Achtung, dieser Text enthält Spoiler zu „ES 2“!
Es liegt in der Natur der verschiedenen Medien, dass bei der Filmadaption eines Buches manche Nuancen verloren gehen, während andere dafür deutlicher werden. Ein gutes Beispiel dafür findet sich auch in „ES Kapitel 2“: Dort entschieden Regisseur Andy Muschietti, Produzentin Barbara Muschietti und Drehbuchautor Gary Dauberman nämlich, die in Stephen Kings „Es“ angedeutete homosexuelle Beziehung zwischen Eddie und Richie in den Vordergrund zu rücken.
Bei unserem Interview mit Andy und Barbara Muschietti in Hamburg sprachen wir mit den Filmemachern über die Gründe für diese Entscheidung und erfuhren dabei auch, welche Szenen aus dem Buch als Inspiration dafür dienten.
R + E = Richie + Eddie
„Ich erinnere mich noch genau, wie ich damals das Buch mit 15 gelesen habe“, erklärte Barbara Muschietti im Interview. „Und ich erinnere mich an Eddies Todesszene, bei der Richie Eddie über die Wange streichelt. Ich hatte also definitiv das Gefühl, dass da mehr zwischen den beiden ist. Für mich war das also keine Überraschung.“ Tatsächlich ist im Buch übrigens Eddie, der Richie über die Wange streichelt, doch an der grundsätzlichen Idee ändert das nichts.
Andy Muschietti führte dann die Gedanken seiner Schwester weiter: „Und außerdem sagt Eddie im Buch vor seinem Tod „ich... ich... ich...“ und dann stirbt er. Das ist ein Satz, den jeder Leser für sich selbst vervollständigen kann, aber viele haben sich wahrscheinlich gedacht, dass er „ich liebe dich“ sagt. Und auch in der Beschreibung der Kinder heißt es, dass Eddie etwas fühlt, das größer als Freundschaft ist. Es sind viele kleine, vage Details, sehr subtil, aber nicht so subtil, dass wir sie übergehen wollten.“
Richies Charakterentwicklung
Doch die Entscheidung, Richies (heimliche) Homosexualität in „ES Kapitel 2“ zu einem zentralen Thema zu machen, fiel nicht nur aufgrund der Hinweise in Kings Buch, sondern hatte auch erzählerische Gründe, wie Andy Muschietti weiter ausführte: „In diesem Fall ging es mir aber mehr darum, einen persönlichen Konflikt für Richie zu finden, eine persönliche Angst. Gar nicht unbedingt etwas aus der Buchvorlage.“
Er habe ein Ensemble von Figuren gewollt, die glaubwürdige, realistische Ängste als Erwachsene haben. Und Richie sei in „ES 2“ nun jemand, der mit seiner sexuellen Identität ringe. „Er trägt ein Trauma aus seiner Kindheit mit sich herum, wo er gedemütigt wurde, weil er einfach er selbst war“, so Muschietti. „Darum hat er ein falsches Bild von sich aufgebaut, um nicht mehr leiden zu müssen, eine Persona als Comedian, der Witze darüber macht, dass er zu Bildern von der besten Freundin seiner Freundin masturbiert.“
„ES Kapitel 2“ läuft seit dem 5. September 2019 in den deutschen Kinos.
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