+++ Meinung +++
Ein Einzelgänger, der sich in eine attraktive Frau „verliebt“, kidnappt das Objekt seiner obsessiven Begierde und sperrt sie in einen Tierkäfig. Das klingt erst mal nach einem billigen Trash-Reißer, den man mit dem passenden Cover und einem rot leuchtenden FSK-18-Logo leicht an das einschlägige Publikum verscherbelt bekommt…
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Aber „Pet – Wenn du etwas liebst, lass es nicht los“ ist zum Glück sehr viel ambitionierter, als es seine Story zunächst vermuten lässt. Das zeigt sich schon am Poster: Die Frau, die mit zerrissener Kleidung im Käfig hockt, ist sicherlich ein klassisches C-Movie-Motiv, mit dem man gerne auch billige Schundfilme bebildert. Zugleich ist der Käfig auf dem Cover aber auch dermaßen kunstvoll geometrisch gefaltet, dass man sofort noch eine zweite, ambitioniertere Ebene hinter der exploitativen Oberfläche vermutet:
Und tatsächlich geben sich Regisseur Carles Torrens und Drehbuchautor Jeremy Slater nicht damit zufrieden, einfach noch ein weiteres Mal das hinlänglich ausgeschlachtete Irrer-kidnappt-Frau-Szenario durchzuspielen. Stattdessen gibt es schon nach etwa der Hälfte des Films eine Wendung, die den gesamten Film auf den Kopf stellt – und die „Pet“ auch gleich sehr viel interessanter machen könnte, wenn sich die Beteiligten nur nicht so katastrophal an ihr verheben würden. Aber zu dem Twist kommen wir später noch mal zurück…
Darum geht’s in "Pet"
Als Seth (Dominic Monaghan aus „Herr der Ringe“) eines Tages auf Holly (Ksenia Solo) trifft, in die er schon in der Highschool heimlich verschossen war, entwickelt der einsame Tierpfleger eine regelrechte Obsession für die attraktive Kellnerin. Er nutzt die Sozialen Netzwerke, um so viel wie möglich über sie herauszubekommen – und schafft es trotzdem nicht, sie zu einem Date zu überreden.
Schließlich weiß sich Seth nicht mehr anders zu helfen, als Holly kurzerhand in einen Tierkäfig zu sperren. Aber die Gekidnappte ist auch nicht auf den Kopf gefallen: Mit immer perfideren Mindgames versucht sie, ihren Entführer herauszufordern und an seine Grenzen und darüber hinaus zu treiben…
Das Problem mit “Pet“
Die Macher lassen sich zu Beginn des Films viel Zeit, um das Publikum möglichst lange in dem Glauben zu lassen, dass es sich bei „Pet“ doch nur um einen typischen Psychopathen-Entführungs-Horror-Thriller handelt. Aber die Vorbilder der Macher sind offensichtlich weniger billige Videotheken-Reißer, sondern vielmehr solche doppelbödigen Meisterwerke wie Bryan Singers grandios verschachtelter Neo-Noir „Die üblichen Verdächtigen“ – und gemessen an den eigenen Ambitionen scheitern Regie und Drehbuch leider auf ganzer Linie.
Sobald Holly erst einmal als das titelgebende Pet (= Haustier) im Käfig festsitzt, geht es mit der Qualität der Dialoge konsequent nach unten. Die Mindgames, die die Beteiligten hier miteinander spielen, wirken deshalb nicht sonderlich intensiv oder zumindest schön böse, sondern einfach nur null glaubwürdig. Der Film zerbricht schlicht an seinem eigenen Twist, der zumindest auf dem Papier tatsächlich ziemlich cool ist und den wir an dieser Stelle natürlich nicht verraten …
Achtung: Spoiler!
… es sei denn, ihr besteht drauf: Im Verlauf von „Pet“ kommt nämlich heraus, dass Seth bei seinen Nachforschungen zu Holly nicht nur ihre Vorlieben und Abneigungen herausbekommen hat – er hat auch festgestellt, dass sie offenbar eine psychopathische Serienmörderin ist. Er hat sie auch nicht entführt, um sie zu einem Date zu zwingen – sondern weil er sie so sehr „liebt“, dass er sie unbedingt vor sich selbst schützen will.
Aber im Vergleich zu Holly ist selbst Hannibal Lecter ein ziemlicher Waisenknabe – weshalb Seth echt schlechte Karten hat, selbst wenn sein ihm mental gnadenlos überlegenes Gegenüber in einem Tierkäfig sitzt… Wie gesagt, eigentlich spannend – aber solche Katz-und-Maus-Duelle, in denen sich die Machtverhältnisse im Verlauf der Dialoge immer wieder subtil verschieben, sind eben auch alles andere als leicht zu schreiben.
Spoiler zu Ende!
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