reggiani sammelte während ihrer Zeit im Gefängnis richtig viel Geld an – und zwar Geld von der Familie Gucci. Bei ihrer Scheidung von Maurizio Gucci (im Film gespielt von Adam Driver) wurde ihr eine jährliche Millionenzahlung zugestanden. Nach dem Mord an ihrem Mann schien für die italienische Öffentlichkeit klar, dass sie keinen Cent mehr davon kassieren wird.

    House Of Gucci

    Doch ein Gericht entschied nach langen Debatten erst 2017 (!) anders. Da die Zahlung von Alimenten schon 1994 bei der Scheidung und damit vor dem Mord, der erst 1995 passierte, vereinbart wurde, habe diese Übereinkunft weiter bestanden. Es sei eben nicht vergleichbar mit dem Fall, wo die eine Seite in einer Ehe die andere umbringt, um dadurch ans Geld (zum Beispiel: das Erbe) zu kommen, und bei Verurteilung wegen dieser Tat dann jeglichen Anspruch darauf verliert.

    Laut dem Gerichtsentscheid steht Reggiani deswegen aus dem von ihren Töchtern verwalteten Nachlasses ihres toten Ex-Mannes weiterhin jährlich die Summe von 1,47 Millionen Dollar zu. Wie die National Post berichtet, entschied das Gericht sogar, dass ihr für die vielen Jahre im Gefängnis, in denen sie das Geld nicht erhielt, noch nachträglich die Gesamtsumme von 26 Millionen Dollar zustehe.

    Öffentlich wurde diese Entscheidung heftig als „verrückter Irrsinn“ kritisiert, doch die juristische Argumentation ist wasserdicht.

    Wie reich ist Patrizia Reggiani?

    Ridley Scott hat in seinem Film darauf verzichtet, am Ende noch darauf hinzuweisen, dass Patrizia Reggiani jedes Jahr, welches sie im Gefängnis saß, somit quasi über eine Million Dollar verdient hat, obwohl das auf den ersten Blick eigentlich ein verrückt-irrsiniger Abschluss für den verrückt-irrsinnigen Film gewesen wäre.

    Womöglich war Scott aber die Angelegenheit einfach nur zu kompliziert - zumal sich der Rechtsstreit ja noch einmal über rund zwei Jahrzehnte hinzog und wie gesagt erst 2017, also weit nach Ende der Filmhandlung, abschließend entschieden wurde.

    Und hätte er auch all das noch erzählen wollen, hätte er vielleicht auch auf die Haftzeit eingehen müssen, in der es noch eine weitere Volte gibt: Patrizia Reggiani verzichtete nämlich freiwillig auf eine vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis!

    Patrizia Reggiani: "Ich habe nie gearbeitet!"

    Auch diesen interessanten Teil der wahren Geschichte hat Scott in den Texttafeln verschwiegen - womöglich auch einfach, weil er nicht zur von ihm erzählten Geschichte passt. Nach der Hälfte ihrer ursprünglich auf 29 Jahre festgesetzten, später auf 26 Jahre reduzierten Haftstrafe wurde ihr die vorzeitige Freilassung auf Bewährung angeboten.

    Sie hätte dafür aber an einem Arbeitsprogramm teilnehmen müssen, das bei der Eingliederung in die Gesellschaft hilft. Reggiani lehnte dies 2011 mit den Worten ab: „Ich habe in meinem Leben noch nie gearbeitet, da werde ich ganz sicher nicht jetzt damit anfangen.“ Das konnte Scott natürlich nicht in abschließenden Texttafeln erwähnen, zeigt er in seinem Film doch, dass sie im Geschäft ihres Stiefvaters tätig ist. Dieser ganze Teil ist aber erfunden, auch ihr Ehemann Maurizio musste dort nie Trucks waschen.

    Patrizia Reggiani wurde dann erst fünf Jahre später entlassen: Im Oktober 2016 kam sie nach 18 Jahren im Gefängnis frei, als sie dann doch noch die Aufnahme in das Programm als Bedingung für ihre Freilassung akzeptierte: Sie wurde zeitweise Beraterin für eine Mailänder Schmuckmarke – und einige erzählen sich, dass sie dabei davon träumte, eine ähnliche Rolle trotz ihres Alters (mittlerweile 73 Jahre) noch einmal bei Gucci auszuüben. Reggiani träumt also angeblich davon, noch einmal zu Gucci zurückzukehren und doch noch an dem Wirken der legendären Modemarke mitzuwirken. Das ist natürlich absolut unrealistisch. Aber es ist eine verrückte Vorstellung – womit es eigentlich perfekt zu all den anderen Geschehnissen in „House Of Gucci“ und der wahren Geschichte passt.

    "House Of Gucci" im Podcast

    Falls ihr euch noch mehr für die verrückten Seiten des Films – allen voran die Darstellungen von Jared Leto und Co. - interessiert, empfehlen wir euch die Ausgabe unseres Leinwandliebe-Podcast zu „House Of Gucci“:

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