+++ MEINUNG +++
Achtung: Innerhalb des Textes findet sich ein kleiner SPOILER zu „Der König der Löwen“, da ein überraschendes Disney-Easter-Egg verraten wird.
Ich habe schon an anderer Stelle erläutert, warum ich so meine Probleme mit der mega-realistischen Tierdarstellung in „Der König der Löwen“ habe. Dass Jon Favreaus Remake des Disney-Klassikers mir trotzdem leicht überdurchschnittlich gefällt, liegt nicht nur an der sensationellen Optik, sondern an zwei Figuren, die es rausreißen und dann auch die Emotionen in den Film bringen: Timon und Pumbaa.
Besonders Pumbaa ist in meinen Augen das Herzstück des Films. Da die Tiere realistisch sein sollen, wurde der mimische Ausdruck auch bei ihm stark zurückgefahren. Emotionen werden bei allen Figuren nun stärker über Körperbewegungen vermittelt, zum Beispiel über die sich reibenden Köpfe von Nala und Simba. Bei Pumbaa spielt vor allem der Gang eine Rolle. Regisseur Jon Favreau lässt das Warzenschwein tänzeln, ohne uns das massive Gewicht des Tieres zu verschweigen. So sorgen allein die Bewegungen von Pumbaa schon für Witz.
Impro statt Kopie
Einen großen Anteil hat auch Originalsprecher Seth Rogen. Vielfach wird „Der König der Löwen“ vorgeworfen, eine 1:1-Kopie des gleichnamigen Zeichentrickklassikers von 1994 zu sein. Das stimmt aber nicht und zeigt sich gerade bei Pumbaa. Rogen übernimmt größtenteils nämlich gerade nicht die Dialogzeilen seiner Figur aus dem Original, sondern wurde gemeinsam mit Timon-Sprecher Billy Eichner von Favreau ermuntert, möglichst viel zu improvisieren. Und die beiden Komiker, die auch deswegen alle ihre Szenen im Tonstudio gemeinsam aufnahmen, spielen sich grandios die Bälle zu. Und dies zahlt sich aus, denn die besten Szenen des Films bestehen aus Timon und vor allem Pumbaas Sprüchen.
Eine besonders große Änderung ist dabei ein selbstironischer Disney-Easter-Egg-Moment: Als Timon und Pumbaa die Hyänen ablenken sollen, damit Simba ungesehen zum Felsen gelangen kann, müssen sie sich als Essen anbieten. Und was passt da besser als das eigentlich von Kerzenständer Lumière in „Die Schöne und das Biest“ eingeleitete „Be Our Guest“ (alias „Sei hier Gast“)? Dieser Witz setzt nicht nur eine lange Tradition von Disney-Easter-Eggs fort, sondern ist auch zehnmal lustiger als die Szene im Original, in der Timon sich in Frauenkleider schmeißt.
Bruch mit dem Realismus
Mit diesem Moment brechen die Macher des „Der König der Löwen“-Remake auch ausnahmsweise mit ihrem Ansatz, das Tierreich möglichst realistisch und naturalistisch darzustellen. Hier wirken Timon und Pumbaa eben nicht mehr wie Vertreter ihrer Gattung, sondern bekommen die menschenähnlichen Züge, die im übrigen Film sonst weitestgehend vermieden werden. Und damit wird gerade das Warzenschwein zu einem überraschenden emotionalen Anker, der dem ganzen Geschehen das meiner Ansicht nach dringend benötigte Herz verleiht. Und das macht „Der König der Löwen“ am Ende auch jenseits der grandiosen, wegweisenden und das Kino prägenden Optik sehenswert.
„Der König der Löwen“ läuft seit dem 17. Juli 2019 im Kino.
Der König der Löwen