--- Meinung ---
Achtung: Der folgende Artikel enthält Spoiler zu „Spider-Man: Far From Home“
Klar passiert da auf den letzten Metern auch inhaltlich noch einiges: Der inzwischen getötete Bösewicht Quentin Beck alias Mysterio (Jake Gyllenhaal) tritt mit einem manipulierten Nachrichtenvideo aus dem Jenseits noch mal nach. Er stellt Peter Parker alias Spider-Man (Tom Holland) so nicht nur als Terrorist an den Pranger, sondern lüftet im selben Moment auch dessen geheime Identität...
Das ist eine Menge potenziell hochdramatischer Story-Sprengstoff für den nächsten „Spider-Man“-Blockbuster, der dann voraussichtlich 2021 in die Kinos kommen wird. Davon abgesehen könnte man denken: Auf den Rest des MCU hat das keine unmittelbaren Auswirkungen, genauso wenig wie die Cameo-Rückkehr von Oscargewinner J.K. Simmons als Zeitungschef und Spider-Man-Hasser J. Jonah Jameson, die eine schöne Sache für Fans und das nächste „Spider-Man“-Abenteuer, aber für das MCU im Großen und Ganzen ja eigentlich herzlich egal ist. Doch Pustekuchen!
Ein gigantischer Besetzungs-Coup
Für mich zählt die Besetzung von Simmons, der in derselben Rolle schon zwischen 2002 und 2007 in der ursprünglichen „Spider-Man“-Trilogie von Sam Raimi an der Seite von Tobey Maguire brillierte, zu den wichtigsten und vielsagendsten Entscheidungen, die MCU-Mastermind Kevin Feige in den vergangenen Jahren (mit) zu verantworten hatte.
Schon der Fünf-Filme-Kooperations-Deal zwischen Marvel (also Disney) und Konkurrent Sony, der es überhaupt erst möglich gemacht hat, dass Spider-Man ein Teil des MCU wird, hat gezeigt: Die Verantwortlichen sind offensichtlich bereit, unerwartete Wege zu gehen und dabei über den eigenen Schatten zu springen, wenn sie es auf einer kreativen Ebene für richtig halten. Spider-Man soll ins MCU? Na, dann sollen die Anzugträger in den Chefetagen halt einen Deal aushandeln, der genau das möglich macht. Viele Jahre lang galt das als absolut unmöglich. Aber warum den Status quo nicht einfach mal in Frage stellen?
Spider-Man: Far From HomeEinen solchen ungewöhnlichen und für unmöglich gehaltenen Deal brauchte es für die (Wieder-)Besetzung von J.K. Simmons in seiner ikonischen Rolle natürlich nicht (zumal damals wie heute Sony für die „Spider-Man“-Filme verantwortlich zeichnet). Aber dafür sind die Schatten natürlich noch ein ganzes Stück größer, über die es diesmal zu springen galt: Sich einfach mal einzugestehen, dass man doch nicht alles besser weiß und macht, sondern womöglich schon ein anderer vor einem den perfekten Einfall hatte – das ist in der Hollywood-Welt der Super-Egos nicht sonderlich üblich!
Aber mit 22. Blockbuster-Hits im Rücken fällt sowas vielleicht auch einfach irgendwann ein ganzes Stück leichter. Also in etwa so: „Scheiß drauf, Sam Raimi hatte damals einfach den perfekten Riecher für die Rolle – und warum sollen wir uns heute mit Plan B zufriedengeben, nur weil Simmons die Rolle schon in einer anderen ‚Spider-Man‘-Inkarnation verkörpert hat? Wir wollen die bestmögliche Besetzung für jede Rolle – alles andere wäre doch Käse!“
Einfach mal was anders machen
Eine Indie-Ikone wie Robert Downey Jr. als Superheld? Ein Superheld aus der nordischen Mythologie? Ein Superheld, der zaubern kann? Ein Mega-Blockbuster wie „Avengers 4“, der erst einmal über 21 Filme hinweg vorbereitet wird? Kevin Feige reißt seit mehr als einer Dekade zuverlässig ein Hollywood-Denkverbot nach dem anderen ein – und hält damit das MCU über die Jahre frisch!
Und genau das unterstreicht nun auch die Besetzung von J.K. Simmons noch einmal sehr deutlich: Kevin Feige ist mit seiner Mission, die gängigen Regeln und Erwartungen, also den Status quo des Hollywoodgeschäfts konsequent in Frage zu stellen, offensichtlich noch lange nicht am Ende. Gut so!
„Spider-Man: Far From Home“ läuft seit dem 4. Juli in den deutschen Kinos.
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