+++ Meinung +++
Wenn über „Halloween Kills“ dieser Tage berichtet wird, dann vor allem über das – im Kontext des Franchise – unverhältnismäßig hohe Maß an sadistischer Brutalität. Tatsächlich gelingt es David Gordon Green auch im Verlauf des Filmes, immer wieder eindringliche Gewaltspitzen in Szene zu setzen, die die unmenschliche Härte eines Michael Myers nachträglich unterstreichen. Den wichtigsten Gewaltmoment allerdings vergeigt Green auf ganzer Linie...
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Nach einem kurzen Prolog, der uns noch einmal in die schicksalhafte Halloween-Nacht des Jahres 1978 zurückbringt und eine unglaublich gute Reinkarnation von Dr. Sam Loomis (Donald Pleasence) präsentiert, die in „Halloween Kills“ erstaunlicherweise vollkommen ohne digitale Nachbearbeitung ausgekommen ist, lässt der Film die Katze aus dem Sack respektive Michael Myers aus dem flammenden Inferno, in dem er von Laurie (Jamie Lee Curtis) am Ende von „Halloween“ wie ein tollwütiges, ungewolltes Tier eingesperrt wurde.
Michael Myers gegen alle – das funktioniert nicht
Im Trailer wurde die Szene bereits angedeutet, in der Michael Myers – ganz wortwörtlich zu verstehen – zum gnadenlos-effektiven Massenmörder avanciert und einen ganzen Trupp tapfer angerückter Feuerwehrmänner mittels Brechstange, Handkreissäge und den bloßen Händen in seine Einzelteile zerlegt. Was im Trailer tatsächlich wuchtig und spektakulär wirkte, gehört im Film zu den schwächsten Momenten, denn in dieser eigentlich ungemein wichtigen Szene zeigt David Gordon Green, dass er kein guter Regisseur für energetische Action-Choreographien ist.
Via Instagram hat Jamie Lee Curtis erst kürzlich ein Video geteilt, auf dem zu sehen ist, wie Michael-Myers-Darsteller James Jude Courtney die Bewegungsabläufe für das Anfangsgemetzel von „Halloween Kills“ probt. Ein cooler Einblick hinter die Kulissen – und deutlich interessanter als das Endprodukt:
In „Halloween Kills“ wirkt die Sequenz ungemein lethargisch. Schwerfällig muss sich Urgewalt Michael Myers von einem Feuerwehrmann zum nächsten schleppen – und wird dabei von einem Film-Schnitt im Stich gelassen, der sich nicht auf die Dynamik konzentriert, sondern auf das reine Abbilden. Dieser Moment, der im Trailer durch die treibende musikalische Untermalung und die temporeiche Schnittfolge noch Hoffnung auf eine epische Eruption archaischer, längst schon verselbstständigter Grausamkeit machte, ist im fertigen Film eine Enttäuschung.
Die Gewalt rettet sich in Halloween Kills selbst
Wegen der handwerklichen Defizite, die die eigentlich schön aufgebaute Szene zwischen Michael Myers und den Feuerwehrmännern zerstören, musste man schon ein wenig Angst dahingehend haben, dass „Halloween Kills“ die alles durchdringende Körperlichkeit abhandenkommt, die Michael Myers seit jeher für sich beansprucht. Denn ein Einstieg nach Maß, der sich als Gradmesser für die nächsten 90 Minuten versteht, sieht ganz anders aus.
Glücklicherweise sind spätere Gewaltexzesse deutlich gelungener, weil sie eben nicht das große Spektakel vorspielen, um dann am eigenen Handwerk zu scheitern. Stattdessen ist Michael Myers wieder genau der Schatten, den wir so lieben. Er steigt in Häuser ein, lauert hinter Bäumen, ist immer präsent, selbst wenn er nicht anwesend ist und meuchelt seine Opfer mit einer leblosen Kaltblütigkeit ab, mit der im „Halloween“-Franchise höchstens Reboot-Regisseur Rob Zombie Schritt halten kann.
FSK-18-Horror "Halloween Kills": Das blutige Ende erklärtDas geht sogar so weit, dass nicht nur ein Kind der Slasher-Ikone ins Messer rennt, sondern auch deutlich sichtbar ein Augapfel aus dem Schädel gepresst wird. Ja, „Halloween Kills“ ist brutal, durchweg, oftmals an der Grenze zur viehischen Brutalität. Aber der Film funktioniert nur, wenn die Gewalt nicht durch eine offensichtlich einstudierte Bewegungsgestaltung rhythmisiert wird. Michael Myers ist in seinem Element, wenn er hinterrücks und brachial vorgeht. In Massenszenen funktioniert er nicht.
"Halloween Kills" im Podcast
Was Moderator Sebastian und FILMSTARTS-Redakteur Tobias von „Halloween Kills“ halten, könnt ihr in einer neuen Folge Leinwandliebe hören. Dort blicken wir auch hinter die Kulissen der Produktion von Horrorfilmen und erklären, warum sie ein sehr lukratives Genre sind, das uns sicherlich noch viele weitere „Halloween“-Sequels bescheren wird:
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