+++ Meinung +++
Ja, ich gebe zu: Auch ich habe schon ganze Serienstaffeln innerhalb weniger Tage oder sogar an einem Tag durchgeschaut. Und natürlich hat mir das auch Spaß gemacht, ansonsten hätte ich ja nicht weitergemacht.
Aber irgendwie ist so ein Serienmarathon für mich trotzdem nicht so befriedigend wie das gute alte Eine-Folge-Pro-Woche-Modell, dass noch aus der Prä-Streaming-Ära im Fernsehen stammt.
Es ist eigentlich ein altmodisches Konzept, auch wenn es heute immer noch Anwendung findet, sowohl im Fernsehen, als auch beim neuen Streamingdienst Disney+, der seine Prestige-Serie „The Mandalorian“ (größtenteils) im Wochentakt veröffentlicht. Doch es hat eben so seine Vorteile.
"Game Of Thrones" macht's vor
Bei „Game Of Thrones“ bin ich etwa erst relativ spät eingestiegen, doch schon bald habe ich angefangen, die neuen Staffeln parallel zur US-Ausstrahlung zu verfolgen. Und was soll ich sagen? Es waren jedes Mal wieder Wochen im Ausnahmezustand, Wochen der Anspannung und des sehnsüchtigen Wartens auf die jeweils nächste Folge, kurz: eine großartige Erfahrung.
Wie sich direkt nach dem Ende der Folge dieses „Das ist doch jetzt nicht euer Ernst“-Gefühl einstellt, weil die Episode mal wieder mit einem Cliffhanger geendet hat, was dann schon bald von immer weiter steigender Vorfreude verdrängt wird, bevor sich in den Stunden und Minuten vor der neuen Folge schließlich dieses einzigartige gespannte Kribbeln im Bauch einstellt.
Dagegen ist das Bingen einer ganzen Staffel einfach nur ein schneller, billiger Rausch.
"The Mandalorian" & Marvel bei Disney+
Klar, ganz so ist es natürlich nicht bei jeder Serie. Es ist halt nicht alles „Game Of Thrones“.
Bei „The Mandalorian“ auf Disney+ zum Beispiel war ich zwar sehr gut unterhalten, habe am Ende der ersten Folge weder das Bedürfnis gehabt, direkt weiterzubingen noch werde ich nach der dritten Folge, die gestern veröffentlicht wurde, nun eine Woche lang sehnsüchtig auf Episode 4 warten. Das liegt aber daran, dass ich kein großer „Star Wars“-Fan bin.
Ich bin hingegen mehr als sicher, dass ich bei den kommenden MCU-Serien auf Disney+ sehr wohl wieder wohlig-gespannt von Folge zu Folge leben werde, eben weil ich ein riesiger Marvel- und Superheldenfan bin.
Oder um ein Beispiel aus dem Filmbereich zu nennen: Natürlich hätte ich auch bei „Avengers 3: Infinity War“ gerne direkt weiter geschaut, um zu erfahren, was nach diesem niederschmetternden Ende passiert. Doch ohne die einjährige Pause, um die Vorfreude zu steigern, wäre „Avengers 4: Endgame“ wohl kaum dieses umwerfende Erlebnis gewesen, dass er für mich (und viele andere MCU-Fans) war.
Ziehen Netflix und Amazon nach?
Das Binge-Watching-Modell, bei dem eine ganze Staffel (oder wenigstens die Hälfte) auf einen Schlag verfügbar gemacht wird, hat Netflix salonfähig gemacht und der Streaminganbieter rückt bislang auch bei prestigeträchtigen und teuren Produktionen wie „The Witcher“ nicht davon ab. Dafür ist das Konzept wohl zu eng mit dem Namen Netflix verbunden.
Bei Amazon könnte ich mir jedoch sehr gut vorstellen, dass die bislang größtenteils durchgezogene Binge-Release-Direktive irgendwann fällt. Spätestens, wenn 2021 irgendwann die superteure „Der Herr der Ringe“-Serie kommt, wäre Amazon selbst schuld, wenn sie aus den acht Folgen nicht ein acht Wochen dauerndes Event machen.
Denn acht im Wochentakt veröffentlichte Folgen bedeuten nun mal auch acht Wochen Berichterstattung in den Medien, acht Wochen Diskussionen im Netz und acht Wochen Pausengespräche bei der Arbeit und auf dem Schulhof.
Ich freue mich jetzt schon drauf.