Man kann Marvel und Disney in Bezug auf das Marvel Cinematic Universe ja eigentlich kaum Vorwürfe machen. Denn ob man die Filme nun mag oder nicht: Sie bilden ein riesiges, komplexes, zusammenhängendes Universum, das mehrmals pro Jahr Milliarde um Milliarde einspielt. So schlecht kann das alles also nicht sein, oder?
Dass die Abenteuer von Iron Man, Captain America und Co. mit den Filmen von Gangsterfilm-Legende Martin Scorsese („GoodFellas“, „The Wolf Of Wall Street“) kaum etwas gemeinsam haben, dürfte klar sein. Und wenn es nach dem Oscar-Preisträger geht, hat das auch einen einfachen Grund: Scorsese macht Kino, Marvel nicht.
Themenpark statt Kino
In einem Interview mit Empire (via ScreenRant) kam Scorsese auf das MCU zu sprechen – und der 76-Jährige machte keinen Hehl daraus, was er von dem Comic-Film-Universum hält. „Ich schaue [diese Filme] nicht. Ich habe es versucht, aber das ist für mich kein Kino“, so Scorsese.
„So gut sie auch gemacht sind, mit Schauspielern, die unter diesen Umständen ihr Bestes geben“, fuhr er fort, „sind sie für mich letztlich eher wie Themenparks.“ Mit dem Kino, in dem es darum geht, emotionale, psychologische Erfahrungen auf andere Personen zu übertragen, habe das aber nichts mehr zu tun.
Keine Gefühle in "Avengers 4"?
Natürlich gilt es, Scorseses Aussagen richtig einzuordnen. Dass die Filme des MCU nämlich ebenso laut wie bunt sind und die Zuschauer nicht zuletzt mit aufregenden Action-Spektakeln mitreißen wollen, steht außer Frage. Diesbezüglich ist es schon nicht falsch, von einem Themenpark oder einer Achterbahnfahrt zu sprechen. Das muss aber noch lange nicht schlecht sein.
Denn wer beispielsweise „Avengers 4: Endgame“ gesehen hat, weiß, dass ein „Themenpark-Besuch“ keineswegs emotionslos vonstattengehen muss – im Gegenteil. Das Finale der Infinity-Saga rührte unzählige Comic-Fans zu Tränen. Und das ist doch letztlich auch eine Wirkung, die das Kino und auch Scorsese begrüßen dürften.
"The Irishman": Echtes Kino?
Scorsese hat bereits demnächst die Chance, die Welt daran zu erinnern, was denn „echtes Kino“ ist – und das ironischerweise mit Hilfe von Streamingdienst Netflix. Mit „The Irishman“ erscheint dort nämlich schon bald sein neuer Film, der zumindest bislang vor allem mit Superlativen beschrieben werden kann.
Das dreieinhalbstündige Gangster-Epos ist nicht nur der bislang längste Netflix-Film überhaupt, sondern mit Produktionskosten von 159 Millionen Dollar auch der teuerste (Michael Bays kommender „6 Underground“ spielt allerdings in derselben Liga). Außerdem erwarten uns mit Robert De Niro, Joe Pesci und Al Pacino auch vor der Kamera Schauspielgrößen, wie man sie gemeinsam nur selten zu sehen bekommt.
Ob Martin Scorsese die hohen Erwartungen an seinen neuen Film aber auch erfüllen kann, erfahren wir in einigen Wochen. „The Irishman“ kommt am 14. November 2019 für kurze Zeit ins Kino und erscheint am 27. November auf Netflix.