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    Interview mit "Saw"- & "Conjuring"-Mastermind James Wan: Das steckt hinter seinem neuen Kult-Killer Gabriel aus "Malignant"!
    Christoph Petersen
    Christoph Petersen
    -Chefredakteur
    Seitdem er nach „Scream“ eine Woche lang nicht schlafen konnte, jagt er diesem Gefühl hinterher – und schaut deshalb so gut wie jeden Horrorfilm.

    Der aktuell im Kino laufende Horror-Schocker „Malignant“ ist total durchgeknallt – und das gilt auch für das Konzept des Killers Gabriel. Wir sprechen mit James Wan über den Ursprung der Idee – geraten dabei aber auch schnell in Spoiler-Gefilde…

    Warner Bros.

    Malignant“ ist für uns der bisher beste Horrorfilm des Jahres – zugleich ist es aber auch ein Film, der umso besser ist, je weniger man vorab über den Plot weiß. Schließlich ist dieser Schocker völlig wild – und nach einer halben Stunde weiß man immer noch nicht so genau, in was für einer Art von Film man hier eigentlich gelandet ist. Aber gerade das macht „Malignant“ ja auch so unheimlich aufregend und unterhaltsam…

    Bevor man sich unser komplettes Gespräch mit James Wan („Saw“, „Conjuring“, „Fast & Furious 7“) über die Kreation seines neuesten Kult-Killers durchliest (an der entsprechenden Stelle gibt es noch eine extra Spoilerwarnung), sollte man sich den Film also möglichst schon im Kino angesehen haben.

    Malignant

    James Wan, der sich während der aktuell stattfindenden Dreharbeiten zu „Aquaman 2“ netterweise Zeit für uns genommen hat, beschreibt seinen abgefahrenen Genre-Mix im Interview mit FILMSTARTS übrigens so:

    „Ich wollte unbedingt zurück zu meinen Indie-Wurzeln. Deshalb ist ‚Malignant‘ auch mehr wie Filme wie ‚Saw‘ oder ‚Death Sentence‘, die ich zu Beginn meiner Karriere gemacht habe – also roher, körperlicher, einfach dreckiger. Er ist eine Mischung aus vielen verschiedenen Genres, die mich persönlich inspirieren – er ist zum Teil Slasher, zum Teil Monsterfilm, zum Teil psychologischer Thriller, er vereint Elemente aus Science-Fiction, Achtziger-Action und Giallo. Also quasi eine Destillation all der Dinge, die in meinem Horrorverstand herumschwirren…“

    FILMSTARTS: „Malignant“ ist dermaßen extrem und abgedreht, dass er so gar nicht wie ein typisches durchkalkuliertes Studio-Projekt wirkt, selbst wenn er vom Hollywood-Major Warner Bros. produziert wurde. Da du den Film ja genau in der Pause zwischen den beiden Blockbuster-Produktionen „Aquaman“ und „Aquaman 2“ gedreht hast, klingt das für uns nach einem typischen Fall von „einen Film fürs Studio, einen für mich“ – und „Malignant“ wäre dann nach dieser Logik ganz klar ein Für-mich-Film…

    James Wan: Eine gute Zusammenfassung. Ich benutze die Analogie selbst auch. Allerdings bin ich inzwischen an einem Punkt in meiner Karriere, an dem ich auch die großen Filme „für mich“ drehen kann. Ich sage deshalb eher: Einen Film für den jugendfreien James Wan, einen Film für den Hardcore-Horror-James-Wan – und „Malignant“ ist definitiv ein Film für den Hardcore-Horror-James Wan, den ich in dieser Form schon lange nicht mehr ausleben konnte. Die „Insidious“- und „Conjuring“-Filme halten sich in dieser Hinsicht ja eher zurück – aber ich wollte unbedingt mal wieder zurück zu den deftigeren Horrorfilmen, die voll reinknallen.

    Ein Film, über den man redet und der das Publikum schockt

    FILMSTARTS: Du hast von deinen Indie-Horror-Wurzeln gesprochen. Wie „Indie“ waren denn die Dreharbeiten wirklich?

    James Wan: Natürlich hatten wir viel mehr Geld zur Verfügung als damals bei „Saw“, es war finanziell mehr auf einem Level mit den „Conjuring“-Filmen. Mit „Indie“ meine ich auch mehr die Art, wie man an das Projekt herangeht. Die Story von „Malignant“ klingt, als hätte ich sie auch als Filmstudent entwickeln können. Denn damals ging es uns um Konzepte, die wirklich aus dem Rahmen fallen, mit denen man aus der Masse heraussticht. Möglichst noch mit einem Schockpotential, das die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zieht. Ich habe das Glück, dass meine Karriere es mir erlaubt, zu dieser Art des Filmemachens zurückzukehren – denn genau diese Mentalität hat meine ersten Filme ausgemacht…

    +++ Achtung: Ab hier Spoiler für „Malignant“ +++

    Wie sich später im Film herausstellt, ist Gabriel ein noch in der Gebärmutter von seiner Schwester absorbierter Zwilling, dessen tumorartige Überreste sich inzwischen in ihrem Hinterkopf eingenistet haben – und mitunter die mörderische Kontrolle über ihren Körper übernehmen, weshalb sich der Killer übrigens auch rückwärts fortbewegt…

    FILMSTARTS: In „Malignant“ gibt es all diese Anspielungen auf verschiedene Genres. Es gibt die Idee, dass die Protagonistin diese Morde miterlebt, als sei sie gerade selbst live dabei. Es gibt den Killer Gabriel, der sich rückwärts fortbewegt und in einem Versteck mit überdimensionierten Ventilator haust. Bei all diesen Elementen: Was war da eigentlich der Ursprung des Ganzen?

    James Wan: Angefangen hat alles damit, dass mir meine Frau Ingrid Bisu ein Bild aus einem medizinischen Journal gezeigt hat, in dem es um genau solche Zwillings-Wucherungen ging. Es sah unglaublich aus und als Horrorfilmregisseur habe ich natürlich sofort überlegt, wie ich das zu einer möglichst aufregenden, verrückten und überraschenden Geschichte verarbeiten kann…

    Die Legende vom Mann mit den zwei Gesichtern

    FILMSTARTS: War die urbane Legende von Edward Mordrake, der zwei Gesichter auf beiden Seiten seines Kopfes hat und der in den vergangenen 150 Jahren immer mal wieder von Zeitungen als reale Person verkauft wurde, ebenfalls ein Teil der Inspiration für „Malignant“?

    James Wan: Wenn man sich mit dem Thema auseinandersetzt, dann stößt man bei der Recherche natürlich zwangsläufig auch auf Edward Mordrake. Ich habe mich aber mehr auf die medizinischen Beschreibungen von Tumoren konzentriert: Immer wieder wird ein Geschwür für Krebs gehalten, aber dann stellt sich bei der Operation plötzlich heraus, dass es Haare, Zähne und manchmal sogar ein Auge hat. Das passiert eben, wenn ein Zwilling den anderen noch in der Gebärmutter absorbiert. Das war ganz klar der Ursprung für die Kreation von Gabriel.

    FILMSTARTS: Gerade die Bewegungen von Gabriel sind total faszinierend. Man braucht einige Zeit, um zu verstehen, dass das daher kommt, dass er sich offenbar rückwärts bewegt. Wie habt ihr diesen Effekt hinbekommen?

    James Wan: Am Ende ist es die Kombination der Arbeit vieler großartiger Künstler – vom Designer der animatronischen Effekte bis hin zu Marina, einer Performerin, die uns ganz maßgeblich dabei geholfen hat, die Rückwärts-Bewegungen umzusetzen. Wir haben das Gesicht unserer Hauptdarstellerin Annabelle Wallis als Maske gegossen, die Marina dann aufsetzen konnte – und zusätzlich hatte sie dann noch ein animatronisches Gesicht an ihrem Hinterkopf.

    Wir haben tagelang an den Fights gearbeitet, in denen sie sich rückwärts bewegt und nach Dingen greift, die sie selbst gar nicht sehen kann. Sie musste ohne Ende üben und eigentlich alles so machen, als sei sie vollkommen blind. Es ist ein ziemlicher Wahnsinn, sich die Behind-the-Scenes-Aufnahmen vom Dreh anzusehen – und ILM hat dann später am Computer noch die Gelenke um 180 Grad verdreht.

    Malignant

    FILMSTARTS: Ist „Malignant“ für dich in gewisser Weise auch eine Metapher für die Welt, in der wir heute leben? Die eine Seite versucht, sich zu benehmen, und die andere ist total abgefuckt und ultrabrutal…

    James Wan: Es ist ziemlich cool, dass dir das aufgefallen ist – denn ich habe mit unserer Drehbuchautorin Akela Cooper viel darüber gesprochen, dass der Film tatsächlich die zwei Gesichter von uns als Menschen repräsentiert. Es gibt das Gesicht, das wir anderen zeigen – und dann spricht man zusätzlich auch noch aus einem Mund, der sich buchstäblich auf der anderen Seite des Kopfes befindet.

    „Malignant“ steckt voller solchen Metaphern und Allegorien. Gerade für meine Frau und unsere Autorin war die Geschichte aber auch noch aus einem anderen Grund relevant: Sie sehen da diese Frau, die nicht nur zu Beginn von ihrem gewalttätigen Ehemann unterdrückt wird, sondern dann später auch noch von diesem männlichen Ding in ihrem Hinterkopf. „Malignant“ handelt davon, welche wirklich extremen Dinge Madison alles tun muss, um diese Hindernisse zu überwinden.

    Beim "Malignant"-Regisseur nachgefragt: Kommt "Malignant 2" oder sogar ein Crossover mit "Saw", "Conjuring" & "Insidious"?
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