Das National Board Of Review (NBR) hat Martin Scorseses „The Irishman“ als besten Film des Jahres 2019 ausgezeichnet. Das ist keine sonderlich große Überraschung. Die New Yorker Organisation von Filmwissenschaftlern, -enthusiasten und -machern liebt den New Yorker Scorsese und sein „The Irishman“ ist ohnehin einer der großen Favoriten.
Eine andere Entscheidung ist hingegen eine große Überraschung: Der klar von Scorsese inspirierte, in New York gedrehte und trotz des fiktiven Handlungsortes Gotham auf die Stadt verweisende „Joker“ wurde komplett übergangen. Nicht einmal auf der zusätzlichen Liste der zehn besten Filme des Jahres neben „The Irishman“ findet sich „Joker“.
Und auch der hochgehandelte Joaquin Phoenix bekam nicht den Preis für den besten Schauspieler. Hier triumphierte dagegen Adam Sandler für „Uncut Gems“, der allerdings ebenfalls stark von Scorsese und dem „New Yorker Filmemacherstil“ beeinflusst ist. Scorsese ist bei „Uncut Gems“ so auch als Ausführender Produzent an Bord (bei „Joker“ stieg er dagegen wieder aus).
Quentin Tarantino als Bester Regisseur
Als besten Regisseur zeichnete das NBR übrigens nicht Scorsese, sondern Quentin Tarantino für „Once Upon A Time… In Hollywood“ aus – was noch einmal verdeutlicht, wie eng das Oscar-Rennen in dieser Kategorie werden könnte. Für den Tarantino-Film war es nicht der einzige Preis: Brad Pitt wurde auch noch zum besten Nebendarsteller gekürt.
Weitere Darsteller-Auszeichnungen erhielten Renée Zellweger als Hauptdarstellerin in „Judy“ und Kathy Bates als Nebendarstellerin in Clint Eastwoods „Der Fall Richard Jewell“.
Weitestgehend übergangenen wurde derweil Oscar-Mitfavorit „Marriage Story“. Für das ab Freitag, 6. Dezember 2019, auf Netflix verfügbare Drama gab es nur eine Nennung als einer der besten Filme des Jahres. Als einer der besten fremdsprachigen Filme des Jahres wurde das deutsche Drama „Transit“ ausgezeichnet.
Vorsicht mit Oscar-Vorhersagen
Obwohl im Vorjahr das NBR „Green Book“ zum besten Film kürte und dabei mit den Oscars übereinstimmte, darf man dem Preis keine zu große Vorhersagekraft einräumen. Die Wählerschaften sind unterschiedlich, zudem ist die jahrelang komplett amerikanisch dominierte Oscar-Academy mit der Aufnahme von immer mehr Filmschaffenden aus aller Welt viel diverser (und damit unberechenbarer) geworden.
Der Preis ist aber natürlich einer von vielen Indikatoren – und als die erste große Auszeichnung für 2019 der aktuell meistbeachtete. So findet sich bei vielen Oscar-Wettquoten nun Scorseses „The Irishman“ vor „Once Upon A Time… In Hollywood“ und „Marriage Story“. Doch bis zu den Nominierungen für die Oscars, die ab dem 2. Januar 2020 möglich sind und dann am 13. Januar verkündet werden, ist noch viel Zeit. Am 9. Dezember 2019 gibt es erst einmal die traditionell viel beachteten Nominierungen für die Golden Globes.
Die NBR-Gewinner in der Übersicht:
Bester Film: „The Irishman“
Bester Regisseur: Quentin Tarantino („Once Upon A Time… In Hollywood“)
Bester Schauspieler: Adam Sandler („Uncut Gems“)
Beste Schauspielerin: Renée Zellweger („Judy“)
Bester Nebendarsteller: Brad Pitt („Once Upon A Time… In Hollywood“)
Beste Nebendarstellerin: Kathy Bates („Der Fall Richard Jewell“)
Bestes Originaldrehbuch: Josh Safdie, Benny Safdie, Ronald Bronstein („Uncut Gems“)
Bestes adaptiertes Drehbuch: Steven Zaillian („The Irishman“)
Durchbruchs-Leistung: Paul Walter Hauser („Der Fall Richard Jewell“)
Bestes Regie-Debüt: Melina Matsoukas („Queen & Slim“)
Bester Animationsfilm: „Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt“
Bester fremdsprachiger Film: „Parasite“
Beste Dokumentation: „Maiden“
Bestes Ensemble: „Knives Out“
Beste Kamera: Roger Deakins („1917“)
Auszeichnung für Ikonen: Martin Scorsese, Robert De Niro, Al Pacino
Meinungsfreiheitpreis: „Für Sama“
Meinungsfreiheitpreis: „Just Mercy“
Die weiteren besten Filme des Jahres (alphabetisch):
- 1917
- Dolemite Is My Name
- Der Fall Richard Jewell
- Jojo Rabbit
- Knives Out
- Le Mans 66 – Gegen jede Chance
- Marriage Story
- Once Upon A Time… In Hollywood
- Uncut Gems
- Waves
Die weiteren besten fremdsprachigen Filme des Jahres (alphabetisch):
- Atlantics
- Leid und Herrlichkeit
- Portrait einer Frau in Flammen
- Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão
- Transit
Die weiteren besten Dokumentationen des Jahres (alphabetisch):
- American Factory
- Apollo 11
- The Black Godfather
- Rolling Thunder Revue: A Bob Dylan Story by Martin Scorsese
- Wrestle
Die besten Independent-Filme des Jahres (alphabetisch):
- The Farewell
- Give Me Liberty
- Judy
- The Last Black Man in San Francisco
- Midsommar
- The Nightingale
- The Peanut Butter Falcon
- The Souvenir
- Ein verborgenes Leben
- Wild Rose