Am Wochenende vergab die Vereinigung der Drehbuchautoren ihre Preise – und zeichnete dabei keines der acht Werke aus, die bei den Oscars am kommenden Wochenende um den Goldjungen für den besten Film konkurrieren. Der Preis für das beste adaptierte Drehbuch ging vielmehr an „Can You Ever Forgive Me?“, für das beste originale Drehbuch wurde die Indie-Sensation „Eighth Grade“ gekürt, die zur Verwunderung vieler Insider (und auch des Autors dieser Zeilen) bei den Academy-Award-Nominierungen komplett übergangen wurde. Das ist noch einmal besonders, weil zum ersten Mal seit „Bowling For Columbine“ vor 16 Jahren die Autoren damit einen Film auszeichnen, der in ihrer Sparte bei den Oscars nicht einmal nominiert wurde.
Vor allem wurde mit diesen beiden Preisen aber eine historische Marke aufgestellt: Zum ersten Mal in der Geschichte der Oscars überhaupt haben all die verschiedenen Einzelsparten komplett unterschiedliche Filme gekürt, wie Variety berichtet. Warum das so bemerkenswert ist: Auch wenn die Einzelsparten bei ihren Preisen eigentlich nur die Leistungen in ihrem Feld auszeichnen sollen, konnte man in der Vergangenheit daraus ganz gut ableiten, was die einzelnen Gruppen auch bei den Oscars wählen würden.
6 Preise für 8 Filme
Doch dieses Jahr ist das überhaupt nicht möglich. Die Regisseure zeichneten so Alfonso Cuarón und damit „Roma“ aus. Für die Produzenten, die als einzige der Sparte wirklich auch den besten Film wählen, ist dies dagegen „Green Book“. Die Schauspieler gaben „Black Panther“ – wenig überraschend – den Preis für das Beste Ensemble, der gerne als Synonym für die fehlende Filmkategorie beim dortigen Preis genutzt wird. Die Cutter zeichneten derweil „Bohemian Rhapsody“ (Drama) und „The Favourite“ (Komödie) aus. Die Kameramänner kürten unterdessen „Cold War“, der bei den Oscars aber nicht in der Königskategorie „Bester Film“ im Rennen ist. Die sechs größten (und einflussreichsten) Gruppen innerhalb der Academy zeichneten also acht verschiedene Filme aus.
Noch spannender wird das Oscarrennen, weil „BlacKkKlansman“ zwar keinen der sogenannten Gildenpreise gewinnen konnte, aber als einziger Film überhaupt sowohl von den Produzenten, den Regisseuren, den Autoren und den Schauspielern nominiert wurde – also von den vier größten Gruppen. Und wer weiß, wie die Oscars vergeben werden (eine Erklärung findet sich in diesem Artikel von uns), dem dürfte klar sein: Es kann helfen, wenn man auf vielen Stimmzetteln sehr weit oben, also bei vielen unterschiedlichen Wählern auf einem hohen Platz steht (auch wenn es noch wichtiger ist, dass man zumindest eine kritische Summe an Nr.1-Platzierungen hat).
In etwas weniger als einer Woche wissen wir, wer den Oscar holen wird. Selbst bei den Oscar-Buchmachern, die man immer als sehr gutes Indiz nehmen kann, ist das Rennen übrigens so offen wie noch nie: GoldDerby listet in seiner Übersicht über verschiedene Oscar-Wettanbieter insgesamt „Roma“ mit 4/1 auf dem ersten Platz. Damit liegt der Netflix-Film aber nur knapp vor „Green Book“ (6/1) an der Spitze, aber auch „BlacKkKlansman“, „The Favourite“ (beide 7/1) und der bisher gar nicht genannte „A Star Is Born“ mit 8/1 (der womöglich viele Fans bei den Filmschaffenden aus all den „technischen“ Sparten hat) liegen nur knapp dahinter. Eher auszuschließen ist dagegen ein Sieg von „Black Panther“ (17/2), noch unwahrscheinlicher sind mittlerweile nur noch „Vice“ und „Bohemian Rhapsody“ (beide 19/2).