+++ Meinung +++
In der Theorie hat „Foundation“ das Potenzial alle jemals dagewesenen Science-Fiction-Serien in den Boden zu stampfen. Die Vorlage stammt aus der Feder von Isaac Asimov, einem der angesehensten Sci-Fi-Autoren aller Zeiten. Und „Foundation“ ist nicht einfach nur irgendeines seiner Werke, sondern sein Magnum Opus.
Die Original-Buchtrilogie, die in den 1940er-Jahren als Kurzgeschichten entstand und erst in den Jahren 1951 bis 1953 in From dreier Romane neu veröffentlicht wurde, bekam 1966 einen Hugo Award (also den prestigeträchigsten Preis der Sci-Fi- und Fantasy-Literatur) als „Beste Reihe aller Zeiten“ und besiegte damit hochkarätige Konkurrenz wie Tolkiens „Herr der Ringe“-Epos.
Dazu kommt, dass Apple sich die Serienadaption einiges hat kosten lassen. Wie Showrunner David S. Goyer („The Dark Knight“-Trilogie) verriet, gab Apple für je zwei Episoden von „Foundation“ ungefähr dasselbe Budget aus, wie normalerweise für einen Film.
Also: Kann es eigentlich eine noch vielverprechender Sci-Fi-Serie als „Foundation“ geben? Ich habe mir die ersten beiden Folgen, die seit dem heutigen 24. September 2021 auf Apple TV+ verfügbar sind, angesehen, um das herauszufinden. Eine wichtige Info vorneweg: Ich habe die Buchvorlage nicht gelesen und hatte bevor ich den ersten Trailer zur Serie sah, wirklich keine Ahnung von „Foundation“. Meine Bewertung richtet sich daher in erster Linie an diejenigen, die die Bücher nicht gelesen haben. Asimov-Fans werden womöglich zu ganz anderen Einschätzungen kommen.
Darum geht es in "Foundation"
Schon die Prämisse von „Foundation“ hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Wie auch in „Star Wars“ oder „Dune“ gibt es hier ein galaktisches Imperium. Doch das droht zu zerfallen, Kriege werden ausgefochten und Welten vernichtet, die gesamte Menschheit droht in ein 30.000 Jahre andauerndes dunkles Zeitalter zu stürzen. Das zumindest ist die Prognose des brillanten Mathematikers Hari Seldon (Jared Harris), der davon überzeugt ist, mithilfe seiner selbstkreierten Disziplin der Psychohistorik das Schicksal großer Populationen vorhersagen zu können – und in diesem Fall eben deren Untergang.
Der Fall lasse sich nicht verhindern, aber der Aufprall deutlich abschwächen. Seldon empfiehlt eine Gruppe der genialsten Wissenschaftler und Forscherinnen zusammenzustellen und mit ihnen das wichtigste Wissen der Menschheit zu sammeln. Die Foundation, also Grundlage, soll es der Nachwelt ermöglichen, schneller wieder aus dem dunklen Zeitalter herauszukommen und die Dauer der Erholung von 30.000 auf nur noch etwa 1.000 Jahre zu reduzieren.
Natürlich kommt die Vorhersage Seldons bei den Imperatoren nicht gut an. Von denen gibt es übrigens drei Stück, allesamt geklont aus dem ehemaligen Herrscher Cleon I.: Day (Lee Pace) ist ein Mann im besten Alter und der Anführer des Trios. Als Berater steht im sein schon ergrauter Bruder Dusk (Terrence Mann) zur Seite und der noch im Kindesalter befindliche Dawn (Cassian Bilton) soll erstmal zusehen und lernen, um später selbst herrschen zu können.
Das Imperium glaubt dem Mathematiker nicht. Seine Prognose sei viel zu abstrakt und kompliziert, um von irgendjemanden im Universum überhaupt verstanden zu werden. Hier kommt die junge Mathematikerin Gaal Dornick (Lou Llobell) ins Spiel. Sie konnte ihr Genie bei einem Wettbewerb unter Beweis stellen und wird deshalb in die Hauptstadt des Universums gebracht, um Seldons Theorie zu begutachten. Für Gaal beginnt damit eine Reise voller Gefahren, aber auch mit Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Das Geld sieht man: "Foundation" ist ein Fest für Sci-Fi-Fans
„Foundation“ ist eine Sci-Fi-Serie mit einem derart hohen Produktionsaufwand, wie es sie wohl noch nicht gegeben hat – und das sieht man auch. Bis auf eine einzige Ausnahme gleich zu Beginn, als einige etwas mittelmäßig animierte Echsen durchs Bild huschen, war ich von dem Niveau der visuellen Effekte größtenteils schwer beeindruckt, und zwar nicht nur bei Laserwaffen und Raumschiffen.
Doch es sind eben nicht nur die Effekte, die optisch ordentlich was her machen. Auch die Kulissen und Locations entführen in eine glaubwürdige Sci-Fi-Welt. Sei es an Bord eines Raumschiffs, im bescheidenen Fischerdorf auf Gaals Heimatplaneten oder im prunkvollen Palast des Imperiums: „Foundation“ ist zwar kein „Dune“, könnte von den Schauswerten aber auch problemlos im Kino laufen, weshalb ich euch dringend empfehle, die Serie auf einem möglichst großen Bildschirm und eben nicht auf euren Laptop-Monitor oder gar Smartphone zu schauen.
Die besten Fernseher für Filmfans – 4K-TVs schon ab 369 EuroDie Schwäche von "Foundation": Es geht alles zu schnell
Die prächtige Verpackung nützt natürlich nichts, wenn der Inhalt nicht stimmt, und hier liegt auch schon mein einziger, aber doch recht schwerwiegender Kritikpunkt: Denn obwohl die Folgen von „Foundation“ jeweils rund eine Stunde dauern, wirkt die Serie sehr gehetzt. Ständig hatte ich das Gefühl, dass mir Informationen fehlen oder ich eigentlich mehr Zeit mit den Figuren verbringen müsste, um deren Handlungen nachvollziehen zu können.
Am deutlichsten zeigt sich das bei der Hauptfigur Gaal. Sie wächst als Mathe-Genie auf einem Planeten auf, auf dem Wissenschaftler*innen von der Gesellschaft geächtet und teilweise sogar Opfer von Gewalt werden. Dann wird sie von ihrem großen Idol in die Hauptstadt des Imperium eingeladen und von den Herrschern der Galaxis nach ihrer Meinung gefragt. Anschließend passieren noch andere heftige Dinge, die ich hier nicht spoilern möchte. Doch trotz dieser lebensverändernden Umstände und ihrer traumatischen Vergangenheit ist schon nach ein paar Minuten jegliche Nervosität verflogen.
Bereits in Folge zwei tritt Gaal mit einem Selbstbewusstsein hart an der Grenze zur Arroganz auf und agiert auf Augenhöhe mit Seldon. Das passt so gar nicht zu ihrer Vorgeschichte oder zumindest liefert die Serie nicht genug Charakterentwicklung, um dieses Verhalten nachvollziehbar zu erklären.
Als jemand, der die Vorlage nicht kennt, hatte ich das Gefühl, dass die Serie mir nur ein Best-of der Bücher serviert, also quasi nur die essenziell wichtigen Szenen aus den Romanen aneinanderreiht. Allein schon die ersten zwei Folgen sind voll mit Momenten, die in der Theorie richtig bedeutungsvoll und intensiv sein müssten. Doch da mir der Vorlauf fehlte, zum Beispiel in Form einiger Momente, die für die Handlung nicht essenziell wichtig gewesen wären, mir aber dafür die Figuren und die Welt von „Foundation“ hätten näherbringen können, blieb die große emotionale Wucht aus.
Das hat Denis Villeneuve bei „Dune“ deutlich besser hinbekommen – und das, obwohl es in einem Film eigentlich noch weniger Zeit dafür gibt.
Dennoch: Die Genialität von Isaac Asimov ist spürbar
Trotz des zu sehr gehetzten Erzähltempos hat mich „Foundation“ aber gepackt. Die Welt steckt schon in den ersten beide Folgen voller spannender Mysterien, interessanter Sci-Fi-Konzepte und toller Momente.
Wenn Gaal beispielsweise mit anderen Wissenschaftlerinnen und Forschern darüber debattiert, warum sie für die Nachwelt ausgerechnet das Dezimalsystem nutzen sollten, wenn doch viele andere Welten mit einem System rechnen, das auf der Basis von 12 oder 27 basiert, dann basiert das auf einer Diskussion, die in der Forschung gar nicht so selten ist. Und auch die Idee, eine Raumstation zu bauen, die mittels riesigem Aufzug mit einem Planeten verbunden ist, wurde tatsächlich auch schon von realen Wissenschaftler*innen in Erwägung gezogen.
Es gibt eine ganze Menge solcher Ideen und Konzepte in der Serie, in denen Wissenschaft und Fiktion wunderbar harmonieren. „Foundation“ fühlt sich einfach wie ganz große Science-Fiction an. Und auch wenn ich nicht weiß, wie nah sich die Serie an der Vorlage orientiert, gehe ich davon aus, dass das dem Genie von Isaac Asimov zu verdanken ist, der hier eine Welt und eine Geschichte erschaffen hat, deren Verlauf ich gerne noch weiter verfolgen möchte – auch wenn es an der ein oder anderen Stelle noch etwas hakt.