„Scary Stories To Tell In The Dark” ist verdammt gruselig: In einem Notizbuch aus dem verlassenen Haus am Stadtrand stehen kurze Geschichten, an deren Enden jeweils jemand auf grauenvolle Art verschwindet. Und was noch viel schlimmer ist: Offenbar handelt das Buch nicht von irgendwelchen fiktiven Gestalten, sondern von realen, noch (!) lebendigen Menschen, deren grausame Schicksale auf den mit Blut beschriebenen Seiten vorweggenommen werden.
Die Schockmomente in „Scary Stories To Tell In The Dark“ von dem oscarprämierten Produzenten Guillermo del Toro („Shape Of Water“) sind erstklassig inszeniert, auch weil sie so wunderbar handgemacht und klassisch, statt einfach nur plump und mechanisch ausfallen!
Fast noch wichtiger ist aber: Im Zentrum steht eine Gruppe sympathischer Außenseiter, um die wir uns als Zuschauer tatsächlich ehrliche Sorgen machen und denen wir deshalb mit aller Kraft die Daumen drücken! Regisseur André Øvredal hat einfach verstanden, dass man starke Charaktere braucht, damit dann auch die Jump Scares und sonstigen Gruselmomente wirklich zünden.
Scary Stories To Tell In The DarkSympathische Nerds in "Scary Stories"
Die jungen Helden aus „Scary Stories To Tell In The Dark”, die in einer fatalen Halloween-Nacht des Jahres 1968 auf das verfluchte Notizbuch stoßen, sind zwar Nerds – haben dabei im Unterschied zu vielen erwachsenen, völlig austauschbaren Horrorfilmopfern aber auch einige einzigartige Charakterzüge: Hauptfigur Stella (eine echte Entdeckung: Zoe Margaret Colletti) etwa lebt nicht nur allein bei ihrem depressiven Vater, sie liebt auch Monsterfilme und schreibt sogar eigene Horrorgeschichten auf ihrer Schreibmaschine.
Stellas Kumpel Chuck (Austin Zajur) wiederum ist ein lustig-freches Muttersöhnchen, Auggie (Gabriel Rush) total altklug und Ramón Morales (Michael Garza) der Fremde, der von der lokalen Polizei sehr argwöhnisch beobachtet wird. Die Clique ist für sich genommen schon interessant und echt sympathisch: Wir würden den Kids auch so durch ihren Alltag im fantastisch ausgestatteten Mill Valley, Pennsylvania des Jahres 1968 folgen, selbst wenn nichts Gruseliges passieren würde. Und genau das ist häufig der Schlüssel zu einer richtig starken Horrorgeschichte – ähnlich wie beim neuen „ES“-Film oder dem Serien-Hit „Stranger Things“.
Der Klub der Verlierer in "ES"
Ja, in der ersten Kino-Adaption eines der berühmtesten Stephen-King-Romane gibt es einen böse grinsenden Clown, den Bill Skarsgård mit teuflischer Freude spielt. Er hat es auf Kinder abgesehen. Das ist von der Idee her schon verstörend und „ES”-Regisseur Andrés Muschietti kostet das auch noch so richtig schön fies aus – vor allem in der Sequenz mit dem kleinen Georgie (Jackson Robert Scott) und seinem Schiff, das ausgerechnet zum Horrorclown in seinem Abflussloch schwimmt.
Wie bei „Scary Stories To Tell In The Dark” stehen bei zumindest beim ersten (und besseren) Teil von „ES“ Kids im Mittelpunkt der Handlung, eine Gruppe Außenseiter, die sich selbst ironisch „Klub der Verlierer“ nennt. Diese Andersartigkeit schweißt Bill (Jaeden Lieberher), Richie (Finn Wolfhard), Beverly (Sophia Lillis) erst so richtig zusammen und das heraufbeschworene Cliquen-Gefühl ist absolut glaubhaft. Wir sympathisieren mit diesen Nerds – und wir fiebern umso mehr mit, wenn sie von einer bösen Macht mit ihren eigenen Ängsten konfrontiert werden.
Staunend ins Abenteuer von "Stranger Things"
Steven Spielberg („E.T.“) und Richard Donner („Die Goonies“) ebneten mit ihren Klassikern den Weg nicht nur für die jungen „Stranger Things“- Serienhelden, die ins große, übernatürliche Abenteuer stolpern und dabei wie nebenbei erwachsen werden. Die beliebte Netflix-Mystery-Serie wird vor allem von einer Clique Kids getragen, allen voran von Will (Noah Schnapp), Eleven (Millie Bobby Brown) und Mike (Finn Wolfhard), die im Kaff Hawkins auf Tore in eine andere Dimension stoßen (und die Kreaturen, die aus der anderen Welt in ihre vorstoßen).
Wir lieben die „Stranger Things“-Kids, weil sie uns anstecken mit ihrer Entdeckungsfreude. Sie sind begeistert, entgeistert und kindlich-naiv. Sicher: Viele Sequenzen aus „Stranger Things“ sind verdammt gruselig und der Synthesizer-Score ist ebenso cool wie mysteriös. Aber die Serie hätte ganz gewiss keine vier Staffeln bekommen, wenn wir die ganze Zeit nur mit dem grummeligen Cop Jim Hopper (David Harbour) und seinen Altersgenossen rumhängen würden.
„Scary Stories To Tell In The Dark” läuft seit heute in den deutschen Kinos – und speziell Fans von „ES“ und Stranger Things“ sollten den Gruselfilm auf jeden Fall auf dem Plan haben.