„Der Unsichtbare“ von „Saw“-Schöpfer Leigh Whannell rockt gerade weltweit die Kinos, hat bereits zum Startwochenende mit 50 Millionen US-Dollar ein Vielfaches seines moderaten Budgets von nur sieben Millionen wiedereingespielt. In den USA setzt sich der Grusel-Thriller an die Spitze der Kino-Charts, in Deutschland eroberte er immerhin Platz 3.
Doch der Horror-Hit hat ein Ende, das nicht unbedingt leicht zu verstehen ist – wie sollte es auch anders sein bei Leigh Whannell, der gerade in den „Saw“-Filmen einen Twist auf den nächsten folgen lässt und perfide Spielchen serviert? So ein Spielchen wird auch in „Der Unsichtbare“ gespielt: Die vor ihrem brutalen Freund geflohene Cecilia Kass (Elisabeth Moss) ist das Opfer, ein unsichtbarer Verfolger, dessen Existenz ihr zunächst niemand glauben will, zieht die Fäden und scheint nicht nicht nur sie, sondern auch ihr Umfeld zu manipulieren.
Achtung, es folgen Spoiler zu „Der Unsichtbare“!
Was passiert denn nun eigentlich am Ende?
Cecilia vermutet schon bald, dass ihr narzisstischer Ex Adrian (Oliver Jackson-Cohen) hinter den Versuchen steckt, sie als Unsichtbarer in den Wahnsinn zu treiben bzw. auch ihre Mitmenschen von ihrem Wahnsinn zu überzeugen. Zwar soll Adrian Selbstmord begangen haben, doch das glaubt Cecilia nicht. Und dass der brillante Kopf auf dem Gebiet der Optik tatsächlich einen Weg gefunden hat, sich unsichtbar zu machen, weiß sie spätestens dann mit Sicherheit, als sie im Keller seines Anwesens einen entsprechenden Anzug entdeckt.
Dass Adrian lebt und alles geplant hat, gibt ihr gegenüber dann auch Adrians schmieriger Anwalts-Bruder Tom (Michael Dorman) zu – und überbringt ihr die Botschaft seines Bruders, sie müsse mit ihrem ungeborenen Kind nur zu ihm zurückkehren, dann sei alles wieder gut.
Adrian oder Tom: Wer ist nun der wahre Unsichtbare?
Cecilia lässt sich nicht auf den Deal ein und findet letztendlich einen Weg, den Unsichtbaren zu überrumpeln und zu töten. Doch als sie ihm die Maske abnimmt, steckt nicht Adrian in dem Anzug, sondern Anwalt Tom! Derweil wird Adrian gefangen in einem Keller entdeckt und behauptet, er selbst sei immer nur ein Opfer seines kontrollsüchtigen Bruders gewesen, der ihn entführt, seinen Tod vorgetäuscht und dann mittels des Anzuges die Terrorherrschaft über Cecilia ausgeübt habe.
Während alle den Fall nun für geklärt halten, lässt Cecilia nicht locker. Sie glaubt immer noch, dass Adrian ein kriminelles Genie ist und alles eingefädelt hat – inklusive der Ermordung seines Bruders, den er mindestens dieses eine Mal (wenn nicht sogar öfter) statt seiner in den Anzug steckte, sodass alle Schuld auf ihn fällt und zugleich der einzige Mitwisser seiner Verbrechen aus dem Weg geräumt ist. Cecilia nimmt eine Einladung von Adrian zum Essen an, vorgeblich um sich mit ihm zu versöhnen. Doch sie will ein Geständnis aus ihm herauskitzeln, ist unter ihrer Kleidung verkabelt.
Dem cleveren Adrian unterläuft jedoch kein einziger Fehler, er gibt vor, völlig unschuldig zu sein – nur gegenüber Cecilia lässt er einen winzigen, nur für sie ersichtlichen möglichen Hinweis fallen, dass er hinter allem steckt und sie immer kontrollieren wird, während alle ihn für ein Unschuldslamm halten. Als er „Überraschung“ zu ihr sagt, was ihr auch schon der Unsichtbare zuvor auf ihrem Handy schrieb, weiß Cecilia, woran sie ist – und dass sie und das Kind, dass sie von Adrian erwartet, niemals ein ruhiges Leben führen werden können, so lange der Mann lebt.
Cecilia als dritte Unsichtbare
Also entschuldigt sie sich und geht ins Badezimmer. Dann sehen wir aus der Perspektive der Überwachungskamera, wie Adrian scheinbar allein im Esszimmer mit einer ungewöhnlich ruckartigen Bewegung nach einem Messer greift und sich die Kehle durchschneidet. Die Kamera sieht: Selbstmord.
Der Zuschauer vermutet: Mord! Vor allem nachdem zuvor schon ein ganz ähnlicher Mord in einem Restaurant durchgeführt wurde – übrigens eine der besten Szenen des Films. Endgültig weiß der Zuschauer es dann, als Cecilia das Haus mit einem Unsichtbarkeitsanzug in der Tasche verlässt – diesen hatte sie zuvor im Haus versteckt, ist in ihn reingeschlüpft, als sie ins Bad ging, und hat Adrian umgebracht. Sie lächelt zufrieden und als sie von ihrem Freund (Aldis Hodge), einem Cop, der vor dem Haus auf sie wartete, beim Hinausgehen abgefangen wird, redet sie ihm eindringlich zu, es habe sich um Selbstmord gehandelt – aus dem Dialog wird deutlich, dass ihr Freund die Wahrheit ahnt, aber sie decken wird.
Ob nun Mord oder Selbstmord bei Adrian Griffin, lässt sich also ziemlich klar sagen. Doch die Frage, wer denn nun wirklich hinter dem ganzen Unsichtbaren-Terror auf Cecilia steckt, lässt sich, wenn man es genau nimmt, nicht ganz eindeutig beantworten: Schließlich gibt Adrian seine Schuld nie offen zu, könnte tatsächlich das Opfer seines noch viel durchgeknallteren Bruders sein.
So sieht Hauptdarstellerin Elisabeth Moss das Ende
Elisabeth hat eine ganz klare Auslegung des Endes: Gegenüber USA Today erklärte sie, Adrian habe das ganze Geschehen zu jeder Zeit kontrolliert. Das gebe er zumindest gegenüber Cecilia auch ganz klar zu erkennen, wenn er die gleichen Worte an sie richtet, die sie zuvor schon von der unsichtbaren Präsenz vermittelt bekommen hat. Das sei sein Eingeständnis ihr gegenüber und zugleich der Beweis seiner Macht über sie – niemand werde ihr je glauben und sie wird trotz des Wissens um seine Gräueltaten durch das gemeinsame Kind immer mit ihm verbunden sein.
Tom sei nur ein Gehilfe gewesen, so Moss: „Der Bruder hat vielleicht an der ein oder anderen Stelle ausgeholfen, aber [Adrian] hat die ganze Sache orchestriert. Er hatte den Anzug, er hat ihn entworfen. Er hat entschieden, ihn so zu nutzen, wie er es getan hat. Also ist sein Bruder eines seiner Opfer.“
So sieht Regisseur Leigh Whannell das Ende
Leigh Whannell sieht das Ende nicht so eindeutig wie Moss, will es bewusst so haben, dass es Spielraum für Interpretationen gibt. Wie der Zuschauer das Ende für sich auslege, sei rein seine Sache, das wolle er diesem nicht abnehmen:
„Es ist der Job des Publikums, einen Film auseinanderzunehmen und dann mit einer ganz persönlichen Interpretation nach Hause zu gehen. Ich würde eine solche Frage also nie beantworten, weil ich nicht die eigene Sichtweise eines Zuschauers abschwächen will, indem ich sage: ‚So, hier ist die richtige Antwort.‘ Die Wahrheit ist, es gibt keine richtige Antwort.“
Jetzt dürftet ihr also alle Informationen an der Hand haben, um zu entscheiden, wie ihr persönlich das Ende von „Der Unsichtbare“ versteht. Wenn ihr wissen wollt, wie es nach dem durchaus offenen Ende mit Cecilia im Besitz eines Unsichtbarkeitsanzugs in „Der Unsichtbare 2“ weitergehen könnte, empfehlen wir euch folgenden Artikel:
"Der Unsichtbare 2": So bereitet das Ende von "Der Unsichtbare" eine mögliche Fortsetzung vor"Der Unsichtbare" im FILMSTARTS-Podcast Leinwandliebe
Zudem haben wir in unserem Podcast ausführlich über „Der Unsichtbare“ diskutiert. Falls ihr neugierig seid, was es noch alles zu der modernen Adaption des Literaturklassikers von H.G. Wells zu wissen gibt, hört einfach rein – jeden Donnerstag gibt es übrigens eine neue Folge von Leinwandliebe!
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„Der Unsichtbare“ läuft seit dem 27. Februar 2020 im Kino