Es ist die Woche der großen Meldungen über die Medienbranche: Am Montag wurde bekannt, dass der Technologiekonzern AT&T das erst vor wenigen Jahren aufgekaufte Medienunternehmen WarnerMedia (u. a. DC und Studio Warner Bros.) mit dem Konkurrenzunternehmen Discovery fusionieren will, um so einen ernsthaften Rivalen für Netflix und Co. zu erschaffen.
Und im selben Zeitrahmen bekommen nun auch schon länger kursierende Gerüchte neue Nahrung, nach denen das traditionsreiche Filmstudio MGM samt seiner großen Filmbibliothek (mit u. a. „James Bond“) zum Verkauf steht – und aussichtsreichster Kandidat soll Amazon sein, der sich für wohl neun Milliarden US-Dollar neuen Stoff für den hauseigenen Streamingdienst Prime Video sichern könnte (die kursierende Summe reicht von sechs bis zehn Milliarden Dollar Kaufpreis, aber die neun Milliarden werden am häufigsten genannt).
Amazon will MGM kaufen
Der Reihe nach: Ausgehend von einer Meldung der Bezahl-Nachrichtenplattform The Information am Montag, 17. Mai 2021, zapften auch die großen Branchenmagazine in Hollywood ihre Quellen an und konnten die Meldung bestätigen. Unter Dach und Fach ist aber noch nichts.
Laut Deadline soll es Ende der vergangenen Woche zunehmend Spekulationen gegeben haben, dass die Übernahme abgeschlossen werde, doch nachdem der AT&T-Discovery-Deal bekannt wurde, seien die Gespräche ins Stocken gekommen. Trotzdem bestätigen neben Deadline etwa auch Variety und Collider, dass Amazon Interesse an MGM hat.
"James Bond", "Rocky" & Co. exklusiv bei Prime Video?
Doch was würde Amazon für diese stattliche Kaufsumme bekommen? Zum einen wäre da die gewaltige Bibliothek von MGM, die man nutzen könnte, um das Angebot von Amazon Prime Video groß auszubauen:
Variety schreibt von 4.000 Filmen (Deadline sogar von mehr 5.200) und 17.000 Serienfolgen. Darunter befinden sich Franchises wie „Rocky“ (und die „Creed“-Filme“), „RoboCop“, Klassiker wie „Das Schweigen der Lämmer“ und „Die glorreichen Sieben“, aber auch wenigstens ein Teil der Rechte an den „Der Hobbit“-Filmen.
Zu den MGM-Serien gehören „Stargate“, „Vikings“, „Fargo“ und „The Handmaid's Tale“, da auch der Bezahlsender Epix zu MGM gehört. Ob all diese Titel dann auch in allen Ländern direkt zu Prime Video kommen können, hängt natürlich von etwaigen Lizenzverträgen ab, wenigstens einzelne Titel aus der Bibliothek sind ja aktuell etwa bei anderen Streaminganbietern zu finden.
James Bond und das Kino
Sollte die Übernahme tatsächlich zustande kommen, dürfte das auch interessant für die Kino-Zukunft von „James Bond“, „Rocky“ und Co. sein. Klar scheint, dass Amazon – genauso wie viele andere Unternehmen – an die Zukunft des Streaming glaubt und diese Sparte ausbauen will. Das bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass der nächste „James Bond“ nach „Keine Zeit zu sterben“ direkt zu Prime kommt, schon alleine weil bei den Bond-Filmen auch die Produzenten Michael G. Wilson und Barbara Broccoli und ihre Produktionsfirma Eon an Bord sind. Von deren Zustimmung hängt es ab, wo die Bond-Filme Premiere haben werden, die Produzenten haben sich stets sehr Kino-verbunden gezeigt.
Hinzu kommt: Selbst kleinere (Oscar-)Filme von Amazon wie zuletzt „One Night In Miami“ und „Sound Of Metal“ liefen zumindest eine Zeitlang exklusiv im Kino, bevor sie zu Prime Video kamen. Bei einem potenziellen Blockbuster wie dem nächsten „James Bond“ („Keine Zeit zu sterben“ wird immer wieder als Milliardenhit gehandelt) sollte das ebenfalls drin sein – wenn nicht MGM und die Bond-Produzenten sogar eine reguläre Kinoauswertung für bestimmte Titel aushandeln.
Andererseits könne Amazon natürlich gerade bei einem potenziellen Hit wie „James Bond“ auf einen exklusiven Start bei Prime Video setzen, um möglichst viele neue Abonnent*innen zu gewinnen. Da die Übernahme allerdings offenbar noch lange nicht sicher ist, ist es aktuell ohnehin noch zu früh, um in dieser Hinsicht über die möglichen Auswirkungen zu spekulieren.
Wenigstens eines ist aber ziemlich sicher, zumindest wenn es Corona zulässt: „James Bond 007: Keine Zeit zu sterben“ kommt nach mehreren Verschiebungen am 30. September 2021 in die deutschen Kinos.