-- Meinung --
Um vorweg eines klarzustellen: Ich bin nicht der Meinung, dass jeder Film grundsätzlich an das größtmögliche Publikum gerichtet sein oder es sich zum Ziel gesetzt haben sollte, zwanghaft jeden einzelnen Kinozuschauer abzuholen. Im Gegenteil. Trotzdem glaube ich, dass manche Filme nicht unbedingt für die große Leinwand geeignet sind und ihr Publikum wohl besser über ein anderes Medium erreicht hätten. Einer von ihnen ist „Club der roten Bänder - Wie alles begann“. Im Falle des Jugendfilms, der auf einer preisgekrönten Vox-Serie basiert, hat das nicht unbedingt etwas mit der Qualität des Films zu tun, sondern vielmehr mit der Tatsache, dass man sich als Nicht-Fan im Kino fühlt, als hätte man gerade eine Episode einer TV-Serie zum Preis von sieben bis zwölf Euro angesehen.
Für begeisterte Anhänger der Serie mag das ein guter Deal sein, immerhin will man die Serienmacher, die auch für den Kinofilm verantwortlich zeichnen, ja unterstützen und ihre lobenswerte Ambition, den Fans die Möglichkeit zu geben, sich von ihren Lieblingsfiguren noch einmal im großen Stil zu verabschieden, belohnen. Für Unbeteiligte erweist sich „Club der roten Bänder - Wie alles begann“ allerdings schnell als frustrierendes Erlebnis.
Fragmente statt Figuren
Das liegt vor allem daran, dass die Protagonisten aus der Serie die Laufzeit untereinander aufteilen, statt gemeinsam ein Abenteuer zu erleben. Da es sich bei dem Film um ein Prequel handelt, kennen sich die Mitglieder des namensgebenden Clubs nämlich noch gar nicht. Das bedeutet, dass jede der sechs Hauptfiguren einen unabhängigen Erzählstrang hat, von diesen jedoch nur der um Leo (Tim Oliver Schultz) zu einem halbwegs befriedigenden Ende kommt.
Im Fall von Komapatient Hugo, dessen Schauspieler mit 18 Jahren eindeutig zu alt ist, ein Kind zu spielen, heißt das, dass er in den ersten Minuten von einem 10-Meter-Turm fällt und dann in einer Art Zwischenwelt vor dem Jenseits gefangen ist, wo er um das Schwimmbecken herumsteht. Von da aus erklärt er aus dem Off, wie schicksalshaft das Gezeigte ist, so als wüsste jeder im Publikum, wohin die Reise der Figuren geht. Aber nur weil ein Kind in irgendeinem Freibad-Limbo mir erzählt, dass alles, was ich auf der Leinwand sehe, irgendwann zur tollsten Freundschaft überhaupt führt, habe ich trotzdem noch keinen Eindruck von ebendieser, weil die meisten Charaktere im Film nicht ein einziges Mal wirklich miteinander interagieren. Der Rest der Truppe bekommt teilweise sogar noch weniger Substanzielles zu tun.
Komisch ohne Kontext
Dazu kommt, dass die Interaktionen, die im Film zwischen den Charakteren der Serie stattfinden, entweder belanglos oder sehr forciert wirken. Dass sich manche Figuren schon vor dem gemeinsamen Krankenhausaufenthalt beinahe über den Weg gelaufen sind, ist harmloser Fanservice. Wenn allerdings der erwachsene Patient Benito (Matthias Brenner), der vorher vielleicht in zwei Szenen kurz mit dem jugendlichen Leo gequatscht hat, sich plötzlich extrem in dessen Leben einmischt und ihm genaue Ratschläge erteilt als wäre er sein lebenslanger Freund oder Yoda, wirkt das im alleinigen Kontext des Films doch ausgesprochen befremdlich.
Als TV-Event, -Zweiteiler oder gekürzt als einfache Folge der Vox-Serie könnte ich mir vorstellen, dass „Club der roten Bänder - Wie alles begann“ daher um einiges besser funktioniert hätte. Flashback-Episoden, die interessante Enthüllungen über die Figuren parat haben oder einfach erklären, wie diese in einer bestimmten Situation gelandet sind, sind ja bei weitem kein neues Konzept. Damit würden sich Kinozuschauer nicht vorkommen, als hätten sie nur einen kleinen Teil einer ansonsten unvollständigen Geschichte gesehen und die Fans, die sich auskennen und das Ganze vor dem Hintergrund ihrer mehrjährigen Erfahrungen mit der Serie rezipieren können, wären ebenfalls glücklich.
Es fehlt Mut zu mehr
Ich sage nicht, dass „Club der roten Bänder“ als Kinofilm nicht funktionieren kann, sondern lediglich, dass diese exakte Geschichte, die mit Filmförderung zu einem bundesweiten Kinostart gehievt wurde, nicht wirklich für die große Leinwand geeignet ist. Wo andere Filme zu TV-Serien in wenigen Minuten zusätzlich zu den Figuren ganze Science-Fiction- oder Fantasy-Welten für ein Publikum neu erklären (z.B. Joss Whedons Meisterwerk „Serenity“) oder aus ihrem fest etablierten Rhythmus ausbrechen, ohne dabei den Geist der Vorlage zu verlieren (z.B. „South Park - Der Film“, „Star Trek - Der Film“), scheitert „Club der roten Bänder“ daran, seine eigentlich Stärke, nämlich die zentralen Charaktere hinreichend in Szene zu setzen und so auch Serienneulinge mitzureißen.
Dass der Film in erster Linie für die Fans gedreht wurde, kann ich verstehen und finde ich nicht unsympathisch. Wer einen Film auf die große Leinwand bringt, sollte aber höhere Ambitionen haben und damit rechnen, dass ebendiese Fans möglicherweise Freunde oder Familie mit in den Film nehmen, die ebenfalls eine vollständige Kinoerfahrung verdienen. Gerade wenn man den Ansatz einer Vorgeschichte wählt, bietet es sich ja an, Nicht-Kenner des Universums in ebendieses elegant einzuführen. Als jemand, der Filme und TV-Specials zu Serien wie „Futurama“, „It’s Always Sunny In Philadelphia“ und „The Office“ auf DVD besitzt, muss ich aber sagen, dass selbst diese, die von vornherein nicht darauf ausgelegt waren, sie ohne Vorwissen der Serie zu schauen, wahrscheinlich noch besser als Kinofilm funktionieren würden als „Club der roten Bänder – Wie alles begann“. Am Ende bleibt der nämlich nur ein halber Film ohne emotionale Punchline, der meiner Meinung nach zwar nicht unbedingt schlecht, aber für Nicht-Kenner der Serie leider auch nicht sehenswert ist.
„Club der roten Bänder - Wie alles begann“ läuft seit dem 14. Februar 2019 in den deutschen Kinos.