Ob als 007-Gegenspieler in „Skyfall“ oder als Profikiller, der in „No Country For Old Men“ eine blutige Spur der Verwüstung durch das Texas der 80er Jahre zieht – Javier Bardem bleibt vielen Zuschauern vor allem mit seinen besonders fiesen Rollen in Erinnerung, obwohl er bereits die unterschiedlichsten Männer spielte (etwa Captain Salazar in „Fluch der Karibik 5“).
Ab dem heutigen 13. August gibt es Bardem in „Wege des Lebens - The Roads Not Taken“ im Kino zu sehen – und zwar nicht als mordenden Psychopathen, sondern als dementen Familienvater, der einen ganz normalen Tag und gleichzeitig auch eine wahre Odyssee erlebt. Seine Figur ist im neuen Film von Sally Potter („Ginger & Rosa“) nicht Herr der Lage und könnte keiner Fliege was zuleide tun – sondern braucht stattdessen sogar Hilfe, um sich die Hosen anzuziehen.
Eine Überraschung mit spannender Dynamik
Wir haben Sally Potter im Zuge der Berlinale 2020 zum Gespräch getroffen und mal nachgefragt, warum sie den für seine Bösewichte bekannten Bardem für ihren Film wollte – und zwar letztlich sogar so sehr, dass sie für ihn das Drehbuch umschrieb. Denn während Bardems Filmfrau Dolores (Salma Hayek) von vornherein Mexikanerin sein sollte, war das Bardems Leo zu Anfang eben nicht.
„Javier ist einfach ein großartiger und vielseitiger Schauspieler“, so Potter, die mit der Besetzung etwas Besonderes bewirken wollte. „Wenn man eine derart starke Präsenz wie er hat und dann eine solch verletzliche Rolle spielt, entsteht ein Gegensatz, der eine besonders spannende Dynamik mitbringt“, fährt die Regisseurin fort.
Hinzu komme außerdem, dass sich Javier „wirklich ins Zeug gelegt“ hat für diese Rolle, die eben nicht dem entspricht, das die meisten von ihm erwarten würden. Und das wird nicht nur auf der Leinwand deutlich, auch Schauspielkollegin Elle Fanning („Maleficent“) war am Set begeistert von dem Spanier.
Elle Fanning über Improvisation am Set
Wir haben auch mit Bardems Film-Tochter über „Wege des Lebens“ gesprochen, die viele gemeinsame Szenen mit dem Oscarpreisträger hat, in denen sie sich die Seele aus dem Leib spielt, während sie oft nicht mehr als ein hilfloses Brabbeln von ihrem Gegenüber zurückkriegt und damit vor Herausforderungen gestellt wurde, die für sie neu waren. Denn der Demenzkranke driftet immer wieder aus dem Hier und Jetzt in die Vergangenheit ab und kann sich oft nur schwer mitteilen.
„Es war für mich vor allem emotional eine Herausforderung“, so Fanning, die allerdings auch klarstellt, dass sie von Bardems Leo in ihren gemeinsamen Szenen sehr wohl viel zurückkam – wenn auch nur selten zusammenhängende Sätze. Besonders spannend sei für die 22-Jährige gewesen, nicht nur als Molly auf Leos Verhalten zu reagieren, sondern auch intuitiv auf ihren Schauspielkollegen einzugehen.
„Manchmal wusste ich einfach nicht, was er als nächstes machen würde und reagierte als Molly dann eben auch so, wie ich als Elle handeln würde“, so Fanning über das Element der Improvisation am Set, das Sally Potter besonders wichtig gewesen sei.
Weiter verriet uns Fanning über die ungewöhnlichen Dreharbeiten: „Die haben wir Sally Potter zu verdanken, die sich auch lange Zeit um ihren Bruder Nick kümmerte, der an Demenz erkrankt war. Deswegen war das Skript teilweise auch sehr spezifisch […], gleichzeitig hatten wir aber auch viel Spielraum. In der Szene, in der Molly beispielsweise Leo dazu bringen soll, die Hose zu wechseln, meinte Sally einfach nur ‚Mach dir einen Spaß draus, lache und versuche einfach, ihn – also Javier – dazu zu bringen, die Hose anzuziehen‘.“
Wie sich Bardem und Fanning als Vater-Tochter-Team so schlagen, könnt ihr ab heute im Kino eures Vertrauens selbst feststellen.
Wege des Lebens - The Roads Not Taken